20.03.2023

Beschäftigung von Schwerbehinderten

In diesem Merkblatt finden Sie Informationen zu Ausgleichsabgaben, Sonderurlaub, besonderem Kündigungsschutz und weiteren Themen.

1. Wer wird besonders geschützt?

Durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) vom 23.12.2016 werden das Recht der Teilhabe, die Eingliederungshilfen, das Recht der Leistungserbringer und der Begriff der Behinderung neu gestaltet. Damit verbunden sind auch umfassende Änderungen zur Stärkung der Schwerbehindertenvertretung und des Kündigungsschutzes von schwerbehinderten Arbeitnehmern . Die Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger, die Beschleunigung von Entscheidungen im Bereich der Rehabilitation und damit verbunden eine neue Genehmigungsfiktion wird ebenfalls neu geregelt. Die umfassenden Änderungen treten zeitlich gestaffelt in einem Zeitraum vom 30.12.2016 bis 1.1.2023 in Kraft. 
Schwerbehinderte Menschen und sogenannte Gleichgestellte genießen im Arbeitsrecht einen besonderen Schutz. Schwerbehindert sind Personen, die wenigstens einen Grad der Behinderung von 50 Prozent haben. Die Feststellung der Schwerbehinderung erfolgt durch die Versorgungsämter; diese sind auch für die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises zuständig. Die Feststellung der Behinderung durch die Versorgungsämter ist wichtig, weil der Behinderte seine Behinderteneigenschaft nachweisen muss und diesen Nachweis in der Regel nur durch den Feststellungsbescheid oder den Schwerbehindertenausweis führen kann. Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 Prozent und weniger als 50 Prozent können auf ihren Antrag von der Agentur für Arbeit Schwerbehinderten gleichgestellt werden. Voraussetzung für eine solche Gleichstellung ist, dass der Betreffende infolge der Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten kann. Die Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Agentur für Arbeit. Gleichgestellte werden, abgesehen vom Zusatzurlaub, arbeitsrechtlich wie Schwerbehinderte behandelt. Behinderte Jugendliche und junge Erwachsene sind während der Zeit einer Berufsausbildung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 Prozent beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt wird, kraft Gesetzes Schwerbehinderten gleichgestellt. Der Nachweis wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit erbracht. Zwar sind auf diese Personen die besonderen Schutzregelungen für Schwerbehinderte nicht anzuwenden, der Arbeitgeber kann aber auch für diesen Personenkreis Leistungen erhalten.

2. Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe

Jeder private und öffentliche Arbeitgeber mit mindestens 20 regelmäßigen Arbeitsplätzen ist verpflichtet, mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten zu besetzen (§ 154 Abs.1 Satz 1 SGB IX). Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen (§ 154 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Mehrere Betriebe desselben Arbeitgebers im Inland gelten hierbei als Einheit. Ausbildungsplätze zählen nicht als Arbeitsplätze mit. Bei der Berechnung der Arbeitsplätze nicht zu berücksichtigen sind Personen, deren Arbeits-, Dienst-, oder sonstiges  Beschäftigungsverhältnis wegen Wehr- oder Zivildienst, Elternzeit, unbezahlten Urlaubs, wegen Bezuges einer Rente auf Zeit oder bei Altersteilzeit in der Freistellungsphase ruht, solange für sie eine Vertretung eingestellt ist. Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich weniger als 40 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich je Monat haben einen schwerbehinderten, Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 60 Arbeitsplätzen jahresdurchschnittlich je Monat zwei schwerbehinderte Menden zu beschäftigen. Die Pflichtquote gilt auch, wenn aufgrund der betrieblichen Struktur Schwerbehinderte gar nicht beschäftigt werden können. Für Schwerbehinderte, die in der Ausbildung sind, werden zwei, nach Entscheidung der Agentur für Arbeit bis zu drei Pflichtplätze angerechnet.
Für jeden nicht besetzten Pflichtarbeitsplatz muss der Arbeitgeber monatlich eine Ausgleichsabgabe von 125 bis 320 Euro zahlen (§ 160 Abs. 2 SGB IX). Die Höhe der jeweiligen Ausgleichsabgabe wird berechnet anhand der jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote Schwerbehinderter:
Beschäftigungsquote von 3 Prozent bis < Pflichtsatz von 5 Prozent 
125 EURO
Beschäftigungsquote von 2 Prozent bis unter 3 Prozent
220 EURO
Beschäftigungsquote von weniger als 2 Prozent
320 EURO
Für Arbeitgeber, die im Jahresmittel weniger als 40 zu berücksichtigende Beschäftigte haben, beträgt die Ausgleichsabgabe abweichend hiervon 125 Euro, sofern sie jahresdurchschnittlich weniger als einen Schwerbehinderten beschäftigen, für Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 60 zu berücksichtigenden Beschäftigten und einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als zwei Schwerbehinderten 125 Euro und bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem Schwerbehinderten 220 Euro.
Der Arbeitgeber hat die zu entrichtende Ausgleichsabgabe selbst zu errechnen und einmal jährlich, spätestens bis zum 31. März des Folgejahres, an das für seinen Sitz zuständige Integrationsamt abzuführen. Ebenfalls bis zum 31. März des Folgejahres hat der Arbeitgeber der für seinen Sitz zuständigen Agentur für Arbeit die Zahl der im Vorjahr vorhandenen Arbeitsplätze sowie die Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten anzuzeigen. 

