LNG geht auch bio

Eine Biogasanlage in Darchau produziert Bio-LNG aus Gülle und Mist. Daraus wird Kraftstoff für den Schwerlastverkehr.
Das Molekül ist zwar das gleiche – aber die Herstellung völlig unterschiedlich. Während seit Dezember Flüssigerdgas (LNG) am neuen Terminal in Wilhelmshaven anlandet, das zum großen Teil per Fracking in den USA gefördert wurde, entsteht im nordöstlichen Zipfel Niedersachsens LNG aus Reststoffen der Landwirtschaft: Eine einstige Biogasanlage produziert in Darchau, Landkreis Lüneburg, LNG als Ersatz für fossile Kraftstoffe für den Schwerlastverkehr. Und zwar bio.
„Wir produzieren LNG aus fortschrittlichen Rohstoffen“, sagt Maximilian Ruhe, Geschäftsführer der Ruhe Biogas Service GmbH mit Sitz im niedersächsischen Lüsche nahe Vechta. Die Anlage in Darchau ist die erste ihrer Art, weitere sollen in diesem und im nächsten Jahr folgen.
Ruhe-Maximilian-Biogas
© Philipp Schulze / phs-foto.de
Und so funktioniert es: Das aus Gülle und Mist produzierte Biogas wird gereinigt, anschließend werden Methan und Kohlenstoffdioxid (CO2) getrennt. Das entstehende Methan ist Erdgas gleichzusetzen. Gekühlt auf etwa -15 Grad Celsius ist die Dichte um das 600-fache höher, das Bio-LNG kann also problemlos transportiert und gelagert werden, zum Beispiel in einem Lkw-Tank.
Rund 120 Tonnen Gülle und Mist verwandelt die Anlage in etwa 2,5 Tonnen Bio-LNG – und zwar täglich. Das entspricht nach Angaben von Maximilian Ruhe etwa 3.500 Litern Diesel. Denn der Brennwert von LNG liegt etwa 1,4-mal höher als beim Diesel. Um LNG tanken zu können, muss ein neuer LNG-Lkw angeschafft oder ein herkömmlicher Diesel-Lkw umgerüstet und mit einem speziell isolierten Tank ausgestattet werden. Auf dem Markt sind außerdem bereits Diesel-Hybrid-Fahrzeuge, die beide Kraftstoffe kombinieren.
Auch preislich will Ruhe Biogas Service sein Bio-LNG zur attraktiven Alternative gegenüber dem fossilen Kraftstoff machen. „Insbesondere kraftstoffintensiven Branchen können wir Planungssicherheit geben, weil unser Preis unabhängig vom Erdgas sein kann“, erklärt Wirtschaftsingenieur Maximilian Ruhe. „Wir können einen Fixpreis anbieten, der auf die Nut-zungsdauer eines Lkw ausgelegt ist. Das macht unseren Kraftstoff für Logistikunternehmen neben dem Beitrag zum Klimaschutz und Nachhaltigkeit interessant. Es ist auch ein Äquivalentpreis zum Dieselpreis denkbar.“
Guelle-Bio-LNG
© Philipp Schulze / phs-foto.de
Gut für Klima, Nachhaltigkeit und Energieunabhängigkeit ist das Bio-LNG nicht nur, weil es keinen fossilen Brennstoff aus endlichen Quellen im Ausland darstellt. Auch das entstehende CO2 soll zukünftig genutzt werden: Verflüssigt kann es zum Beispiel als Kühlmittel zum Einsatz kommen, in der Produktion von Feuerlöschmitteln oder für die Herstellung von Kohlensäure. Darchau hat sich das Familienunternehmen als Standort für seine Modellanlage ausgesucht, weil der landwirtschaftliche Betrieb dort ohnehin schon eine Biogasanlage betreibt und 1.600 Rinder hält, die Gülle als Sub­strat für die Biogasanlage liefern. Von der Elbe aus soll sich die Technologie in ganz Deutschland und die Nachbarländer ausbreiten. Ruhe Biogas hat Standardmodule für marktgängige Biogasanlagen entwickelt, denn mit Ablauf der Förderungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz kann die Erweiterung einer Biogas- in eine Bio-LNG-Anlage für viele Landwirte ein interessantes Geschäftsmodell sein.
Das in Darchau produzierte Bio-LNG geht an das Osnabrücker Familienunternehmen Q1 Energie AG, das es unter anderem an seiner Tankstelle in Hannover-Lehrte vertreibt. Überschüsse will Ruhe Biogas für eigene Fahrzeuge des landwirtschaftlichen Betriebs verwenden.
Carolin George
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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