Recht und Steuern

Zahlungsverzug

In der Praxis ergeben sich immer wieder Probleme mit säumigen Zahlern. Durch Außenstände entstehen Kosten und Zinsverluste. Im schlimmsten Fall droht sogar ein Forderungsausfall. Die sieben häufigsten Fragen und Antworten zum Thema Zahlungsverzug:  

1. Fälligkeit und Verzug sind zu unterscheiden
Grundsätzlich sind Gläubiger und Schuldner bei der Vereinbarung eines Zahlungstermins frei. Erfolgt keine Vereinbarung, gilt laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) als Grundregel § 271 Abs. 1 BGB:
"Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken."
Daher ist eine Geldschuld sofort fällig, wenn nicht z. B. vertraglich eine andere abweichende Fälligkeitsvereinbarung getroffen wurde.  
Achtung: Bereits im Jahr 2014 wurden durch das „Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ die Möglichkeiten für Unternehmer und öffentliche Auftraggeber eingeschränkt, die grundsätzlich bestehende Pflicht zur sofortigen Zahlung einer Forderung durch die Vereinbarung von Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen aufzuschieben. Nach § 271a Abs. 1 BGB ist demnach eine Vereinbarung, die eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen vorsieht, nur zulässig, wenn sie ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. Sofern es sich bei dem Schuldner um einen öffentlichen Auftraggeber handelt, darf die Zahlungsfrist nicht mehr als 30 Tage betragen. Die 60- bzw. 30-Tage-Frist beginnt jeweils nach Empfang der Gegenleistung bzw. Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung.
Grundvoraussetzungen für ein Zahlungsverlangen sind
  • das Bestehen eines Anspruchs auf Zahlung und
  • dieser Anspruch muss fällig sein.
Allein die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs führt jedoch noch nicht zum Eintritt des Verzugs. Die Voraussetzungen des Verzugs richten sich nach den §§ 280, 286 BGB:
  • das Bestehen eines Zahlungsanspruchs, zum Beispiel aus einem Kauf-, Werk- oder Mietvertrag
  • Leistung muss möglich sein - das ist bei einer Geldschuld grundsätzlich immer der Fall.
  • Schuldner hat nicht geleistet
  • Anspruch muss fällig sein.
  • der Anspruch wurde gemahnt oder die Mahnung ist entbehrlich (siehe 3.).
  • Verschulden - grundsätzlich ist anerkannt, dass ein Verschulden des Schuldners begründet ist, wenn er nicht in der Lage ist, das notwendige Geld zu zahlen.

2. Was ist eine Mahnung?

Sofern der Schuldner trotz Fälligkeit nicht zahlt, kann ihn der Gläubiger mahnen. Die Mahnung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Aufforderung an den Schuldner, die fällige Zahlung zu erbringen. Die Mahnung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, kann also etwa auch telefonisch, per E-Mail oder durch schlüssiges Handeln erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich aber, eine Mahnung schriftlich vorzunehmen. Außerdem sollte die Mahnung zur Klarstellung Angaben über Datum und Nummer der Rechnung, des Lieferscheins und des Zahlungsziels enthalten.

3. Kommt der Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug?

Grundsätzlich wird der Schuldner durch eine nach Fälligkeit der Leistung erfolgende Mahnung in Verzug gesetzt. Es gibt aber eine Reihe von Fällen, in denen der Verzug automatisch ohne Mahnung eintritt. In folgenden Fällen ist eine Mahnung entbehrlich:
  • wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Eine solche Zeitbestimmung ergibt sich in erster Linie aus vertraglichen Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Schuldner. Ausreichend wären beispielsweise „1. November 2020“, „45. Kalenderwoche“. Eine einseitige Bestimmung durch den Gläubiger genügt hierfür allerdings nicht.
  • wenn der Leistung ein Ereignis (zum Beispiel „10 Tage nach Lieferung“) vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Ist die Frist zu kurz, so tritt anstelle der vereinbarten die angemessene Frist. Bei einem Widerruf nach § 355 BGB (zum Beispiel im Onlinehandel) tritt Verzug mit Ablauf der Frist nach § 357 Abs. 1 ein, das heißt nach 14 Tagen.
  • wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. An das Vorliegen einer Erfüllungsverweigerung werden strenge Voraussetzungen geknüpft. Die Weigerung muss als letztes Wort aufzufassen sein. Nicht ausreichend sind zum Beispiel das Äußern von rechtlichen Zweifeln oder das zweimalige Nichteinhalten eines zugesagten Termins. Ausreichend kann eine Rücktrittserklärung sein, wenn sie keine Zweifel daran lässt, dass der Schuldner nicht mehr zur Leistung bereit ist.
  • wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Einzug einer Lastschrift scheitert oder wenn eine sogenannte Selbstmahnung vorliegt, das heißt der Schuldner ausdrücklich erklärt hat, alsbald zu zahlen.
  • 30-Tage-Regelung: Das Gesetz bestimmt, dass der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens dann in Verzug kommt, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung bezahlt, § 286 Abs. 3 BGB. Dies gilt gegenüber einem Verbraucher, also einer natürlichen Person, die ein Rechtsgeschäft überwiegend weder zu gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken abschließt, nur, wenn der Verbraucher in der Rechnung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist, beispielsweise mit dem Hinweis „Erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung kein Zahlungseingang, kommen Sie automatisch in Zahlungsverzug.“ Ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmers reicht nicht aus, sondern muss zwingend in der Rechnung stehen.
 Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat es in der Hand, ob er den Schuldner schon vor Ablauf der 30-Tage-Frist in Verzug setzen will. Hierzu bedarf es dann einer Mahnung.

