Schleppende Digitalisierung in der Verwaltung
Die Unzufriedenheit der Unternehmen in der Wirtschaftsregion Hannover mit der Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung steigt. 55 Prozent der befragten Betriebe geben dem Stand der Umsetzung der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung die Schulnoten 5 und 6, ein satter Anstieg um zehn Prozent zum Vorjahr in der jährlichen Digitalisierungsumfrage der IHK Hannover. Unternehmen sind mit durchschnittlich über 200 Kontakten zur öffentlichen Verwaltung die Power-User und fordern dringend schlankere Prozesse über alle Verwaltungsebenen ein.
„Einen Digitalschub in der Verwaltung gibt es eben nicht in Trippelschritten. Trotz der einen oder anderen punktuellen Verbesserung sieht die Wirtschaft in der Region keinen echten Fortschritt. Die entscheidende Benchmark wären vollständig digitale Verwaltungsprozesse, die effizienter und schneller wären“, sagt Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hannover.
Im Gegensatz zur Verwaltung beurteilen bei der IHK-Digitalisierungsumfrage die Unternehmen ihren eigenen Digitalisierungsfortschritt deutlich positiver. 78 Prozent der der befragten Betriebe beurteilten ihren Stand mit einer 1 bis 3. Vor allem beim Einsatz der künstlichen Intelligenz gab es einen sprunghaften Anstieg. So gab über die Hälfte aller Unternehmen an, bereits KI-Tools im Einsatz zu haben, vor einem Jahr war dies erst bei jedem fünften Unternehmen der Fall.
Eine besondere Herausforderung ist für die regionale Wirtschaft die in diesem Zusammenhang der rechtssichere Umgang mit Daten.
„Jedes zweite Unternehmen in der Region sieht rechtliche Unsicherheiten als Hürde für eine schnellere Digitalisierung. Die Betriebe wünschen sich verbindliche Aussagen des Staates, was geht und was nicht geht, und einheitliche Standards in den Ländern. Die Aufsicht und die Auslegung in Deutschland für den neuen AI Act muss innovationsfreundlicher ausgestaltet werden“, fordert Christian Grascha, stellvertretender Hauptgeschäftsführer und Beauftragter für digitale Transformation bei der IHK Hannover.
Die Vollversammlung der IHK Hannover hat in ihren Positionen 2025 ein gemeinsames Zielbild und eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie zwischen Bund, Ländern und den Kommunen für einen digitalen Staat angemahnt. Ein Portal des Staates für alles und für alle wäre ein Beitrag zu mehr Effizienz und Handlungsfähigkeit des Staates und würde die Wirtschaft massiv bei Bürokratiekosten entlasten.
Die IHK Hannover fordert in ihren Positionen unter anderem:
- Eine klare Governance-Struktur mit einem Ministerium im Land, das an zentraler Stelle für Digitalisierung zuständig ist.
- Die Umsetzung der Digitalisierung darf nicht zum föderalen Flickenteppich werden. Gemeinsame Standards müssen für alle Ebenen verbindlich sein.
- Vergabeplattformen und -prozesse sollen standardisiert werden.
- Nicht nur Leistungen des Staates sollten digital angeboten werden, sondern die kompletten Prozesse. Das Ziel ist eine Ende-zu-Ende Digitalisierung, um Verfahren effizienter und schneller abzuwickeln. Automatisierungspotentiale sollten mithilfe der Künstlichen Intelligenz voll ausgeschöpft werden.
- Die Open-Data-Angebote des Staates sollten mit dem Ziel der optimalen Nutzung für Verwaltung und Wirtschaft ausgebaut werden. Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts.
- Um Innovationen in der Verwaltung zu ermöglichen, sollten digitale Experimentierräume geschaffen werden.
- Die Cyberabwehr des Landes als Dienstleister für Unternehmen und Kommunen muss gestärkt werden. Die Kompetenzen des Landes sind zu bündeln und eine Cyber-Sicherheitsbehörde ist aufzubauen.