17.12.2019

Rückvermeisterung im Handwerk – Auswirkungen auf IHK-Betriebe

Mit der Novelle der Handwerksordnung (HwO) im Jahr 2004 wurden zahlreiche Berufe „meisterfrei“. Sie konnten als sogenannte zulassungsfreie Handwerke ohne meisterliche Qualifikation ‎selbstständig ausgeübt werden.
Nunmehr sieht die Bundesregierung Anlass, einige dieser Berufe wieder der Meisterpflicht zu unterwerfen (siehe Aufzählungen). Das entsprechende Gesetz soll Anfang 2020 in Kraft treten.‎
Folgende Berufe sollen ab 2020 wieder meisterpflichtig werden:
  1. Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
  2. Drechsler und Holzspielzeugmacher
  3. Betonstein- und Terrazzohersteller
  4. Böttcher
  5. Estrichleger
  6. Glasveredler
  7. Behälter- und Apparatebauer
  8. Schilder- und Lichtreklamehersteller
  9. Parkettleger
  10. Orgel- und Harmoniumbauer
  11. Rollladen- und Sonnenschutztechniker
  12. Raumausstatter‎
Welche IHK-Betriebe sind betroffen?
Von dieser Gesetzesänderung sind nicht nur Unternehmen betroffen, die schon bisher der Handwerkskammer angehört haben, es können auch Betriebe betroffen sein, die bislang ausschließlich IHK-zugehörig sind. Es handelt es sich dabei vor allem um die Betriebe, die bislang eine der oben aufgeführten Tätigkeiten neben ihrer Handels- oder Dienstleistungstätigkeit in untergeordneter Weise in ihrem IHK-Betrieb ausführen. Wer also z. B. einen Fliesenhandel betreibt und Fliesenverlegung und –arbeiten anbietet, war bisher in vielen Fällen nicht bei der Handwerkskammer im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke eingetragen, wenn der Handel die umsatzstärkere Tätigkeit darstellte. Gleiches gilt z. B. auch für Werbeagenturen, die Werbeschilder als Lichtreklame selbst herstellen.
Bestandsschutz, aber…
Der für die „Rückvermeisterung“ vorgelegte Gesetzentwurf sieht für diese Unternehmen vor, dass sie auch weiterhin ihre handwerklichen Tätigkeiten im Nebenbetrieb ausüben können und dürfen.
Allerdings müssen sie innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Antrag auf Eintragung in die Handwerksrolle stellen. Hiervon ausgenommen sind Unternehmen, bei denen die handwerkliche Tätigkeit im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs ausgeübt wird. Ihre IHK berät Sie gerne hierzu.
Was ist ein unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb?
Voraussetzung für einen solchen Nebenbetrieb ist das Bestehen eines Hauptbetriebs, bei dem der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt. Haupt- und Nebenbetrieb müssen fachlich, organisatorisch und wirtschaftlich verbunden sein. Handwerkliche Nebenbetriebe müssen grundsätzlich in der Handwerksrolle eingetragen werden.
Dies gilt nicht, wenn die Tätigkeit im Nebenbetrieb lediglich in unerheblichem Umfang ausgeübt wird. Die Tätigkeit darf dabei die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges während eines Jahres nicht überschreiten (ca. 1664 Stunden/Jahr). Diese Grenze gilt auch für Ein-Personen-Betriebe.
Betroffene Unternehmen müssen für die Eintragung in die Handwerksrolle lediglich nachweisen, dass sie bereits vor In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt haben, nicht aber, dass eine meisterliche Qualifikation vorliegt. Es gibt hier also Bestandsschutz für die bestehenden Unternehmen: sie sollen keine zusätzlichen Anforderungen erfüllen müssen außer der Eintragung in die Handwerksrolle. Der Nachweis kann z. B. durch die Gewerbeanmeldung oder durch entsprechende Rechnungen erfolgen.
Allerdings ist damit zukünftig eine (zusätzliche) Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer mit einer grundsätzlichen Beitragszahlungspflicht verbunden sowie eine Gebührenzahlung für die Eintragung.
Beitragsregelung für IHK- und HwK-zugehörige Betriebe (Mischbetriebe)
Eine Beitragspflicht bei der IHK besteht für gemischt-gewerbliche Unternehmen erst, wenn der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und der Umsatz ‎des nichthandwerklichen/nichthandwerksähnlichen Betriebsteils über 130.000 € ‎im Jahr beträgt.
Achtung: Ende des Bestandsschutzes
Ändert sich später die personelle Zusammensetzung der Unternehmensleitung, muss innerhalb von sechs Monaten die notwendige handwerkliche Qualifikation, also grundsätzlich das Vorhandensein eines Meisters, nachgewiesen werden und ein entsprechender Eintrag in die Handwerksrolle erfolgen.
Was ist zu tun?
IHK-Unternehmen, die ihren Umsatzschwerpunkt im Handel oder in der Erbringung von Dienstleistungen haben und daneben handwerkliche Leistungen aus den oben genannten Berufen erbringen, die in einem wirtschaftlich-technischen Zusammenhang zur nichthandwerklichen Tätigkeit stehen, sollten ihre IHK kontaktieren und das weitere Vorgehen besprechen. Natürlich stehen auch die Handwerkskammern für Auskünfte zur Verfügung.

Autorin: Annette Karstedt-Meierrieks, Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.