3. Darf ich nach einer Schwerbehinderung fragen?

Der Frage nach einer Behinderung und der Schwerbehinderteneigenschaft sind enge Grenzen gezogen. 
Im Bewerbungsverfahren 
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) steht dem Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren grundsätzlich kein Fragerecht bezüglich einer Behinderung bzw. Schwerbehinderung zu (BAG, Urteil vom 18.09.2014 – 8 AZR 759/13, allerdings ohne inhaltliche Begründung). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch, darf der Arbeitnehmer die Frage wahrheitswidrig beantworten, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
Etwas anderes soll gelten, wenn das Fehlen der Behinderung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Tätigkeit ist. Gefragt werden darf dann nach dieser spezifischen Behinderung, nicht aber nach der Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (§ 152 SGB IX). Macht die Behinderung die vertragsgemäße Arbeitsleistung dauerhaft unmöglich, soll ihr Nichtvorliegen nämlich eine „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ im Sinne des § 8 I AGG darstellen, so dass die Frage gerechtfertigt ist. Soweit die Behinderung dagegen auf die Erbringung der in Aussicht genommenen Beschäftigung keinen Einfluss hat, hat der Arbeitgeber kein anerkennenswertes Informationsinteresse. 
Teilweise wird allerdings – auch von der Rechtsprechung – die Auffassung vertreten, dass im Bewerbungsverfahren generell kein Fragerecht des Arbeitgebers bezüglich einer Behinderung bzw. Schwerbehinderung besteht. 
Im bestehenden Arbeitsverhältnis 
Das Bundesarbeitsgericht hält die Frage nach der Schwerbehinderung, nach einer Gleichstellung oder nach einem diesbezüglich gestellten Antrag  im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Ablauf von sechs Monaten für zulässig (auch zur Vorbereitung beabsichtigter Kündigungen). Ob im Hinblick auf die erforderliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Falle einer beabsichtigten Kündigung die Frage nach der Schwerbehinderung bereits vor Ablauf von sechs Monaten zulässig ist, ist umstritten. Insoweit muss die Entwicklung der Rechtsprechung abgewartet werden. Wenn der Arbeitnehmer auf die ihm rechtmäßig gestellte Frage nach seiner Schwerbehinderung sodann falsch antwortet, ist es ihm anschließend verwehrt, sich auf deine Schwerbehinderteneigenschaft zu berufen. 
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt über die Schwerbehinderung hinaus vor der Diskriminierung wegen jeder Behinderung. Daher ist es in der Regel ratsam, nicht nach einer Behinderung zu fragen. Der Arbeitgeber sollte allenfalls arbeitsplatzbezogene Fragen stellen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Tätigkeit stehen. 
Beispiel für eine mögliche Frage:
“Haben Sie eine Behinderung, die es Ihnen unmöglich machen wird, die erwarteten Aufgaben zu erfüllen?”