4. Wie oft muss man mahnen?

Mit Ausnahme der in Ziffer 3.) aufgeführten Fälle ist grundsätzlich eine Mahnung erforderlich, um den Schuldner in Verzug zu setzen. Die Anzahl der Mahnungen ist nicht vorgeschrieben. In der Praxis hat es sich eingespielt, bis zu drei Mahnungen vorzunehmen. Dabei sollte ein Gläubiger nicht den Fehler machen und die Mahnschreiben als erste oder zweite Mahnung usw. bezeichnen. Dadurch wäre für den Schuldner ersichtlich, dass noch weitere Mahnungen folgen bevor ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet oder Klage erhoben wird. Gläubiger sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass das Verschicken von mehreren Mahnungen dem Schuldner einen Zeitvorteil verschafft und bei Schuldnern, die sich in Zahlungsschwierigkeiten befinden, das Risiko eines Zahlungsausfalls erhöhen kann. Es kann deshalb angebracht sein, nur eine einzige deutlich formulierte Mahnung auszusprechen.

5. Was soll auf der Rechnung stehen?

Durch Formulierungen in der Rechnung sollte dem Schuldner nicht ungewollt ein Zahlungsaufschub gewährt werden, wie dies zum Beispiel der Fall wäre mit dem Hinweis „fällig innerhalb von 20 Tagen“.
Besser daher: „Der Rechnungsbetrag ist sofort ohne Abzug fällig.“

6. Welche Kosten muss der säumige Schuldner ersetzen?

a) Verzugszinsen
Bei Geldschulden hat der Gläubiger gegen den Schuldner ab Eintritt des Verzugs Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen. Der Gesetzgeber hat die Höhe der Verzugszinsen gegenüber Verbrauchern auf jährlich 5 Prozentpunkte, gegenüber Unternehmern sogar 9 auf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz festgelegt. Der Basiszinssatz ändert sich jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres. Die aktuellen Zinssätze können bei der Bundesbank abgefragt werden.
b) Verzugsschaden
Darüber hinaus kann der Gläubiger seinen Verzugsschaden ersetzt verlangen. Das können im Einzelfall auch höhere Zinsen sein, etwa wenn der Gläubiger zur Zwischenfinanzierung einen Bankkredit in Anspruch nehmen muss. Als Verzugsschaden sind grundsätzlich auch die Kosten für weitere Mahnungen (mit Ausnahme der den Verzug begründenden Erstmahnung) anzusehen.
Achtung: Grundsätzlich bestimmt sich die Höhe der Mahnkosten nach dem Sachaufwand. Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass der Gläubiger seinen eigenen Arbeits- und Zeitaufwand nicht vom Schuldner ersetzt verlangen kann. Dies gilt selbst dann, wenn hierfür eigenes Personal eingesetzt wird und jedenfalls die im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung nicht überschritten wird (BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - VIII ZR 239/15).
c) Verzugspauschale
Unabhängig davon hat der Gläubiger immer einen Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale von 40,00 Euro gegen den säumigen Zahler, wenn dieser kein Verbraucher ist. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der geschuldeten Forderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale ist nach § 288 Abs. 5 BGB auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Im Einzelnen: Probleme mit der 40-Euro-Mahnpauschale). Ebenfalls zu ersetzen sind die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung durch einen Rechtsanwalt oder ein Inkassobüro. Obergrenze der Inkassokosten ist der entsprechende Gebührensatz für Rechtsanwälte.
d) Vorsicht bei AGB-Klauseln
Vorsicht ist bei der Verwendung von AGB-Klauseln geboten, die etwa pauschale Mahngebühren festlegen. Diese sind in aller Regel unwirksam und können nicht mit einem durch die Mahnung verursachten branchentypischen oder individuellen Durchschnittsschaden begründet werden. Die Wirksamkeit einer solchen AGB-Klausel hängt vom Einzelfall und den tatsächlich anfallenden Kosten ab.
d) Sonderregelung für Kaufleute
Kaufleute untereinander (diejenigen, die im Handelsregister eingetragen sind) können für Geldforderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften bereits vom Tag der Fälligkeit an 5 Prozent Zinsen nach den §§ 353, 352 HGB verlangen.

7. Wie läuft das Verfahren nach erfolgloser Mahnung ab?

Bleiben die Mahnungen ohne Erfolg, kann der Gläubiger ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten oder Klage gegen den Schuldner erheben. Das gerichtliche Mahnverfahren wird unabhängig von der Forderungshöhe beim Amtsgericht durchgeführt. Für in Niedersachsen ansässige Antragsteller ist das Amtsgericht Uelzen, Zentrales Mahngericht, zuständig. Mahnanträge können auf unterschiedlichen Wegen eingereicht werden.
Hat ein Antragsteller keinen Sitz bzw. Wohnsitz in Berlin, aber der Antragsgegner seinen Sitz im Inland, muss der Mahnbescheid beim Amtsgericht Wedding - Zentrales Mahngericht - beantragt werden (§ 689 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
Besonderheiten gelten für die grenzüberschreitende Forderungsdurchsetzung. In den meisten Fällen empfiehlt es sich, anwaltlichen Rat einzuholen. Innerhalb der EU gibt es durch das Europäische Mahnverfahren (Europäischer Zahlungsbefehl) und das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen (Streitwert bis 5.000 Euro) gewisse Erleichterungen (ausgenommen Dänemark).
•    Basiszinssatz nach § 247 BGB
•    Probleme mit der 40-Euro-Mahnpauschale

Stand: 02.01.2024