Planen & Bauen

Bebauungsplan: Prinzip Hoffnung ersetzt keine Konfliktlösung

Eine Kommune darf bei Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein Wohngebiet nicht auf die Lösung eines Immissionskonflikts verzichten, der durch einen Gewerbebetrieb in Nachbarschaft des Plangebietes verursacht wird, nur weil mittelfristig mit der Verlagerung des Betriebes aus der Nachbarschaft des Wohngebietes gerechnet wird, so der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 30. Juni 2003.
Im vorliegenden Fall wandte sich der Betreiber eines erheblich störenden Entsorgungsunternehmens erfolgreich dagegen, dass ihm die Standortgemeinde mit einem Bebauungsplan in unmittelbarer Nachbarschaft ein neues Wohngebiet „vor die Nase“ setzten wollte. Als Folge des dadurch ausgelösten Immissionskonflikts wären Forderungen aus dem Wohngebiet nach kostspieligen Immissionsschutzmaßnahmen auf Seiten des Betriebes mit Sicherheit zu erwarten gewesen. Die Gemeinde hatte dieses Gefahrenpotential im Rahmen der Abwägung ignoriert, weil sie – nach dem „Prinzip Hoffnung“ – auf die bloße Absichtsbekundung des Entsorgungsunternehmens, den Betrieb zu verlagern, vertraut hatte. Sie verzichtete damit auf die Analyse und Lösung der durch ihre Planung ausgelösten Konflikte. Vorschriftsgemäß hätte die Gemeinde gehandelt, wenn sie im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes ggf. durch Gutachten hätte prüfen lassen, ob der durch das geplante Wohngebiet ausgelöste Konflikt bereits durch geeignete Festsetzungen im Bebauungsplan selbst und/oder Erfolg versprechend in nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren lösbar gewesen wäre. Im konkreten Fall hätte sich beides als unmöglich herausgestellt.
Die Richter setzten den umstrittenen Bebauungsplan außer Vollzug.
Stand: 03.01.2023