Wolfsburgs City erfindet sich neu

"Wir sind auf dem Weg zum Durchbruch. Und dieser Weg ist der richtige.“ Das sagt Michael Ernst über das, was zurzeit in Wolfsburg passiert. Nach Leerstand und Stillstand ist jetzt so viel Bewegung in der Innenstadt wie seit Jahren nicht. Die Porschestraße inklusive Nordkopf wird in einigen Jahren fast nicht wiederzuerkennen sein: Vier große Neubauvorhaben erfinden die Fußgängerzone neu.
Michael Ernst ist im Hauptberuf Centermanager der Designer Outlets Wolfsburg. Im Ehrenamt ist er der Vorsitzende des Handelsbeirats Wolfsburg, zählt zum geschäftsführenden Vorstand des Vereins City Marketing und Tourismus (CMT) Wolfsburg e.V., ist Aufsichtsratsmitglied der Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG) und Mitglied unserer IHKLW-Vollversammlung.
„Die Händlerschaft hat stark zu kämpfen“, sagt Ernst in seiner Funktion als Vertreter der Geschäftsleute. „Das gilt nicht nur für Wolfsburg.“ Der Leerstand in der Fußgängerzone sei seit der Pandemie zwar stark gestiegen. Ernst aber betont: „Vielfach handelt es sich um keinen echten Leerstand, sondern um Leerstand, der geschaffen werden musste, um neuen Entwicklungen Platz zu machen.“
Die anstehenden Neubauprojekte wertet Michael Ernst als „einen Rieseninvest in die Stadt“. Ein ganzes Gebiet entwickle sich neu, das führe zu positiver Stimmung in der Händlerschaft. Neue Spielgelegenheiten in der Porschestraße, ein Basketballplatz am Nordkopf, grüne Inseln mit neuen Sitzgelegenheiten, moderne unauffällige Mülltonnen, Freiluftkonzerte, der „Rudelstore“ für Start-ups, frische Gastronomiekonzepte wie etwa die „Stadtvinothek“: „All dies macht die Porschestraße lebenswerter und lädt zum Verweilen ein“, sagt Michael Ernst. „Es passiert wirklich sehr viel. Der hohe Invest zeigt, dass die Unternehmen an Wolfsburg und an die Porschestraße glauben. Das gibt der Händlerschaft Mut.“
Die vier großen Neubauprojekte nennen sich „Lupus“, „BRAWO Arkaden“, „BRAWO City“ und „Medical Office“. Alle siedeln sich im Bereich Porschestraße und Nordkopf an, geben der Fußgängerzone ein neues Gesicht.
Gemeinsam setzen die Stadt Wolfsburg und der Investor OCI, Mutterkonzern der Designer Outlets, einen architektonisch sehr markanten Neubau am Nordkopf um: Unter dem Projekttitel „Lupus“ ist zwischen Jobcenter und Markthalle ein zweiteiliges, in sich gedrehtes Gebäude mit elf Geschossen für Handel, Gastronomie und Büros geplant. Ziel ist laut Stadtverwaltung, durch die besondere Architektur und die Lage die Bahnhofspassage enger mit der Porschestraße zu verknüpfen und die Identität der Innenstadt aufzuwerten. Die Vermarktung der Flächen steht im Oktober auf der Tagesordnung im Rat der Stadt.
Mit zwei großen Neubauprojekten treibt die Volksbank BRAWO die Neubelebung von Wolfsburgs City voran, und zwar im wörtlichen Sinne. Für den ersten Bauabschnitt der „BRAWO Arkaden“ begann im Juli der Abriss von Bestandsbauten auf mittlerer Höhe der Porschestraße, die Fertigstellung ist für das erste Quartal 2028 geplant. Dort entstehen 82 Wohnungen und rund 4.500 Quadratmeter Einzelhandelsflächen. Die Planungen für den zweiten Bauabschnitt laufen parallel. Insgesamt sollen rund 25.000 Quadratmeter für Einzelhandel und Gastronomie, Büros, Gesundheitsthemen sowie Wohnungen entstehen.
Am Nordkopf plant die Volksbank zusätzlich die „BRAWO City“, auch hier soll ein Mix aus Büros, Wohnungen und Handel einziehen. Über den städtebaulichen Vertrag entscheidet der Rat der Stadt ebenfalls in seiner Oktobersitzung. Als Zwischennutzung gibt es dort Feste und Festivals, aktuell laufen die Planungen für das erste Halbjahr 2026.
„Wir schaffen in der Innenstadt nicht nur dringend benötigten Wohn- und Arbeitsraum, sondern auch neue Orte für Begegnung und Austausch“, sagt BRAWO-Direktionsleiterin Claudia Kayser. „Unser Ziel ist es, das Stadtbild positiv zu prägen und Wolfsburg noch lebenswerter zu machen.“
Zwar leide die Wolfsburger Wirtschaft unter der Strukturkrise in der Automobilbranche, so Kayser. Die Volksbank sei jedoch zuversichtlich, dass Volkswagen gestärkt daraus hervorgehe. Wünschenswert sei zudem, dass Politik und Verwaltung die Ansiedlung weiterer Wirtschaftszweige forcieren. „Dafür bietet die Stadt schon jetzt gute Voraussetzungen wie eine ausgebaute Infrastruktur und freie Ressourcen.“
Die Stadt selbst hat mit Fördermitteln von Bund und Land auch die Poststraße neugestaltet und für die Jahre 2025 und 2026 ein Sonderbudget aufgelegt. Gemeinsam mit Volkswagen entwickelt das Rathaus außerdem das Standortkonzept Wolfsburg 2035+. Oberbürgermeister Dennis Weilmann: „Ein überzeugendes Konzept für eine nachhaltige Weiterentwicklung ist essenziell, um Investoren zu begeistern. Wie die aktuellen Baumaßnahmen zeigen, ist uns dies in der Vergangenheit erfolgreich gelungen.“ Er sei „sehr froh, dass wir nicht alleine vor dieser großen Aufgabe stehen, die übrigens so gut wie alle Städte in Deutschland zu stemmen haben“.
Eine lebendige, attraktive Innenstadt stehe nicht nur für Lebensqualität, sondern sei ein Standortfaktor im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte, so Weilmann. „Wenn wir wollen, dass mehr Menschen mehr Zeit in der Innenstadt verbringen, brauchen wir ein lebendiges, attraktives, grünes und alle Generationen ansprechendes Zentrum. Daran orientieren sich all unsere Bemühungen.“ Insgesamt stünde Wolfsburg tatsächlich gut da: So belege die Stadt im aktuellen Prognos Zukunftsatlas Rang sechs von 400 Kreisen und kreisfreien Städten. Weilmann: „Die Ergebnisse bestätigen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Stadt.“
Bereits im Bau ist am Nordkopf ein weiterer Komplex: Die Vespermann-Gruppe investiert dort rund 25 Millionen Euro in das „Medical Office“. Hauptmieter wird die Krankenkasse Audi BKK, einziehen werden außerdem Arztpraxen, das städtische Gesundheitsamt sowie eine Bäckerei und ein Restaurant. Bezugsfertig soll der Neubau im Frühjahr nächsten Jahres sein.
„Der Standort entwickelt sich weiter“, sagt Unternehmer Harald Vespermann, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH (WMG). „Es gibt unheimlich viel Bewegung. Das ist gut, damit diese Stadt interessant bleibt.“ Vespermann, seit mehr als 50 Jahren Unternehmer in Wolfsburg, weiß: „Wolfsburg hat sich immer wieder selbst erholt. Nach anfänglicher Unruhe rund um Volkswagen kehrt jetzt wieder Ruhe ein. Es geht wieder nach oben.“
Diesem Trend schließt sich auch die NEULAND Wohnungsgesellschaft mbH an. „Die Richtung ist klar: Wir wollen die Stadt Wolfsburg nachhaltig stärken und zukunftssicher machen“, sagt Geschäftsführerin Irina Franz, die auch Mitglied unserer IHKLW-Vollversammlung ist. Die GmbH zieht nicht nur mit ihrem Kundencenter in die Porschestraße. In der Innenstadt engagiert sich NEULAND vor allem im Quartier „Höfe“: Mit einem Pilotprojekt an der Schillerstraße saniert die Wohnungsgesellschaft ein denkmal­ge­schütztes Gebäudeensemble aus den 1940er-Jahren. Weitere Sanierungen sind am Mühlengraben geplant. Und das ist nur ein Ausschnitt: Insgesamt plant die NEULAND rund 514 Millionen Euro für Modernisierungen und Neubauten in den nächsten zehn Jahren. „Wir denken ganze Quartiere“, sagt Irina Franz. Und macht den Wandel in Wolfsburg damit noch deutlicher.
Carolin George
IHKLW begrüßt Aufbruch in der City