4. Was muss der Arbeitgeber bei Beschäftigung eines  Schwerbehinderten beachten?

Im Rahmen der betrieblichen und wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betrieb so einzurichten, dass eine möglichst große Zahl Schwerbehinderter beschäftigt werden kann. Daraus können auch Ansprüche der Arbeitnehmer erwachsen. So ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Arbeitsplatz mit den erforderlichen technischen Hilfsmitteln auszustatten; das Integrationsamt kann hierzu Geldleistungen gewähren.
Nähere Informationen hierzu erhalten Sie beim Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg unter www.kvjs.de  - Schwerbehinderung - Angebot für Arbeitgeber - Finanzielle Hilfen.
Die Agenturen für Arbeit beraten über Fördermöglichkeiten. Ferner hat der Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit der Schwerbehindertenvertretung die Schwerbehinderten in den Betrieb zu integrieren. Dabei kann der Integrationsfachdienst wertvolle Unterstützung leisten. Näheres finden Sie im letzten Drittel des Merkblattes unter der Überschrift „Integrationsfachdienst - Fachberatung nach Maß“.

5. Hat ein Schwerbehinderter Anspruch auf zusätzlichen Urlaub?

Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub. Dies gilt nicht für gleichgestellte behinderte Menschen. Der Anspruch auf Zusatzurlaub beträgt fünf Tage im Urlaubsjahr. Sofern die regelmäßige Arbeitszeit weniger oder mehr als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche beträgt, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Sofern die Schwerbehinderteneigenschaft erst im Laufe eines Kalenderjahres festgestellt wird oder entfällt, hat der schwerbehinderte Mensch für jeden vollen Monat der im Beschäftigungsverhältnis vorliegenden Schwerbehinderteneigenschaft einen Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubes, wobei Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden sind. Abrundungen finden nicht statt. Da der Sinn und Zweck des Zusatzurlaubes darin besteht, schwerbehinderten Menschen eine längere Zeit zu gewähren, um sich von der Arbeit zu erholen, ist nicht nur der gesetzliche Mindesturlaub um fünf Arbeitstage aufzustocken, sondern der Urlaub, den der schwerbehinderte Beschäftigte ohne seine Behinderung aufgrund tariflicher, betrieblicher oder sonstiger Urlaubsregelungen beanspruchen könnte. Unberührt bleiben auch tarifliche oder betriebliche Urlaubsregelungen für Schwerbehinderte, die einen längeren als den gesetzlich vorgeschriebenen Zusatzurlaub vorsehen. 
Ein kurzes Beispiel zur Erläuterung:
Herr Müller hat einen Grad der Behinderung von 50 Prozent. Dies wurde am 14. Juni 2011 festgestellt. Damit stehen ihm für 2011 6/12 von fünf Zusatztagen zur Verfügung (= 2,5 Tage, für den Zeitraum von Juli bis Dezember). Dieser Wert ist auf drei Tage aufzurunden.
Wenn einem teilzeitbeschäftigten Schwerbehinderten im Urlaubsjahr der Grundurlaub nur zu einem Anteil zusteht, ist auch der Zusatzurlaub nur anteilig zu gewähren. 

