Bürokratie abbauen, Innovation ermöglichen

Patrick Pietruck, Geschäftsführer der Online-Marketingagentur webnetz aus Lüneburg und Mitglied der IHKLW-Vollversammlung, wurde jetzt in den Mittelstandsbeirat des Bundeswirtschaftsministeriums berufen. Im Interview erklärt er, welche Entlastungen für Unternehmen er dringend sieht – und warum er sich für moderne, praxisnahe Rahmenbedingungen einsetzt.
Herr Pietruck, Sie vertreten künftig im Mittelstandsbeirat des Bundeswirtschaftsministeriums die Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen auf Bundesebene. Welche Themen möchten Sie als Erstes auf die Agenda setzen – und welche Erfahrungen aus Ihrem eigenen Unternehmeralltag bringen Sie dabei ganz konkret ein?
Patrick Pietruck: Für mich hat die spürbare Entlastung von Bürokratie oberste Priorität. In unserem Unternehmensalltag zeigt sich jeden Tag, wie sehr Dokumentationspflichten und komplexe Vorgaben Zeit binden, die wir eigentlich für Innovation und Wachstum benötigen. Gerade in einer Digitalagentur mit über 200 Mitarbeitenden fällt das besonders ins Gewicht. Ein weiteres Thema, das ich sehr früh einbringen möchte, betrifft den Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Wir setzen KI bereits in vielen Bereichen ein und sehen enormes Potenzial. Gleichzeitig brauchen Bürgerinnen und Bürger klare Regeln und Transparenz. Entscheidend ist jedoch, dass die Regulierung verantwortungsvoll gestaltet wird und Unternehmen nicht ausbremst. Deutschland darf hier nicht in eine Haltung geraten, die technische Entwicklungen verhindert, sondern muss Rahmenbedingungen schaffen, die verantwortungsvolle Innovation ermöglichen. Aus meiner eigenen unternehmerischen Erfahrung weiß ich, wie wichtig verlässliche, verständliche und gleichzeitig flexible Regeln sind. Der Mittelstand ist bereit, sich weiterzuentwickeln, braucht dafür aber ein Umfeld, das Fortschritt nicht behindert.
Viele Prozesse könnten deutlich schneller sein, wenn Behörden und rechtliche Rahmenbedingungen moderner wären.
Der Mittelstand steht vielerorts unter Druck: Bürokratie, Fachkräftemangel, Digitalisierung. Wo spüren Sie diese Herausforderungen in Ihrem eigenen Unternehmen am stärksten – und welche politischen Impulse wären aus Ihrer Sicht am dringendsten notwendig?
Pietruck: Die größte Herausforderung ist für uns der Fachkräftemangel in Kombination mit Anforderungen, die wirtschaftliche Abläufe unnötig verlangsamen. Viele Prozesse könnten deutlich schneller sein, wenn Behörden und rechtliche Rahmenbedingungen moderner wären. Gerade in der digitalen Wirtschaft zählt Geschwindigkeit, doch wir verlieren im Alltag viel Zeit durch analoge Verfahren oder komplizierte Vorgaben. Zugleich zeigt sich immer wieder, wie sehr eine zeitgemäße Verwaltung fehlen kann. Ein einfaches Beispiel ist die Unternehmensgründung. Es sollte heute selbstverständlich sein, ein Unternehmen vollständig digital zu gründen, ohne Papierunterlagen, ohne Präsenztermine, ohne lange Wartezeiten. Andere Länder machen vor, wie das funktioniert. Ich halte es deshalb für entscheidend, dass politische Entscheidungen stärker an den realen Abläufen in Unternehmen ausgerichtet werden. Es braucht Verfahren, die einfach und digital funktionieren, damit wirtschaftliche Prozesse nicht ausgebremst werden und Unternehmen die notwendige Flexibilität behalten.
Ich wünsche mir, dass Unternehmertum in Deutschland wieder mehr Rückenwind erhält.
Sie engagieren sich seit Jahren dafür, wirtschaftliche Praxis und politische Entscheidungsprozesse näher zusammenzubringen – unter anderem als Mitglied der Vollversammlung unserer IHK Lüneburg-Wolfsburg und als Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT). Was motiviert Sie persönlich zu diesem Einsatz?
Pietruck: Mich motiviert der Wunsch, unternehmerische Erfahrung stärker in die politische Arbeit einzubringen. Viele Entscheidungen entstehen auf einer Ebene, die wenig Bezug zum Alltag in Betrieben hat. In Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern merke ich immer wieder, wie groß die Lücke zwischen Theorie und Praxis geworden ist. Diese Lücke möchte ich schließen. Mein eigener Weg vom kleinen Start-up bis zur heutigen Größe unseres Unternehmens hat mich geprägt. Ich habe erlebt, wie sehr gute Rahmenbedingungen Wachstum fördern und wie stark ungeeignete Vorgaben bremsen können. Deshalb sehe ich es als persönlichen Auftrag, mich an den Stellen einzubringen, an denen politische Weichen gestellt werden. Ich wünsche mir, dass Unternehmertum in Deutschland wieder mehr Rückenwind erhält und junge Menschen ermutigt werden, eigene Ideen umzusetzen. Dafür setze ich mich ein, sowohl regional als auch auf Bundesebene.
Interview: Sandra Bengsch
Bürokratieabbau: Melden Sie Beispiele beim IHKLW-Bürokratie-Buzzer!
Meldepflichten, Formulare, Anträge: Die Bürokratielast für Unternehmen wiegt schwer. Unsere IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) setzt sich für vereinfachte Verfahren ein – und sucht nach praktischen Beispielen. Um Bürokratiehemmnisse gezielt an die Politik zu adressieren, hat unsere IHKLW den Bürokratie-Buzzer entwickelt: Betroffene Betriebe können uns ihre bürokratischen Belastungen schildern – und erhalten bei Bedarf individuelle Beratung. Denkbare Themenfelder sind Bürokratiehemmnisse in den Bereichen Melde- und Berichtspflichten, Genehmigungsverfahren und Digitalisierung.
Unsere IHKLW nutzt die eingehenden Fallbeispiele im Bereich der Interessenvertretung für Gespräche mit Politik und Verwaltung. Außerdem bringen wir diese über Stellungnahmen in Gesetzgebungsverfahren ein. Darüber hinaus beraten wir Mitgliedsunternehmen und vermitteln nützliche Kontakte.