Unsere IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) sieht die aktuellen Entwicklungen in Wolfsburgs Innenstadt als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Denn der Standortumfrage 2025 gaben die Unternehmen der Stadt mit der Note 3,1 eine deutlich schlechtere Bewertung als 2020 (2,5) – unter anderem wegen hoher Kosten und sinkender Attraktivität der Innenstadt. „Dass jetzt kräftig investiert wird, ist ein positives Signal für Handel, Gastronomie und die gesamte Stadtgesellschaft“, sagt Michael Wilkens, stellvertretender IHKLW-Hauptgeschäftsführer und Leiter der Wolfsburger IHKLW-Geschäftsstelle. „Wolfsburg braucht multifunktionale Orte der Begegnung – und genau dahin steuern die aktuellen Projekte.“ Im Positionspapier „Zentren stärken“ (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 425 KB) schlägt unsere IHKLW außerdem flexible Nutzungskonzepte als stärkende Maßnahmen vor und fordert weniger Bürokratie bei Genehmigungen.
Handelskongress in Braunschweig

Am 5. November, 11 bis 16 Uhr, lädt der 2. Niedersächsische Kongress „Handel.Zentren.Zukunft“ ins FUNKE-Medienhaus in Braunschweig ein. Erwartet werden Vertreter*innen aus Politik, Handel und Stadtmarketing, um über die Zukunft der Innenstädte zu diskutieren. Im Mittelpunkt stehen Strategien für vitale Zentren, die Vorstellung der neuen Zentrenstudie Niedersachsen sowie Best Practices aus Hanau und Uelzen. Zudem werden die Gewinnerprojekte des Wettbewerbs „Gemeinsam aktiv – Handeln vor Ort“ ausgezeichnet. Neben Vorträgen, Impulsen und einer Podiumsdiskussion bietet der Kongress viel Gelegenheit zum Austausch – beim Imbiss, Mittagessen und abschließendem Networking. Die Teilnahme ist kostenfrei, die Plätze sind begrenzt. Um Anmeldung wird bis zum 27. Oktober gebeten.
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