6. Welche zusätzlichen Voraussetzungen für die Kündigung eines Schwerbehinderten gibt es?

Schwerbehinderte Menschen und diesen gleichgestellte behinderte Menschen genießen einen besonderen Kündigungsschutz, der neben die allgemeinen Kündigungsschutzregeln tritt.  Der Arbeitgeber muss sowohl den Betriebsrat (soweit vorhanden), das Integrationsamt, als auch die Schwerbehindertenvertretung (soweit vorhanden) in den Entscheidungsprozess einbeziehen, wenn er das Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer wirksam beenden will. 
Sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung darf erst dann ausgesprochen werden, wenn das Integrationsamt dieser zuvor zugestimmt hat. Anderenfalls ist die Kündigung unwirksam (§ 168 SGB IX). Das  Zustimmungserfordernis seitens des Integrationsamtes besteht allerdings nicht in den ersten sechs Monaten des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber muss die Zustimmung bei dem für den Sitz des Betriebes zuständigen Integrationsamt schriftlich beantragen. Der Antrag ist ausführlich und unter Darlegung der Kündigungsgründe und Beweismittel zu begründen. Das Integrationsamt holt vor seiner Entscheidung eine Stellungnahme des Betriebs- oder Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung ein und hört den schwerbehinderten Menschen an (§ 170 Abs. 2 SGB IX). Das Integrationsamt soll seine Entscheidung dann innerhalb eines Monats ab Antragseingang treffen (§ 171 Abs. 1 SGB IX). Wenn das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung erteilt hat, kann der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung erklären (§ 171 Abs. 3 SGB IX). Bei einer ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber zudem eine Kündigungsfrist von mindestens vier Wochen einhalten. Das Integrationsamt muss in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinwirken (§ 170 Abs. 3 SGB IX).
Im Fall einer außerordentlichen Kündigung ist diese Entscheidungsfrist des Integrationsamtes kürzer und beträgt lediglich zwei Wochen (§ 174 Abs. 3 SGB IX). Die Zustimmung muss in einem Fall der außerordentlichen Kündigung innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des Kündigungsgrundes vom Arbeitgeber beantragt werden (§ 174 Abs. 2 SGB IX). Sofern das Integrationsamt innerhalb von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrages an keine Entscheidung trifft, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 174 Abs. 3 SGB IX). Dabei soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Entgegen der normalerweise bei außerordentlichen Kündigungen geltenden zwingenden Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann die Kündigung auch nach Ablauf dieser Frist erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt wird. Die vierwöchige Mindestkündigungsfrist gilt im Falle einer außerordentlichen Kündigung nicht. 
Der Sonderkündigungsschutz beziehungsweise das Zustimmungserfordernis besteht nicht, wenn:
  • das Versorgungsamt mangels der erforderlichen Mitwirkung des behinderten Mitarbeiters keine Feststellung treffen kann oder
  • die Schwerbehinderteneigenschaft zum Zeitpunkt der Kündigung nicht nachgewiesen ist. (Der Nachweis ist indes immer erbracht, wenn die Schwerbehinderung offenkundig ist oder ein Feststellungsbescheid nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorliegt.)
Zudem ist – soweit vorhanden – die Schwerbehindertenvertretung im Falle der beabsichtigten Kündigung zwingend zu beteiligen. Danach hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und diese vor einer Entscheidung, insbesondere vor einer Kündigung, anzuhören (§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX). Dabei muss die Schwerbehindertenvertretung Gelegenheit haben, Stellung zu nehmen. Der Arbeitgeber hat die Stellungnahme entgegenzunehmen und diese ernsthaft zu prüfen. Das Ergebnis seiner Prüfung hat der Arbeitgeber der Schwerbehindertenvertretung unverzüglich mitzuteilen (§ 178 Abs. 2 1. Hs. 2 SGB IX). 
Wichtig!
Das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung besteht – anders als das Zustimmungserfordernis 
durch das Integrationsamt – bereits ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses. 
Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist unwirksam.  Davon unabhängig begeht der Arbeitgeber durch das Unterlassen der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung eine Ordnungswidrigkeit. 
Die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung muss bereits vor der  endgültigen Entscheidung erfolgen. Ob dies vor oder nach der Beteiligung des Integrationsamts sein muss, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Gesetz. Zum Teil wird insoweit vertreten, dass die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bereits vor dem Antrag auf Zustimmung des Integrationsamtes abgeschlossen sein muss. Es wird aber auch die Auffassung vertreten, dass die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung spätestens mit der Antragstellung oder auch erst nach Durchführung des Zustimmungsverfahrens erfolgen kann. 
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat hierzu jetzt entschieden, dass eine Kündigung nicht alleine deshalb unwirksam ist, weil der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. (seit dem 01.01.2018: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) nicht unverzüglich über seine Kündigungsabsicht unterrichtet oder ihr das Festhalten an seinem Kündigungsentschluss nicht unverzüglich mitteilt. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nicht erst nach Abschluss eines Verfahrens beim Integrationsamt und der Anhörung des Betriebsrats erfolgen dürfe, bestätigte das BAG nicht (Az.: 2 AZR 378/18). 
IHK-Tipp:
Um insoweit Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung dennoch sicherheitshalber vor dem Antrag auf Zustimmung durch das Integrationsamt abgeschlossen sein. Im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweispflicht in einem möglichen Kündigungsschutzprozess empfiehlt sich eine schriftliche Unterrichtung. Die Unterrichtung  muss dabei „umfassend“ sein. 
Im Rahmen der Kündigung wird in Anlehnung an § 102 Abs. 2 BetrVG eine Äußerungsfrist seitens der Schwerbehindertenvertretung von einer Woche bei ordentlichen Kündigungen und 3 Tagen bei außerordentlichen Kündigungen angenommen. 
Neben der Schwerbehindertenvertretung ist vor einer Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers auch der Betriebsrat anzuhören (§ 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).  

