Recht und Steuern

Arbeitszeit

Die Arbeitszeit in einem Arbeitsverhältnis kann sich aus einer Vielzahl von Bestimmungen ergeben. Dies können neben Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, Dienstvereinbarungen auch Einzelarbeitsverträge sein. Die gesetzliche Grundlage ist aber das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Zweck dieses Gesetzes ist es, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern. Das ArbZG schützt darüber hinaus den Sonntag und die staatlichen Feiertage als Tage der Arbeitsruhe. Das private Arbeitsrecht bestimmt die konkrete Dauer und Lage der Arbeitszeit.

1. Geltungsbereich des ArbZG

Das ArbZG gilt für alle Arbeitnehmer. Solche sind im Sinne des § 2 Abs. 2 ArbZG Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Keine Anwendung hingegen findet das Gesetz auf leitende Angestellte. Weitere Ausnahmen sind in § 18 ArbZG benannt.

2. Begriffsbestimmung: „Arbeitszeit“

§ 2 Abs. 1 ArbZG definiert die Arbeitszeit als die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Welche Tätigkeiten konkret unter den Arbeitszeitbegriff fallen, muss durch Auslegung des Individualarbeitsvertrages bzw. der kollektivrechtlichen Vereinbarungen oder Betriebsvereinbarungen ermittelt werden. Grundsätzlich ist es jedoch so, dass beispielsweise Wegezeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Umkleide- und Waschzeiten nicht zur Arbeitszeit gehören. Auch die reinen Reisezeiten außerhalb der täglichen Arbeitszeit gelten im Allgemeinen nicht als Arbeitszeit, sofern es dem Arbeitnehmer freisteht, wie er die Reisezeit nutzt. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer hingegen angewiesen, bestimmte Aufgaben in die-ser Zeit zu erledigen oder muss der Arbeitnehmer selbst mit einem Fahrzeug fahren, gilt in diesem Fall die Reisezeit als Arbeitszeit. Allerdings treffen hierüber weder das ArbZG noch die EU-Arbeitszeitrichtlinie eine Aussage.

3. Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft

Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft verlangen vom Arbeitnehmer, dass er sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufhalten muss, um spontan seine volle Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs handelt es sich dabei um Arbeitszeit. Dies gilt nicht nur für den ärztlichen Bereitschaftsdienst wie im entschiedenen Fall, sondern für alle Bereiche. Danach darf diese Zeit nicht als Ruhezeit berücksichtigt werden und ist zu vergüten. Bei Rufbereitschaft muss sich der Arbeitnehmer zwar zur Arbeit bereithalten; er kann dabei aber seinen Aufenthaltsort grundsätzlich frei bestimmen und wechseln. Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Nur die tatsächlich geleistete Arbeit gilt als Arbeitszeit. Tritt der Bereitschaftsfall ein und wird dadurch die Ruhezeit unterbrochen, so muss unmittelbar nach Beendigung des Falls oder später die volle Ruhezeit eingehalten werden.

4. Dauer der Arbeitszeit

Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Werktage sind die Tage von Montag bis Samstag. Damit gilt als Grundsatz maximal die 48-Stundenwoche. Eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden am Tag ist dann möglich, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden und keine tarif- oder arbeitsvertraglichen Einschränkungen bestehen. Dadurch können Saisonschwankungen oder Arbeitsspitzen ausgeglichen werden. Durch einen Tarifvertrag oder einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen kann von den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes abgewichen werden. Arbeitet der Arbeitnehmer bei mehreren Arbeitgebern, so muss seine Arbeitszeit zusammengerechnet werden. Die individuelle Dauer der Arbeitszeit ergibt sich entweder aus der ausdrücklichen Absprache der Parteien, aus tarifvertraglichen Regelungen oder stillschweigender Akzeptanz der im Betrieb üblichen Handhabung. Sie unter-liegt nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Lediglich der Arbeitszeitrahmen kann durch den Arbeitgeber einseitig verändert werden, sofern weder ein Tarif- oder Arbeitsvertrag Abweichendes regelt und auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates vorliegt. 

