"Sprache darf keine Barriere sein!"

Komplexe technische Zusammenhänge verständlich zu erklären, ist ein Erfolgskriterium für den Verkauf von B2B-Produkten. Nur wie gelingt das in der Praxis? Marketingexpertin Dr. Levke Walten vom Mittelstand-Digital Zentrum Hannover über Schmerzpunkte auf Kundenseite und das Zusammenspiel aller Abteilungen im Unternehmen.
Frau Walten, Sie sind Expertin für Marketing & Organisationsentwicklung im Mittelstand-Digital Zentrum Hannover. Komplexe technische Zusammenhänge in eine verständliche Marketingsprache zu bringen oder im B2B Vertrieb erfolgreich zu erklären ist eine Königsdisziplin. Welche Rollen spielen Marktkenntnisse wie Herausforderungen, Gesetze, Produkte, Maschinen und Infrastruktur bei der Vermarktung von technischen Produkten?
Das sind sehr wichtige Punkte. Auf Grundlage dieser Themen können Firmen entscheiden, wie sie eine erfolgreiche Marketingstrategie aufsetzen können – um am Ende gezielt das eigene Produkt zu platzieren. Also: Nur wer die Herausforderungen seiner Kundschaft kennt und sich ihrer sehr bewusst ist, kann das Produkt gezielt vermarkten. Und nur die Unternehmen, die die Schmerzpunkte bei ihren Kunden kennen, können mit genau den richtigen Produktlösungen punkten. Daher ist es ratsam, die Kunden in die Produktentwicklung miteinzubeziehen.
Nicht weniger relevant sind selbstverständlich die geltenden Gesetze. In der Vermarktung ist es wichtig, dass keine Versprechungen gemacht werden, die nicht umgesetzt werden können, weil sie gegen geltendes Recht sind. Es geht also darum, sich immer auf dem Laufenden zu halten, was Neuerungen auf der regulatorischen Seite angeht. Dies wirkt sich auch positiv auf das Vertrauen meiner Kundschaft mir gegenüber aus.

Und wie sehen Sie die Bedeutung von Produkten, Maschinen und Infrastruktur?
Natürlich ist es unerlässlich, das eigene Produkt zu kennen, um das Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten zu können.
Was die Maschinen und Infrastruktur angeht: Auch hier muss man immer auf dem neuesten Stand sein und fortwährend überprüfen, womit die Menschen arbeiten. Kenne ich die vorhandene Ausrüstung oder die Infrastruktur, auf die meine Kundschaft angewiesen ist, kann ich aufzeigen, wie meine Produkte nahtlos in bestehende Systeme integriert werden können oder welche Vorteile sie gegenüber veralteten Maschinen bieten.
Wie steht es um eine explizite Ansprache der Buyer-Persona in der korrekten (Fach-)Sprache?
Die Buyer-Persona ist eine bestimmte Form der Zielgruppenanalyse. Hierbei erstellt das Unternehmen ein fiktives Kundenprofil, das neben den klassischen Merkmalen der Zielgruppe auch Bedürfnisse und Herausforderungen der Kundschaft festhält. Da es sich um eine fiktive Person handelt, die einen typischen Kunden repräsentiert, dürfen diese auch eingängige Namen, wie etwa Manfred Maschine oder Volker Vertrieb, tragen. So weiß im Team gleich jeder, von welcher Persona gerade gesprochen wird und was für ein Mensch sich dahinter verbirgt. Wichtig bei der Erstellung einer Persona ist auch, zu klären, wo die Persona unterwegs ist, um sich Wissen anzueignen, und welche Informationen sie benötigen, um Kontakt zum Unternehmen aufzunehmen. So wissen die Unternehmen, welche Kanäle sie mit welchen Informationen bespielen müssen, um die Persona zu erreichen.
Für die Ansprache der einzelnen Personas ist auch entscheidend, wie technisch meine Sprache sein kann. Letztendlich darf Sprache keine Barriere sein, sondern soll verbindend sein. Zu hinterfragen ist dabei, ob die Personas sich durch die Ansprache abgeholt fühlen oder ob das Unternehmen niedrigschwelliger formulieren muss. Um die richtige Sprache zu identifizieren, können beispielsweise Interviews mit echten Menschen durchgeführt werden, die später durch meine Persona repräsentiert werden.
Was muss bei der Kommunikation mit der Persona noch beachtet werden?
Der Mehrwert und die Vorteile meiner Produkte kann sich von Persona zu Persona unterscheiden. Das kann zum Beispiel an unterschiedlichen Funktionsweisen eines Produkts liegen, die für die jeweilige Persona relevant sind. Das ist bei der Kommunikation zu berücksichtigen.
Unabhängig wie komplex die Kommunikation ist, sollte auf jeden Fall klar und präzise formuliert werden, das gilt für alle Kanäle und Formate. Darüber hinaus muss ich auch beachten, welche Kanäle ich bespiele: Im Social-Media-Bereich muss beispielsweise zusätzlich zwischen den Kanälen unterschieden werden. Facebook und Instagram werden von den meisten Nutzenden eher nach Feierabend genutzt. LinkedIn und Xing sind hingegen klassische Unternehmensnetzwerke, in denen Fachwissen ausgetauscht wird.
Der Vorteil der Social-Media-Kanäle ist: Wer postet, bekommt gleich direktes Feedback durch Likes oder Kommentare. Fragen und Ansprachen am Ende des Postings können die Interaktion verstärken. Durch direktes Feedback kann ich sofort Anpassungen vornehmen und die Ansprache meiner Personas stetig verbessern.

Wie baut man Markenrelevanz in den richtigen (Fach-)Medien auf?
Dazu muss man wissen, welche Fachmedien von meiner Zielgruppe beziehungsweise von meinen Personas konsumiert werden. Relevanz gepaart mit Fachwissen: Diese Textmischung hat große Chancen, veröffentlicht zu werden. Zudem können Firmen eigene Medien aufsetzen, das können Leitfäden, Fallstudien oder etwa Best-Practice-Beispiele sein. Diese können dann wiederum über Blogs, Newsletter, Podcast oder Social Media verbreitet werden. Martin Scheele
Netzwerk Marketing und Vertrieb: Technische Vermarktung
Die erfolgreiche Vermarktung von technischen Produkten steht im Mittelpunkt bei Veranstaltungen des Netzwerks Marketing und Vertrieb am 23. August in Wolfsburg, am 9. Oktober in Lüneburg und am 10. Oktober in Celle. Dr. Levke Walten vom Mittelstand-Digital Zentrum Hannover gibt jeweils Tipps für die  Schnittstelle zwischen Technik und Vermarktung, zur Customer Journey und der Entwicklung einer Buyer-Persona. Im Anschluss kann die Mobile Fabrik des Mittelstand-Digital Zentrums besichtigt werden und es bleibt Zeit zum Austausch und zum Netzwerken. Die Teilnahme ist kostenfrei, Anmeldungen unter www.ihklw.de/TechnischeVermarktung_praesenz.