7. Arbeitszeit

Schwerbehinderte können es ablehnen, mehr als acht Stunden täglich zu arbeiten, da sie auf Verlangen von Mehrarbeit freizustellen sind. Wird ein Arbeitnehmer nach der Einstellung schwerbehindert, muss er dies dem Arbeitgeber von sich aus mitteilen. Außerdem kann der Schwerbehinderte je nach Schwere seiner Behinderung einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben.

8. Neubesetzung freier Arbeitsplätze

Bei der Besetzung freier Arbeitsplätze muss der Arbeitgeber – gegebenenfalls unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und der Arbeitnehmervertretung – zunächst prüfen, ob die Stelle auch für die Beschäftigung eines schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit der bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, geeignet ist und mit der Agentur für Arbeit Kontakt aufzunehmen. Bewerben sich schwerbehinderte Menschen, hat der Arbeitgeber sowohl die Schwerbehindertenvertretung als auch den Betriebsrat unverzüglich, folglich unmittelbar nach deren Eingang beim Arbeitgeber, zu unterrichten (§ 164 SGB IX). Gleiches gilt für Vermittlungsvorschläge der Bundesagentur für Arbeit. Liegen dem Arbeitgeber Bewerbungen schwerbehinderter Arbeitnehmer vor, so hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht, am weiteren Prüfverfahren beteiligt zu werden. Sie kann Einsichtnahme in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen einfordern und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen verlangen. Ausnahmeweise kann die Beteiligung Schwerbehindertenvertretung unterbleiben, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer dies ausdrücklich ablehnt. Über die Information, Einsichtnahme und Teilnahme am Bewerbungsgespräch hinaus umfasst der § 164 SGB IX in seinem Satz 7 die Pflicht, die beabsichtigte Entscheidung (Einstellung oder Absage) mit der Schwerbehindertenvertretung oder dem Betriebsrat unverzüglich zu erörtern, wenn der Arbeitgeber nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens die Einstellungsentscheidung getroffen hat. Voraussetzung für die Erörterungspflicht ist, dass die Quote schwerbehinderter Arbeitnehmer im Unternehmen des Arbeitgebers nicht erfüllt ist. 
Bei der Verletzung der genannten Pflichten drohen Ausgleichszahlungen, Schadensersatzansprüche und teilweise Bußgelder. 

9. Schwerbehindertenvertretung und Inklusionsvereinbarungen

Statt Integrationsvereinbarungen werden nunmehr Inklusionsvereinbarungen getroffen. Bestehende Integrationsvereinbarungen gelten als Inklusionsvereinbarungen fort. 

