Immer wieder neu denken

Eigentlich hatte sie nie wieder nähen wollen. Ganz bewusst hatte sich Iris Mesenbrink nach ihrer Ausbildung zur Damenschneiderin für ein Studium der Wirtschaftswissenschaften entschieden und danach in der Personalentwicklung gearbeitet. Dass die 54-Jährige vor Kurzem 20 Jahre „Pantolinos“ feiern konnte – den Geburtstag der eigenen Manufaktur, die für genähte Krabbel- und Hausschuhe aus nachhaltigem Leder steht – sieht sie als Fügung.
„Mein ehemaliger Arbeitgeber ist schuld daran, dass ich mich nach der Geburt meines ersten Sohnes selbstständig gemacht habe“, sagt die Unternehmerin aus Buchholz/Aller. In Teilzeit habe sie in ihren alten Beruf zurückkehren wollen, sei jedoch auf Ablehnung gestoßen. „Wieder an der Nähmaschine bin ich gelandet, weil ich ein Paar Lederschühchen ,nachbauen‘ wollte, die wir geschenkt bekommen hatten.“ Als dann die Nachfrage nach diesen Modellen im Freundes- und Bekanntenkreis stieg, habe sie kurzentschlossen ihr eigenes Gewerbe angemeldet, um Arbeit und Familie vereinbaren zu können.
Wie viele andere Gründer*innen, kann Iris Mesenbrink Anekdoten vom Beginn ihres Geschäfts erzählen. Wie sie Flyer bei Kinderärzten auslegte. Wie sie die genähten Schuhe auf Märkten verkaufte. Und wie sie den Namen „Pantolinos“ in Großbuchstaben auf eine gelbe Pappe malte – die Geburt ihres alten Logos. Die Zeiten, in denen im eigenen Wohnzimmer produziert und aus dem Hausflur heraus verkauft wurde, sind jedoch lange vorbei. Heute gehören fast 50 Mitarbeitende zum Unternehmen, welches so treue Stammkund*innen hat, dass die liebevoll designten Lederschuhe mittlerweile schon für die zweite Generation ausgesucht werden. Maßgeblich beeinflusst wurde das Wachstum der Manufaktur durch den Großauftrag eines bekannten Einzelhändlers. „Dank entsprechender Beratung durch die IHK hatte ich mir schon früh die eigene Website pantolinos.de aufgebaut, über die ein Großkunde aufmerksam wurde. Für diesen produzieren wir seitdem eine Handelsmarke.“ Der Startschuss für den Ausbau der Produktion und die Weiterentwicklung des Sortiments – und für Iris Mesenbrink zugleich eine Chance, ihre unternehmerischen Ideale zu leben: „Bei jeder Neueinstellung war mir klar, dass familienfreundliche Arbeitsbedingungen im Vordergrund stehen.“ Sich selbst treu geblieben ist die Unternehmerin auch in dem Anspruch, so ökologisch wie möglich zu produzieren: Seit Anbeginn bezieht sie das Leder von einem Familienbetrieb im Allgäu. „Pantolinos war einer der ersten Betriebe bundesweit, der IVN-naturlederzertifiziert wurde“, sagt die 54-Jährige. Seit fast 15 Jahren geht sie „durch die Garage“ zur Arbeit: In einem Anbau befinden sich ihr Büro, die „Individualproduktion“ sowie ein kleiner Laden für den Direktverkauf. 
Großserienproduktion und Lager sind mittlerweile in einer Halle auf der anderen Seite der Autobahnabfahrt Schwarmstedt zu Hause. Die Gründung der Marke „Dogolino – Hundeliebe aus Leder“ ist ebenso der Versuch, sich breiter aufzustellen, wie die Übernahme des Deutschlandvertriebs des Bequemschuh-Anbieters Martin Natur aus Spanien, der das gleiche atmungsaktive Leder verwendet wie „Pantolinos“. „Ich bemühe mich, immer weiterzudenken“, sagt Iris Mesenbrink.
Unter pantolinos.com baut ihr älterer Sohn gerade einen zweiten Webshop auf, über den ausschließlich Biokreis-Schuhe aus zertifiziertem Rindsleder verkauft werden sollen. Einen der allerersten „Pantolinos“-Entwürfe, die dieser selbst schon als Kleinkind trug, hat seine Mutter zum 20. Firmenjubiläum wieder aufleben lassen. „Vorne rot, hinten dunkelblau und mit einer gelben Applikation in Diamantform.“ Iris Mesenbrink kann sich noch bestens daran erinnern, wie sie dieses Design einst selbst in ihrem Wohnzimmer genäht hat. Alexandra Maschewski