5. Ruhepausen und Ruhezeiten

Neben den Höchstarbeitszeiten regelt das Arbeitszeitgesetz auch Ruhepausen innerhalb eines Arbeitstages und die Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen. So ist nach § 4 ArbZG die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen die Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. Die Ruhezeit kann für bestimmte Branchen durch Gesetz auf zehn Stunden verkürzt werden, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums für entsprechenden Ausgleich gesorgt ist. Abweichende Regelungen hierzu können in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- und Dienstvereinbarung zugelassen werden.

6. Sonn- und Feiertagsruhe

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer nach § 9 ArbZG an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in der Zeit von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Es bestehen für bestimmte Branchen (beispielsweise Sonntagsgewerbe, Bedürfnisgewerbe und Daseinsvorsorge) Ausnahmebestimmungen. Bei Verkaufsstellen ist für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen zusätzlich das niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) zu beachten.

7. Jugendschutzbestimmungen

Für die Beschäftigung von Kindern (unter 15 Jahre) und Jugendlichen (zwischen 15 und 18 Jahren) gelten nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz besondere Bestimmungen. Die Höchstdauer für die Arbeit von Jugendlichen beträgt grundsätzlich acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche, wobei Ruhepausen nicht zur Arbeitszeit zählen. Die Ruhepausen müssen bereits vor Arbeitsbeginn feststehen. Bei einer Arbeitszeit von viereinhalb bis zu sechs Stunden muss die Pause 30 Minuten, bei mehr als sechs Stunden 60 Minuten dauern. Sie muss mindestens 15 Minuten lang sein und darf nicht früher als eine Stunde nach Arbeitsbeginn und nicht später als eine Stunde vor Arbeitsende beginnen. Ein Jugendlicher darf nie länger als viereinhalb Stunden ohne Ruhepause arbeiten. Jugendliche müssen nach Beendigung der Arbeitszeit mindestens zwölf Stunden Freizeit haben. Außerdem dürfen sie grundsätzlich nur in der Zeit von sechs bis 20.00 Uhr arbeiten, wobei für Jugendliche über 16 Jahre für bestimmte Branchen andere Regelungen möglich sind. Es gilt grundsätzlich die Fünftagewoche, wobei die beiden freien Tage möglichst aufeinander folgen sollen. An Samstagen, Sonntagen und Feiertagen dürfen Jugendliche grundsätzlich nicht arbeiten, allerdings gibt es für bestimmte Branchen Ausnahmeregelungen. Jugendliche, die der Berufsschulpflicht unterliegen, haben für die Dauer des Berufsschulunterrichts einen Freistellungsanspruch. Ein Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens 45 Minuten wird auf die Arbeitszeit mit acht Stunden, Berufsschulwochen mit 40 Stunden angerechnet, im Übrigen die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen.
Kinder (Personen unter 15 Jahren) dürfen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung. Allerdings dürfen Kinder über 13 Jahre mit Einwilligung der Personensorgeberechtigten beschäftigt werden, wenn die Tätigkeit leicht und für Kinder geeignet ist. Die höchstzulässige Arbeitszeit beträgt grundsätzlich zwei Stunden. Die Beschäftigung darf nicht zwischen 18.00 und 8.00 Uhr, vor und während des Schulunterrichts stattfinden. In den Schulferien dürfen Kinder und vollzeitschulpflichtige Jugendliche bis zu vier Wochen beschäftigt werden, wobei für diese Zeit grundsätzlich die Regelungen über die Beschäftigung Jugendlicher gelten.

8. Mutterschutzbestimmungen

Werdende und stillende Mütter dürfen auf Grund des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) grundsätzlich nicht mehr als achteinhalb Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche (bei Frauen unter 18 Jahren acht Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche) beschäftigt werden, wobei Sonntage in die Doppelwoche eingerechnet werden. Nachtarbeit ist ab dem fünften Schwangerschaftsmonat in der Regel zwischen 20.00 und 6.00 Uhr verboten. Das grundsätzlich geltende Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit kann unter bestimmten Voraussetzungen (§ 6 MuSchG) durchbrochen werden.

