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Leidenschaft für Film und Begegnung
Das Scala Programmkino bietet seit einem Vierteljahrhundert Filmkunst und Kultur abseits des Mainstreams.
Es ist schon einige Wochen her, dass Desirée Nosbusch in Lüneburg zu Gast war, um im Scala Programmkino ihr Regiedebüt „Poison“ vorzustellen. Ein äußerst emotionaler Film, und die beiden Inhaber David Sprinz und Kevin Beck erinnern sich noch gut an den anschließenden Austausch der Schauspielerin mit ihrem Publikum. Auch an die Tränen, die geflossen sind. „Das sind Momente, in denen wir erleben, dass wir nicht bloß ein Kino sind, sondern dass wir einen Ort für Begegnungen schaffen“, sagt David Sprinz. Seit 2020 leitet der 46-Jährige zusammen mit Kevin Beck die Geschicke des regelmäßig mit Kinoprogrammpreisen ausgezeichneten Filmtheaters, das in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag feiern kann.
Die Inhaber David Sprinz (l.) und Kevin Beck führen ein Kino, das mehr ist als ein Ort für Filme.
Dass es diesen besonderen Ort in der Lüneburger Altstadt überhaupt gibt, ist zunächst den Gründerinnen Ulla Brennecke, Elke Rickert und Ruth Rogée zu verdanken, die der Mission folgten, mehr europäische Arthouse-Filme in die vier unterschiedlich großen Säle zu bringen. Keine klassischen Hollywood-Blockbuster also, sondern unabhängige Produktionen und „kleinere Filmperlen“, wie David Sprinz sie nennt. „Es war von Anfang an der Anspruch, nicht nur die Kinolandschaft zu bereichern, sondern auch, sich inhaltlich von dem Multiplex-Kino abzugrenzen, das damals parallel in Lüneburg eröffnet wurde.“
Tatsächlich ist Sprinz dem Scala seit Anbeginn verbunden. Zunächst sei es seine Aufgabe gewesen, Programme und Website zu gestalten. Doch nach und nach hätte das Betreiberinnen-Trio die Kinoleidenschaft in ihm geweckt und ihn immer mehr eingebunden. Kevin Beck hatte seinerseits schon am Einlass und an der Kasse gearbeitet, bevor er 2011 seine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann im Unternehmen begann. „Danach bin ich ins Tagesgeschäft eingestiegen, und als man mich fragte, ob ich mir vorstellen könne, gemeinsam mit David irgendwann zu übernehmen, habe ich gern zugestimmt“, sagt der 34-Jährige. Ein Generationswechsel, den die Gäste kaum wahrgenommen haben werden, zumal die potenziellen Nachfolger schon deutlich früher an der Umsetzung neuer Ideen wie der Einführung der erfolgreichen „Sneak-Previews“ beteiligt waren. „Das war unser Versuch, jüngere Leute zu gewinnen, denn die Hauptzielgruppe eines Programmkinos ist klassischerweise weiblich und jenseits der 50“, sagt David Sprinz.
Im Gespräch mit den beiden Kinobetreibern wird schnell deutlich, wie sehr ihnen das gemeinsame Projekt am Herzen liegt. Dabei war der offizielle Start kein einfacher, fiel er doch mit dem Beginn der Corona-Krise zusammen. Eine Weile habe es nach Aufhebung aller Auflagen schon gedauert, bis Normalität eingekehrt sei. Doch entmutigen lassen habe man sich nie. Übrigens auch nicht von der Tatsache, dass „Netflixen“ sich längst zu einem anerkannten Hobby entwickelt hat. „Bei den bekannten Streamingdiensten hat man eine unendliche Auswahl, deshalb braucht man viel länger, um sich gemeinsam für einen Film zu entscheiden. Wir bieten ein relativ überschaubares und vor allem vorgefiltertes Programm an, bei dem sich die Besucher und Besucherinnen auf die Qualität verlassen können.“
Gleichzeitig ist es dem Duo sehr wichtig, immer auch technisch auf dem neuesten Stand zu sein. So wird die geplante umfangreiche Sanierung der Lüftungsanlage voraussichtlich einer größeren Jubiläumsfeier vorgezogen werden. „Es ist wichtig, auf der Höhe der Zeit zu sein, was Komfort angeht“, sagt Kevin Beck, der kurz andeutet, wie aufwendig das Einwerben von Fördermitteln in der Kinobranche ist. „Es geht aber eben nicht nur um einen bequemen Sitz, sondern immer auch um die Ansprache der Menschen.“ Und so sei man glücklich über das engagierte Team, das Spätfilmvorstellungen ebenso enthusiastisch begleitet wie regelmäßige Events: Übertragungen von Oper oder Ballett, „KaffeeKino für Seniorinnen und Senioren“ – betreut übrigens von Mitgründerin Ruth Rogée – oder auch „Stricken im Kino“. „,Eventisierung‘ ist ein Stichwort, das auch unsere Branche umtreibt“, sagt David Sprinz. Events, die natürlich über Social Media beworben werden. „Die Zeiten, in denen man draußen einfach ein Plakat aufgehängt oder in der Zeitung inseriert hat, sind lange vorbei.“
An anderer Stelle ist ein wenig Nostalgie mehr als erwünscht: Lieblingskino vieler Lüneburger ist der Saal 4 mit seiner Renaissance-Decke – denkmalgeschützt wie weite Teile des historischen Patrizierhauses. „Vor dem zweiten Weltkrieg befand sich hier das Gewerkschaftshaus, danach zog ein Einsaalkino ein“, sagt der 46-Jährige, dem die Architektur auch aus „kindlicher Kinosicht“ noch bekannt vorkommt. „Ich glaube, in Kino 1 habe ich damals Gremlins gesehen.“ Während er das sagt, hört man im Hintergrund eine Schulklasse im Foyer. Die beiden Scala-Inhaber freuen sich, wenn junge Menschen ans Kino herangeführt werden. Und wenn sie doch lieber in ein Multiplex gehen? „Hauptsache Kino“, sagt Kevin Beck, der positiv in die Zukunft dieses Mediums blickt. „Kino hat schon den diversesten Veränderungen getrotzt. Es ist wichtig, sich im Gespräch zu halten.“
Und so arbeitet man im Team bereits am Programm für die nächste Wintersaison, dies tatsächlich immer noch im Austausch mit Gründerin Elke Rickert. „Wir selbst können nichts dafür, dass ein Film gut ist, sondern haben ihn lediglich ausgewählt“, sagt David Sprinz. „Aber wenn man nach der Vorstellung an der Kasse steht, und die Gäste bedanken sich für ein besonderes Erlebnis, dann ist das einfach ein tolles Gefühl.“
Alexandra Maschewski
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