Recht und Steuern

Wettbewerbsrecht: Neue Regeln gelten ab 28. Mai

1. Erweiterung der Begriffsdefinitionen in § 2 UWG

Zunächst hat der Gesetzgeber die Legaldefinitionen der zentralen wettbewerbsrechtlichen Begriffe in eine alphabetische Reihenfolge gebracht. Darüber hinaus ist eine Klarstellung erfolgt, dass auch digitale Inhalte und digitale Inhalte zu den geschäftlichen Handlungen zählen und nicht nur ein „objektiver“, das heißt funktionaler Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren und Dienstleistungen vorliegen muss, sondern auch ein „unmittelbarer“ Zusammenhang. Nach der Gesetzesbegründung fehlt ein solcher unmittelbarer Zusammenhang zum Beispiel dann, wenn eine Influencerin oder ein Influencer Waren oder Dienstleistungen empfiehlt, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erhalten.
In den Definitionenkatalog wurden die Begriffe „Online-Marktplatz“ und „Ranking“ aufgenommen:
Unter einem Online-Marktplatz ist ein virtueller Marktplatz zu verstehen, den ein Betreiber zur Verfügung stellt und der es Verbrauchern ermöglicht, Fernabsatzverträge (§ 312c BGB) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen. Erfasst werden damit Internetanbieter wie Amazon, Ebay oder Vergleichsportale.
Mit „Ranking“ ist die relative Hervorhebung der Angebote von Unternehmen oder die Relevanz gemeint, die Suchergebnissen zugemessen wird, je nachdem, wie sie vom Gewerbetreibenden dargestellt, organisiert oder kommuniziert wird. Es geht also um die Reihenfolge, in der die ermittelten Ergebnisse des jeweiligen Sucheintrags aufgeführt werden, wobei die Rangfolge durch den Betreiber der Suchmaschine festgelegt wird. Die Art der verwendeten technischen Mittel spielt dabei keine Rolle.

2. Neustrukturierung und Erweiterung der Irreführungstatbestände

a) „Dual-Quality“

Neben der Neustrukturierung der Irreführungstatbestände wurde ein eigener Tatbestand zur sogenannten Doppelqualität von Waren („Dual-Quality“) eingeführt, wonach es irreführend ist, wenn eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden. Die Vorschrift ist insbesondere auf Lebensmittel mit unterschiedlicher Zusammensetzung gemünzt, wie etwa den Zucker- oder Fettgehalt, die aber in den EU-Mitgliedstaaten in identischer Verpackung angeboten werden und dies für den Verbraucher nicht erkennbar ist.  
Unternehmern ist es aber auch weiterhin möglich sein, Waren, die unter derselben Marke auf dem Markt bereitgestellt werden, in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in verschiedener Beschaffenheit anzubieten. Solche Unterschiede müssen, wenn sie für die Kaufentscheidung von Verbraucherinnen und Verbrauchern wesentlich sind, lediglich klar erkennbar sein.
Eine unlautere Irreführung liegt nicht vor, wenn die Abweichungen durch objektive und legitime Faktoren gerechtfertigt sind. Dies können zum Beispiel spezielle Vorgaben im nationalen Recht oder auch die Verfügbarkeit und Saisonabhängigkeit von Rohstoffen, freiwillige Strategien zur Verbesserung des Zugangs zu gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln sowie die Anpassung von Waren an unterschiedliche geografische Märkte sein. Unternehmer sind zudem weiterhin berechtigt, Waren derselben Marke in Packungen mit unterschiedlichem Gewicht oder unterschiedlicher Füllmenge auf verschiedenen geografischen Märkten anzubieten.

b) Influencer-Werbung

Das Schleichwerbungsverbot verpflichtet zur Kenntlichmachung eines kommerziellen Zwecks einer geschäftlichen Handlung, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt (vgl. § 5a Abs. 4 Satz 1 UWG n. F.). Mit Blick auf Influencerinnen und Influencer wird in Satz 2 klargestellt, dass kein kommerzieller Zweck vorliegt, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Es muss dann keine Kennzeichnung als kommerziell vorgenommen werden. Insoweit wurde das UWG an die spezialgesetzlichen Vorschriften zur Schleichwerbung im Telemediengesetz sowie im Medienstaatsvertrag angepasst. Dort war bereits geregelt, dass werbliche Äußerungen, die ohne eine Gegenleistung erfolgen, nicht als „Werbung“ bzw. als „kommerzielle Kommunikation“ gelten und dementsprechend keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen.
Auch vermeintlich geringwertige Dienstleistungen wie ein kostenloses Körperstyling oder ein Fotoshooting zählen als Gegenleistung und lösen eine Kennzeichnungspflicht des Influencers aus (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 – I ZR 35/21 – Influencer III). Eine für geldwerte Vorteile geltende Geringfügigkeitsschwelle besteht nicht.
Der Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ umfasst laut Gesetzesbegründung auch Provisionen, Produkte, die von dem fremden Unternehmen zugesandt wurden und die der Handelnde nutzen oder behalten darf, sowie Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen. Die Gegenleistung kann auch vorübergehender Natur sein. Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit, zum Beispiel von Influencerinnen und Influencern, durch solche Handlungen kann hingegen nicht als Gegenleistung gewertet werden.
Nach § 5a Abs. 4 Satz 3 UWG wird der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung vermutet, es sei denn, dass der Handelnde glaubhaft macht, dass er eine solche nicht erhalten hat. Danach reicht bereits eine Glaubhaftmachung i. S. v. § 294 ZPO für das Fehlen der Gegenleistung aus, etwa durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung oder einer Quittung über den Kauf des erwähnten Produkts.
Achtung: Satz 2 ist nur anwendbar, wenn es um eine Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens geht und betrifft nicht die Eigenwerbung von Influencerinnen und Influencern. Auch Eigenwerbung ist grundsätzlich kennzeichnungspflichtig. Sie beurteilt sich allein nach § 5a Absatz 4 Satz 1 UWG beziehungsweise der Definition der geschäftlichen Handlung in § 2 Absatz 1 Nr.  2 UWG. Insoweit kommt es darauf an, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zum Absatz von Produkten und Dienstleistungen vorliegt.