9. Individuelle Dauer der Arbeitszeit

Die individuelle Dauer der Arbeitszeit betrifft das Ausmaß der vom Arbeitnehmer geschuldeten Zeit. Sie unterliegt nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, sondern ergibt sich entweder aus der ausdrücklichen Absprache der Parteien, aus kollektiven Regelungen oder aus stillschweigender Akzeptanz der im Betrieb üblichen Handhabung. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht vertraglich das Recht vorbehalten, die Arbeitszeitdauer zu bestimmen. 

10. Lage der Arbeitszeit

Die Lage der Arbeitszeit betrifft die Verteilung der zur Verfügung stehenden Zeit. Pausen, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit kann der Arbeitgeber vorbehaltlich der Mitbestimmung des Betriebsrates aufgrund seines Weisungsrechtes festlegen, sofern keine individuellen Arbeitszeitvereinbarungen vorliegen. Auch die langjährige unveränderte Beibehaltung der gleichen Lage der Arbeitszeit begründet keinen „Anspruch“ auf Beibehaltung aus betrieblicher Übung. Der Arbeitszeitrahmen kann durch den Arbeitgeber einseitig verändert werden, wenn keine Beschränkung durch Tarif- oder Arbeitsvertrag und Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates vorliegt. 

11. Arbeit auf Abruf

Arbeit auf Abruf liegt vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit bezogen auf einen bestimmten Zeitraum im Arbeitsvertrag festgelegt ist und die Lage der Arbeitszeit von der Konkretisierung des Arbeitgebers (entsprechend des Arbeitsanfalls) abhängt. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung muss die (Mindest-)Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen. Der Arbeitgeber muss bei Abruf der Arbeitsleistung jedoch beachten, dass diese bei einer vereinbarten Mindestarbeitszeit höchstens 25% zusätzlich, bei einer vereinbarten Mindestarbeitszeit nur bis zu 20% weniger abrufen darf. Erfolgt keine Festlegung, fingiert das Gesetz eine wöchentliche Arbeitszeit von zwanzig Stunden, es sei denn, aus der tatsächlichen Vertragsabwicklung ergibt sich eine höhere Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit. Wird keine tägliche Arbeitszeit vereinbart, muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden im Anspruch nehmen. Dies soll den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers sichern. Der Arbeitnehmer ist nur zur Leistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage der Arbeitszeit mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Im Krankheitsfall hat auch der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung auf Abruf erbringt, einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Die Höhe der Entgeltfortzahlung bei einer Vereinbarung zu Arbeit auf Abruf bemisst sich nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Krankheitsbeginn. Zu beachten ist dabei, dass dem Arbeitnehmer, losgelöst von der tatsächlich in diesem Zeitraum vom Arbeitgeber abgerufenen Arbeitszeit, stets ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe der Vergütung für die vereinbarte Mindestarbeitszeit zusteht.

12. Arbeitszeitmodelle / flexible Arbeitszeit

Anstelle starrer Arbeitszeitregeln werden zunehmend flexible Arbeitszeitmodelle vereinbart. Bei der Gleitzeit ist es dem Arbeitnehmer überlassen, Beginn und Ende seiner Arbeitszeit innerhalb eines vorgegebenen Rahmens individuell zu regeln. Er ist lediglich zur Einhaltung einer bestimmten Kernzeit verpflichtet. Die tatsächlich geleisteten Stunden werden auf einem Gleitzeitkonto erfasst. Über- und Unterschreitungen sind innerhalb bestimmter Zeiten auszugleichen. Kann der Ausgleich wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgen, sind die nicht ausgeglichenen Stunden in Geld zu vergüten. Daneben gibt es vor allem im Einzelhandel rollierende Systeme. Dabei werden auf Basis der Arbeitszeit die Arbeitstage für einen bestimmten Bezugszeitraum festgelegt, wobei die Einsatztage „vorwärts“ oder „rückwärts“ wechseln. Schichtsysteme bieten die Möglichkeit zur Mehrfachbesetzung von Arbeitsplätzen. Schließlich gibt es noch das Modell der Vertrauensarbeitszeit, bei der den Arbeitnehmern nur ein täglicher Zeitrahmen vorgegeben wird. Zeiterfassung und Zeitkontrollen erfolgen nicht. Der Arbeitgeber kontrolliert lediglich das Arbeitsergebnis.

Hinweis:
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK Hannover - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung auf die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
 
Stand: 04.01.2024