Das Silicon Valley reicht bis nach Lüchow

Er zählt zu den „Top-Organisationen 2025“ im sogenannten Silicon Valley Europe: Der Landkreis Lüchow-Dannenberg ist von dem gleichnamigen Netzwerk für seine herausragende Digitalisierungsstrategie ausgezeichnet worden. Die digitalen Angebote richten sich nicht nur an Privatleute, sondern auch an Unternehmen.
Die Auszeichnung ist auch ein Beleg dafür, worauf der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, anlässlich der DIHK-Position „Ländliche Räume als Möglichmacher der Transformation“ eindringlich aufmerksam machte: „Ländliche Regionen werden dramatisch unterschätzt“, so Adrian. „Abseits der Ballungszentren entsteht täglich viel mehr Wertschöpfung und Innovation als man denkt.“ Transformation gelinge nur gemeinsam, betont Adrian und fordert: „Stadt und Land müssen als Partner auf Augenhöhe betrachtet werden. Denn ländliche Räume sind keine Anhängsel urbaner Zentren, sondern eigenständige Motoren und Treiber des Wandels.“
Beispiel Lüchow: Hier treibt die Verwaltung die hausinterne Digitalisierung bewusst voran. So können Unternehmen Anträge, Genehmigungen oder Meldeverfahren online abwickeln. „Das reduziert Aufwand, spart Zeit und erhöht die Transparenz“, sagt Sabrina Donner, Leiterin der Stabsstelle für Digitalisierung. Betriebe können zum Beispiel Anträge im Bereich Bauen online stellen. Auch die Infektionsschutzbelehrung ist mittlerweile digital möglich. Für die ersten Bereiche gibt es bereits eine Online-Terminvergabe, diese soll sukzessive auch in weiteren Bereichen zur Verfügung stehen.
In unserer IHKLW-Standortumfrage im Juni 2025 hatten Unternehmen im Landkreis Lüchow-Dannenberg zuletzt „langwierige Genehmigungsverfahren und übermäßige Bürokratie“ kritisiert. Eine Beschleunigung sei zwar kaum möglich, wenn es um rechtliche Vorgaben durch Land oder Bund geht, so die Verwaltung. Aber: Wenn Workflows durch digitale Hilfsmittel wie etwa die Suchfunktion in einer Akte einfacher und damit schneller werden, können sie insgesamt die Bearbeitung von Stellungnahmen, Entscheidungen oder Freigaben beschleunigen.
Übersetzungstools, Spracheingaben, KI-basierte Protokollierung: Systeme wie diese sollen in Lüchow den Arbeitsalltag erleichtern. „Dafür haben wir gemeinsam mit einem KI-Start-up ein KI-System entwickelt, das Sitzungen aufzeichnet, ein Wortprotokoll anfertigt und die Ergebnisse zusammenfasst“, erklärt Sabrina Don­ner. „Das alles läuft auf unseren eigenen Servern.“ Es handele sich um das erste datenschutzkonforme KI-basierte Protokollierungstool überhaupt und könne nun bundesweit in Kommunen zum Einsatz kommen.
Darüber hinaus gehe in einzelnen Behörden und Ämtern ein digitaler Assistent ans Telefon. Er spricht verschiedene Sprachen, beantwortet bekannte Anfragen oder gibt sie an die zuständigen Personen weiter. „Das alles trägt dazu bei, dass Mitarbeitende für die Sachbearbeitung mehr Zeit haben“, sagt Donner. „Und damit werden auch Prozesse beschleunigt.“
Für die Weiterentwicklung seiner Digitalisierungsstrategie kooperiert der Landkreis mit Start-ups und IT-Unternehmen. Dabei würden häufig eigene Lösungen entwickelt, betont Landrätin Dagmar Schulz (parteilos): „Wir nehmen landesweit eine Vorreiterrolle ein.“ Die KI-basierte Protokollierung sei das eine Beispiel, ein weiteres der Einsatz von Virtual Reality in der Verwaltung. An einer für den Landkreis maßgeschneiderten Lösung werde derzeit gearbeitet. Auch diese gebe es bisher nicht auf dem Markt. Als Reaktion auf die IHKLW-Standort­umfrage habe der Landkreis in enger Abstimmung mit Vertreterinnen und Vertretern der lokalen Wirtschaft zudem neue Kernbereiche für die Leistungen der Wirtschaftsförderung definiert: Unternehmensservice und Key-Account-Management, Standortmarketing sowie Ansiedlungsmanagement.
Schulz hatte bereits bei Veröffentlichung der Standortumfrage von „Handlungsbedarf in den Verwaltungsrahmenbedingungen“ gesprochen und davon, die Wirtschaftsförderung neu ausrichten zu wollen. In diesem Zuge wurde die Wirtschaftsförderung an die IT-Struktur des Landkreises angebunden, um zum Beispiel das Geoinformationssystem für die Gewerbeflächenvermarktung nutzen zu können und Arbeitsabläufe papierlos zu gestalten.
Auch die Website der Wirtschaftsförderung soll im vierten Quartal nutzerfreundlicher und zeitgemäß gestaltet online gehen. „Wir arbeiten intensiv an einer engen Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsförderung und Verwaltung“, sagt Landrätin Schulz. „Insbesondere bei Projekten mit Bezug zum Baurecht, Naturschutz und Immissionsschutz. Dabei vertreten wir den Anspruch einer wirtschaftsfreundlichen Kommune.“
Tobias Siewert, Teamleiter Standort- und Politikberatung in unserer IHKLW, verfolgt den Prozess im Landkreis Lüchow-Dannenberg und hebt die Entwicklung hervor: „Eine schnelle, effiziente und leistungsfähige Verwaltung ist ein echter Standortfaktor und eine spürbare Erleichterung für die Unternehmen. Wir begrüßen das Engagements Lüchow-Dannenbergs und gratulieren der Verwaltung zu dieser Auszeichnung. Der Kreis hat hier echten Vorbildcharakter.“
Carolin George
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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