Steuerliche Maßnahmen im Koalitionsvertrag
Am 9. April haben sich CDU, CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag für die neue Legislaturperiode geeinigt. Die Unterzeichnung ist für Ende April geplant. Eine erste Bewertung der steuerlichen Maßnahmen im Koalitionsvertrag:
Senkung Körperschaftsteuer erst ab 2028
Die Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen von der im internationalen Vergleich hohen Steuerbelastung ist eher enttäuschend. Der Körperschaftsteuersatz soll ab 2028 in kleinen Schritten von jeweils einem Prozent über 5 Jahre reduziert werden. Das betrifft die Kapitalgesellschaften. Für Personengesellschaften, für die die Einkommensteuer die relevante Unternehmensteuer ist, ist keine Steuerreduzierung angekündigt. Von der für Mitte der Legislaturperiode angekündigten Senkung der Belastung von kleinen und mittleren Einkommen dürften die meisten Personenunternehmen nicht oder nur wenig profitieren.
Verbesserung Thesaurierungsbegünstigung
Die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EstG soll vereinfacht werden, um Personenunternehmen – ca. 90 Prozent in Deutschland – zu entlasten. Diese Unternehmen sind weiterhin hoch belastet (ca. 30 Prozent), während die Belastung für Kapitalgesellschaften perspektivisch auf 25 Prozent (Körperschaftsteuer + Gewerbsteuer) sinken soll.
Degressive AfA schon ab 2025 – und der Solidaritätszuschlag bleibt
Die degressive Abschreibung von 30 Prozent wird für die Jahre 2025 bis 2027 wieder eingeführt. Die Maßnahme ist richtig, weil schnellere Abschreibungen ein wichtiger steuerlicher Hebel für höhere Investitionen der Unternehmen sind. Eine dauerhafte Einführung wäre besser, da sie den wirtschaftlichen Wertverzehr realistischer abbildet. Beide Maßnahmen – die Körperschaftsteuer-Satzreduzierung und die beschleunigte AfA - sollen in einem Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen werden. Der Solidaritätszuschlag soll bleiben.
Verbesserung Optionsmodell
Das Optionsmodell nach § 1a KStG soll verbessert werden, damit Personenunternehmen sich steuerlich wie Kapitalgesellschaften behandeln lassen können. Es soll geprüft werden, ob ab dem Jahr 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform der Körperschaftsteuer unterliegen können. Das wäre eine gute Option.
Anhebung Gewerbesteuer-Mindesthebesatz
Der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz soll von 200 auf 280 Prozent erhöht werden. Diese Anhebung ist falsch. Sie verringert den Standortwettbewerb zwischen Kommunen und schwächt die Orts- und Standortverbundenheit der Unternehmen. Zudem ist ein Trend zur allgemeinen Erhöhung der Gewerbesteuerbelastung deutschlandweit zu befürchten.
Globale Mindeststeuer – internationales Steuerrecht
Die globale Mindeststeuer soll nicht ausgesetzt werden. Das benachteiligt europäische Unternehmen, da nicht nur China und Indien nicht an diesem internationalen Projekt teilnehmen, sondern auch die USA angekündigt hat, nicht mitzumachen. Eine temporäre Aussetzung der EU-Mindeststeuerrichtlinie wäre nötig. Es wird zudem keine Bereinigung des deutschen und des europäischen Steuerrechts von übermäßig wirkenden Anti-Missbrauchsvorschriften angekündigt, obwohl dies aus der Sicht der international agierenden deutschen Unternehmen dringend erforderlich wäre.
Finanzielle Anreize für höheres Arbeitsvolumen
Wer das Rentenalter erreicht und weiterarbeitet, soll bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei verdienen können. Diese Maßnahme (sogenannte Aktivrente) ist geeignet, Arbeitnehmer zu motivieren, über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten. Die Steuerfreistellung von 24.000 Euro im Jahr (rund das Doppelte des steuerlichen Grundfreibetrags) könnte aber jüngerer Arbeitskräfte benachteiligen, die durch den demographischen Wandel und zusätzliche sozialpolitischen Maßnahmen, wie der Mütterrente, ohnehin mit steigenden Abgabenbelastungen auf ihr Erwerbseinkommen rechnen müssen. Im Wettbewerb um (ausländische) Fachkräfte könnte Deutschland so weiter an Attraktivität verlieren.
