Tipps für rechtssichere Arbeitszeugnisse

Die Frage, welcher Wert Arbeitszeugnissen noch zukommt, taucht in Personalabteilungen immer wieder auf. Fakt ist: Um nichts wird so viel gestritten, als um die Formulierungen in den Arbeitszeugnissen. Doch immer seltener lesen Recruiter*innen die blumigen Ausführungen. Ein Interview über Sinn und Unsinn von Arbeitszeugnissen mit Anne Rypalla und Renate Peters vom Arbeitgeberverband Lüneburg Nordostniedersachsen.
Anne Rypalla
Rechtsanwältin Anne Rypalla weiß, dass es im Rechtsstreit um Arbeitszeugnisse oft um Formulierungen und Bewertungen geht. © AV Lüneburg-Nordostniedersachsen
Frau Rypalla, zu Ihnen als Juristin kommen die Unternehmen in der Regel, wenn es Streit um das Arbeitszeugnis gibt. Worum geht es dabei meistens?
Anne Rypalla: In der Regel geht es um die Formulierungen und Bewertungen im Arbeitszeugnis. Welche Aufgaben hat der Mitarbeiter erfüllt und wie ist die Schlussformulierung verfasst.
Frau Peters, wie viel Mühe machen sich die Personalverantwortliche mit den Arbeitszeugnissen?
Renate Peters: Naja, sie machen sich schon die Mühe, weil sie es müssen. Die Frage ist, wem nützen diese Zeugnisse wirklich? Aus der Praxis weiß ich, dass die Personalverantwortlichen inzwischen einen ganz anderen Blick auf die Arbeitszeugnisse haben, als früher. Das liegt natürlich auch daran, dass nicht wenige Zeugnisse vor den Arbeitsgerichten erstritten werden. Wenn man das weiß, liest man die Zeugnisse auch ganz anders – auch die guten. Denn man kann sich gar nicht sicher sein: Hat der oder die Mitarbeiter*in tatsächlich stets zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet oder wollte das Unternehmen einfach nur einen Schlussstrich unter das Arbeitsverhältnis oder gar den Rechtsstreit ziehen und hat deshalb dieser Formulierung zugestimmt.
Frau Rypalla, muss das Zeugnis nicht der Wahrheit entsprechen?
Rypalla: Grundsätzlich ja. Hier gilt das Gebot der Zeugniswahrheit. Aber es gibt Spielräume: Zeugnisse sollen nach den Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts wohlwollend formuliert werden. Sie dürfen im Zeugnis nicht lügen, allerdings auch das berufliche Fortkommen von Mitarbeitenden nicht behindern. Das Zeugnis soll dem beruflichen Fortkommen dienen.
Was passiert, wenn das Zeugnis zu gut gemeint war? Kann der neue Arbeitgeber sich beim alten beschweren oder gar Schadensersatz fordern?
Rypalla: Grundsätzlich kann sich ein Schadensersatzanspruch des neuen Arbeitgebenden gegen den alten ergeben. Die Voraussetzungen sind hier allerdings sehr hoch. In der Praxis kommen diese Fälle eigentlich nicht vor.
Renate Peters
Renate Peters ist Geschäftsführerin Öffentlichkeitsarbeit beim Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachsen. © AV Lüneburg-Nordostniedersachsen
Frau Peters, wenn die Arbeitszeugnisse eigentlich nicht mehr das Gewicht im Bewerbungsprozess haben aber dennoch rechtssicher formuliert werden sollten, was empfehlen Sie den Personalern?
Peters: Das ist genau der springende Punkt: Einerseits sollten die Arbeitszeugnisse rechtssicher sein, andererseits sollten sie nicht mehr Zeit in Anspruch nehmen als unbedingt nötig. Helfen können hier sogenannte Zeugnisgeneratoren, wie es sie vielfach auf dem Markt gibt. Für unsere Mitglieder bieten wir so einen Zeugnisgenerator kostenfrei an. Ich nutze diesen selbst sehr gerne. In der Regel kann man in wenigen Minuten ein rechtssicheres Arbeitszeugnis erstellen.
Frau Rypalla, hat jeder Beschäftigte Anspruch darauf, ein Zeugnis zu erhalten?
Rypalla: Hier müssen wir unterscheiden. Geht es um ein Zwischenzeugnis, um ein Ausbildungszeugnis oder um ein Zeugnis zum Ende der Beschäftigung? Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nur in bestimmten Fällen. Zum Beispiel, wenn sich die Aufgaben entscheidend verändern oder der Vorgesetzte wechselt. Nicht jedoch einfach so, weil man sich mit dem Zwischenzeugnis woanders bewerben möchte. Auszubildende haben jedoch grundsätzlich einen Anspruch darauf, ein Zeugnis zum Abschluss ihrer Ausbildung zu erhalten. Beschäftigte haben am Ende ihrer Beschäftigung einen Rechtsanspruch auf ein Arbeitszeugnis. Sie müssen dies vom Arbeitgebenden aber aktiv einfordern. Hier haben die Mitarbeitenden also eine Holschuld.
Frau Peters, gibt es in den Zeugnissen diese sagenumwobenen Codes, die den Personalern mehr verraten?
Peters: Es gibt einige Formulierungen, die bei erfahrenen Recruiter*innen zumindest Fragen aufwerfen. Wenn da zum Beispiel steht: „Wir lernten Frau XY als kompetente Mitarbeiterin kennen“ klingt das erstmal nicht negativ. Gemessen an den Schulnoten wäre diese Arbeitsbefähigung jedoch eine 5. Bei einer 1 würde das dann so klingen: „Frau XY ist eine äußerst versierte Mitarbeiterin. Sie verfügt über umfassende Fachkenntnisse, die sie stets sicher, zuverlässig und äußerst gewinnbringend in der betrieblichen Praxis einsetzte.“
Frau Rypalla, was raten Sie den Arbeitgebenden, um möglichst wenig Streit mit den Arbeitszeugnissen zu haben?
Rypalla: Wir empfehlen, sich in bestimmten Fällen auch den juristischen Rat unseres Verbandes einzuholen. Wir prüfen, ob die Arbeitszeugnisse rechtssicher sind oder ob sie gegebenenfalls Stoff für eine gerichtliche Auseinandersetzung bieten werden. Und darüber hinaus empfehlen wir die Benutzung unseres Zeugnisgenerators. Für die allermeisten Standardfälle ist dieses Werkzeug ideal geeignet. red