c) Informationspflicht über Unternehmereigenschaft auf Online-Marktplätzen

Bei dem Angebot von Waren oder Dienstleistungen auf einem Online-Marktplatz gilt nach § 5b Abs. 1 Ziff. 6 UWG die Information darüber, ob es sich bei dem Anbieter um einen Unternehmer handelt als wesentlich. Dies soll es Verbrauchern ermöglichen, zu erkennen, ob Verbraucherschutzrechte bei dem späteren potenziellen Vertragspartner zur Anwendung kommen. Gegenstand der Informationspflicht des Marktplatzbetreibers ist die Selbsteinschätzung des Anbieters. Zur Überprüfung dessen Status ist der Marktplatzbetreiber nicht verpflichtet.

d) Neue Informationspflichten beim Ranking

Angesichts des erheblichen Einflusses des Rankings (vgl. die Neudefinition in § 2 Ziff. 7 UWG) verlangt § 5b Abs. 2 UWG die Angabe einer allgemeinen Beschreibung der wichtigsten Parameter für die Festlegung des Rankings und deren relativer Gewichtung. Der Online-Anbieter muss nach der Vorschrift die wesentlichen Kriterien offenlegen, nach denen die auf eine Verbraucheranfrage angezeigten Suchergebnisse gefiltert, geordnet, selektiert oder in sonstiger Weise strukturiert werden. Online-Anbieter müssen die Informationen weder in einer auf die einzelne Suchanfrage zugeschnittenen Form bereitstellen, noch die Funktionsweise ihrer Ranking-Systeme oder Algorithmen im Detail offenlegen. Die Informationen müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Informationen müssen knapp gehalten, leicht verständlich und an gut sichtbarer Stelle verfügbar gemacht werden.
Die neue Informationspflicht beim Ranking wird zudem durch ein neues per-se-Verbot in Nummer 11a des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (sog. Schwarze Liste) ergänzt: Stets unzulässig ist demnach die Anzeige von Suchergebnissen in einem Ranking ohne den Hinweis darauf, dass die höhere Position des Rankings durch bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen beeinflusst sein kann.

e) Informationspflichten bei Kundenbewertungen

Ähnlich wie beim Ranking stellen Kundenbewertungen eine wichtige Informationsquelle bei der Kaufentscheidung dar. Nach § 5b Abs. 3 UWG muss der Unternehmer darüber informieren, ob er vor Veröffentlichung der Verbraucherbewertungen Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Echtheit trifft. Ergreift er gar keine Maßnahmen, muss er auch über diesen Umstand informieren.
Wenn der Unternehmer entsprechende Maßnahmen ergreift, muss er Informationen darüber bereitstellen, welche Prozesse und Verfahren er zur Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen ergreift. Beispielsweise kann der Unternehmer nur solche Bewertungen von Verbraucherinnen oder Verbrauchern zulassen, die die betreffenden Waren oder Dienstleistungen auch über seine Plattform erworben haben. Bereitgestellt werden müssen auch eindeutige Informationen dazu, wie mit Bewertungen im Rahmen dieses Prüfprozesses umgegangen wird, etwa nach welchen Kriterien Bewertungen aussortiert werden und ob alle Bewertungen — positive wie negative — veröffentlicht werden.
Die Transparenzvorschriften bei Kundenbewertungen werden zudem durch zwei per-se-Verbote in der sog. Schwarzen Liste (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG) ergänzt:
Stets unzulässig ist nach Nr. 23b die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen.
Nr. 23c verbietet gefälschte Verbraucherbewertungen (Fake-Bewertungen). Demnach sind stets unzulässig die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung. Der Anwendungsbereich umfasst neben „Bewertungen“ auch ausdrücklich „Empfehlungen“, wie zum Beispiel „Likes“ in sozialen Medien. Eine falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbraucherinnen oder Verbrauchern liegt vor, wenn selektiv nur positive Bewertungen veröffentlicht, negative hingegen gelöscht werden.

f) Angabe von einer Telefonnummer in Widerrufsbelehrung, Widerrufsformular

Eine weitere wichtige Änderung – außerhalb des UWG – betraf den Onlinehandel. Seit 28. Mai 2022 muss in der Widerrufsbelehrung und im Widerrufsformular zwingend eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben werden.

3. Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen

Zur Bekämpfung des gewerblichen Schwarzmarkts im Zusammenhang mit dem Verkauf von Eintrittskarten wurde die sog. Schwarze Liste (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG) mit einer neuen Nr. 23a ergänzt:
Stets unlauter ist demnach der Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen an Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn der Unternehmer diese Eintrittskarten unter Verwendung von Software wie Bots erworben hat, die technische Beschränkungen des Erstverkäufers in Bezug auf die Zahl der von einer Person zu erwerbenden Eintrittskarten oder andere für den Verkauf der Eintrittskarten geltende Regeln umgehen. Ziel ist es, zu verhindern, dass Ticketkontingente vollständig aufgekauft und diese anschließend zu überhöhten Preisen an Verbraucher weiterzuverkaufen.

Stand: 20.10.2023