Selbstständig aus Überzeugung

Wenn man Karsten Jenkel danach fragt, was für ihn das Schönste an seinem Beruf ist, dann muss er nicht lange überlegen. „Das Lachen der Kinder, die zum ersten Mal den neuen Spielplatz betreten dürfen, den mein Team gebaut hat“, sagt der 67-Jährige. Obwohl mittlerweile im Renteneintrittsalter, hat er seinen „Spielplatzservice Nord“ erst vor fünf Jahren gegründet – als Tochterunternehmen seines eigentlichen Betriebes „Garten- und Landschaftsbau Jenkel“, der in diesem Herbst den 25. Geburtstag feiern kann.
Die Geschichte des Unternehmens aus Brackede beginnt eigentlich schon ein paar Jahre früher, und Karsten Jenkel muss ein bisschen ausholen, um zu erklären, wie er zu dem Gartenbau-Experten wurde, der er heute ist. Geboren in Lüneburg, zog er mit seinen Eltern als Kleinkind in den Bleckeder Ortsteil. „Meine Eltern betrieben aktive Landwirtschaft, ganz klassisch Ackerbau und Viehzucht“, sagt der gelernte Landwirt, der sich später zum staatlich geprüften Kaufmann ausbilden ließ. 1986 habe man „die Tür zugemacht“, zu groß sei der Umbruch im landwirtschaftlichen Sektor damals gewesen. Er selbst habe danach im Kasseler Raum als Betriebsschlosser gearbeitet und später, zurück in der niedersächsischen Heimat, im Hausbau als Geschäftsleiter gearbeitet. „Bei den Neubauten durfte ich nebenbei auch den Garten mit anlegen. Dadurch wuchs mein Interesse für diesen Bereich, und ich gründete 2000 mein eigenes GaLaBau-Unternehmen.“
Wie er sich die nötige Qualifikation aneignete? Mit großer Selbstverständlichkeit antwortet Karsten Jenkel: „Ich habe am laufenden Band Lehrgänge und Seminare besucht.“ Zunächst sei das die Weiterbildung zum zertifizierten Baumprüfer gewesen, was ihm zahlreiche Baumpflege-Aufträge im öffentlichen Raum eingebracht habe. Tausende Gehölze habe er zu Hochzeiten übers Jahr betreut. „Das Wissen, das man über Bodenkunde haben muss, habe ich aus der Landwirtschaft mitgebracht.“ Als die Konkurrenz in der Baumpflege zu groß wurde, hatte er längst eine weitere Sparte für sich entdeckt und eine Zusatzausbildung zum zertifizierten Spielplatzprüfer gemacht. Die klassische Gestaltung von Privatgärten habe noch bis in die Corona-Zeit recht gut funktioniert, heute mache sie jedoch weniger als fünf Prozent vom Gesamtumsatz aus.
Wie seine Vita erkennen lässt, war der 67-Jährige schon immer sehr flexibel. „Man muss mit der Zeit gehen und schauen, wo sich Geld verdienen lässt“, sagt der Unternehmer. Und so liegt sein Hauptaugenmerk heute eben auf der Gestaltung von Spielplätzen. Doch so groß seine Freude daran auch sein mag – es ist die Bürokratie, die ihn mitunter an dem zweifeln lässt, was er und sein vierköpfiges Team zu leisten vermögen. „Ich habe einen Mitarbeiter, der sich ausschließlich um bürokratische Angelegenheiten kümmert. Das schluckt viel Zeit und Geld.“ Und obwohl seit einer ganzen Weile auch sein ältester Sohn – ausgebildeter Landschaftsgärtner – mit ihm Betrieb ist, weiß Karsten Jenkel nicht, ob dieser seine Nachfolge antreten wird. „Dafür müsste die neue Regierung den Bürokratieabbau weiter vorantreiben.“
Die Regelung der Nachfolge sei das eine, der Fachkräftemangel das andere Problem. Man ahnt ein gewisses Maß an Frustration, wenn Karsten Jenkel von der mangelnden Qualifikation potenzieller BewerberInnen spricht. Oder von der fehlenden Bereitschaft erzählt, sich auch einmal jenseits typischer Arbeitszeiten für den Arbeitgeber zu engagieren. Die Zeiten, in denen man bei Sommerwetter schon bei Sonnenaufgang losgefahren sei oder am späten Abend mitunter eben auch ein wenig länger gearbeitet habe, seien lange vorbei. Mittlerweile stehe die 4-Tage-Woche höher im Kurs.
Er selbst, ganz alte Schule, ist um 6 Uhr immer noch der Erste und gegen 20 Uhr der Letzte im Büro. Dieses ist Teil des landwirtschaftlichen Anwesens, das seine Familie bewohnt, und zu dem auch ein eigenes Hofcafé gehörte, bis dieses mit Beginn der Pandemie aufgegeben wurde. „Mein privater Garten hat rund 1200 Quadratmeter“, sagt Karsten Jenkel und erzählt, wie sehr er es genieße, dort mit verschiedenen Pflanzenarten, aber auch mit Farben zu experimentieren. Besonders angetan habe es ihm seine Wildblumenwiese. „Dort habe ich mehrjährige Blumen ausgesät, die über das Jahr fünf bis sechs verschiedene Blühphasen durchleben.“ Während er sich an der Optik erfreue, platzierten befreundete Imker gern ihre Bienenvölker auf seinem Grundstück.
Unterwegs ist Karsten Jenkel noch immer viel, um neue Spielplätze anzulegen. Zwischen Flensburg und Hildesheim, zwischen Ostfriesland und Rostock, oder wie er pragmatisch präzisiert: „Wir arbeiten im kompletten 19er- und 2er- sowie im oberen 3er-Gebiet.“ Die Spielgeräte, die dabei zum Einsatz kommen, bezieht sein Unternehmen vor allem aus Dänemark, Lettland und Polen. Schon früh habe er dabei auf Geräte aus recyceltem Kunststoff gesetzt. Aber weil Vielfalt gefragt sei, gehörten eben auch Holz und Metall zum Angebot. Auch hier reagiert der Unternehmer auf die Wünsche der KundInnen. Danach gefragt, ob er den Weg, den er gegangen ist, noch einmal wählen würde, antwortet er mit tiefer Überzeugung: „Ich bin einfach kein Arbeitnehmer.“ Sein gesamtes Arbeitsleben lang sei er selbstständig gewesen. „Ich will meine eigenen Entscheidungen treffen.“ Dazu gehört auch die, noch ein paar weitere Jahre an der Spitze des vor einem Vierteljahrhundert gegründeten Betriebs zu stehen. Karsten Jenkel freut sich, dass die Eröffnung des nächsten Spielplatzes – dieses Mal in Lüneburg – nicht lange auf sich warten lässt. Alexandra Maschewski