10. Integrationsfachdienst – Fachberatung nach Maß

Die Integrationsämter bieten ein breites Spektrum an Leistungen, um Arbeitgeber bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu unterstützen. Ein wichtiges Beratungsangebot sind die Integrationsfachdienste (IFD). 
Die Integrationsfachdienste (IFD) sind eigens eingerichtete Fachberatungsstellen für Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Beschäftigung behinderter Menschen stellen. 
Zum Beispiel:
Wie kommuniziere ich mit gehörlosen Menschen?
Was sind die Auswirkungen einer Sehbehinderung am Arbeitsplatz? Wie bewerte ich die Fähigkeiten und Fertigkeiten eines geistig behinderten Menschen?
Was muss ich bei seelisch behinderten Menschen beachten? 
…und viele Fragen mehr, die sich einem Arbeitgeber stellen können, der behinderte Menschen beschäftigt oder beschäftigen möchte.
Auch behinderte Menschen selbst können sich an den IFD wenden, um sich bei der beruflichen Integration beraten zu lassen. 
Die IFD sind Dienste, die bei freien Trägern eingerichtet sind und im Auftrag des Integrationsamtes, der Agentur für Arbeit und der Rehabilitationsträger bei der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben beteiligt werden. 
Zu den Beratungs- und Betreuungsleistungen der Integrationsfachdienste gehört zunächst generell die Information und Unterstützung von Arbeitgebern in unterschiedlichsten Bedarfssituationen. Das kann zum Beispiel die Erstellung eines Anforderungs- und Fähigkeitsprofils sein; es kann die Übernahme der Einarbeitung eines schwerbehinderten Mitarbeiters sein oder auch die Beratung von Vorgesetzten und Kollegen in Bezug auf behinderungsspezifische Fragen. Die Beratung und Betreuung von betroffenen behinderten Menschen selbst kann die Abstimmung von Eingliederungsschritten, das Training von bestimmten Arbeitsabläufen oder auch die Lösung von Problemen mit Kollegen am Arbeitsplatz beinhalten.
Im Einzelnen hat der Integrationsfachdienst die Aufgabe, 
  1. die Fähigkeit der zugewiesenen schwerbehinderten Menschen zu bewerten und dabei ein individuelles Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofil zu erarbeiten;
  2. bei der Berufsorientierung und -beratung an Schulen zu unterstützen;
  3. geeignete Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu akquirieren und zu vermitteln;
  4.  die schwerbehinderten Menschen auf die vorgesehenen Arbeitsplätze vorzubereiten; 
  5. die schwerbehinderten Menschen am Arbeitsplatz – soweit erforderlich – begleitend zu betreuen; 
  6. die Vorgesetzten und Kollegen im Arbeitsplatzumfeld zu informieren; 
  7. für eine Nachbetreuung, Krisenintervention oder psychosoziale Betreuung zu sorgen;
  8.  als Ansprechpartner für die Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen, über die Leistungen für Arbeitgeber zu informieren und für die Arbeitgeber diese Leistungen abzuklären;
  9. die für schwerbehinderte Menschen benötigten Leistungen zu klären und bei der Beantragung zu unterstützen.
Wichtig ist die Kooperation: Im konkreten Fall arbeitet der Integrationsfachdienst im Betrieb eng mit dem Arbeitgeber und dem betroffenen Menschen zusammen und ebenso mit dem Betriebsrat und – wenn vorhanden - der Schwerbehindertenvertretung. Er kooperiert mit Institutionen wie dem Integrationsamt, der Agentur für Arbeit, dem zuständigen Rehabilitationsträger, insbesondere den Berufshelfern der gesetzlichen Unfallversicherung, den Berufsgenossenschaften.
In den Integrationsfachdiensten stehen Fachkräfte mit entsprechender psychosozialer und/oder arbeitspädagogischer Qualifikation zur Verfügung, zum Beispiel Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Psychologen, Gebärdensprachendolmetscher. 
Die Dienstleistungen des IFD sind für Sie kostenlos. 
Wenn Sie den für Sie zuständigen Integrationsfachdienst ansprechen möchten, wenden Sie sich bitte an Ihr Integrationsamt. Eine bundesweite Übersicht erhalten Sie unter www.integrationsaemter.de  bzw. für die Region Heilbronn-Franken über die angefügte pdf-Datei.