Wenn Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit zahlen, soll diese Prämie steuerlich begünstigt werden. Statt der Förderung einer Beschäftigtengruppe durch eine Teilzeitaufstockungsprämie sollte generell die Abgaben- und Steuerlast von Erwerbseinkommen verringert werden. Gute Betreuungsangebote können positive Anreize zur Erhöhung des Arbeitsvolumens schaffen, besonders für Frauen, die ganz überwiegend familiäre Pflege und Betreuung zu Lasten einer beruflichen Tätigkeit übernehmen. Die vorgeschlagene Prämie kann zudem zusätzliche Bürokratie verursachen.
Erhöhung Pendlerpauschale
Die Pendlerpauschale soll zum 1. Januar 2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer erhöht werden. Hierzu gibt es positive Bewertungen der Unternehmen, insbesondere in ländlichen Räumen, in denen viele Arbeitnehmer auch bei Entfernungen unter 20 Kilometer auf das Kraftfahrzeug angewiesen sind. Die Erhöhung erschwert allerdings die angekündigte Einführung einer Arbeitstagepauschale, mit der die bisherigen Elemente Entfernungspauschale, Pauschale für das häusliche Arbeitszimmer und die Home-Office-Pauschale ersetzt werden könnten.
Umsetzung des Verrechnungsmodells bei der Einfuhrumsatzsteuer
Um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten, soll das Erhebungsverfahren bei der Einfuhrumsatzsteuer auf ein Verrechnungsmodell umgestellt werden. Damit entfällt die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer an den Zoll und die spätere Erstattung als Vorsteuer durch die Finanzämter. Diese Maßnahme stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Standort Deutschland und erfüllt eine langjährige Forderung der IHK.
Reduktion Umsatzsteuer für Gastronomie
Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie wird zum 1. Januar 2026 dauerhaft auf sieben Prozent reduziert. Ausnahmen vom Regelsteuersatz für einzelne Branchen widersprechen grundsätzlich dem Bestreben nach einfachen Regelungen in der Umsatzsteuer. Abgrenzungen bergen Steuerrisiken; im Fall der Gastronomie könnten diese jedoch nur durch die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes an sich vermieden werden. Insoweit kann die Ausnahme mitgetragen werden. Die finanziellen Auswirkungen in Bezug auf die jährlichen Steuermindereinnahmen sind mit 3,5 Milliarden Euro allerdings erheblich.
Entlastung von Sachspenden an gemeinnützige Organisationen von Umsatzsteuer
Sachspenden an gemeinnützige Organisationen sollen weitgehend von der Mehrwertsteuer befreit werden. Bei der Beseitigung umsatzsteuerlicher Hürden (Stichwort: Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe) sollten mögliche Wettbewerbsverzerrungen zulasten anderer gewerblicher Unternehmen im Auge behalten werden. Zudem sollte sichergestellt werden, dass die Sachspenden ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige Zwecke verwendet werden dürfen.
Bekämpfung Steuerhinterziehung
Angekündigt werden Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und für einen wirksamen Steuervollzug. Das ist richtig, da durch illegale Praktiken Steuereinnahmen verloren gehen, die rechtstreue Steuerzahler ausgleichen müssen. Zudem sind steuerehrliche Unternehmen im Wettbewerb mit steuerhinterziehenden Unternehmen benachteiligt, da diese ihre Leistungen ohne die eigentlich zu zahlende Steuerlast, wie zum Beispiel Umsatzsteuer oder Ertragssteuern, anbieten. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung sollte gezielt und risikoorientiert erfolgen, um unnötige Bürokratie zu vermeiden.
Abschaffung Bonpflicht
Die Bonpflicht soll abgeschafft werden. Das ist sinnvoll, da sie hohe Kosten für Unternehmen verursacht. Kassenmanipulationen können auch ohne zwingenden Ausdruck von Belegen durch unangemeldete Kontrollen der Finanzämter verhindert werden.
Einführung Registrierkassenpflicht
Für Geschäfte mit einem jährlichen Umsatz von über 100.000 Euro soll ab dem 1. Januar 2027 eine Registrierkassenpflicht eingeführt werden. Die meisten dieser Unternehmen verwenden bereits eine elektronische Registrierkasse oder ein elektronisches Kassensystem, um eine regelkonforme Aufzeichnung der Umsätze sicherzustellen. Grundsätzlich belegen viele Unternehmen in Deutschland, dass auch oberhalb dieser Umsatzgrenze eine ordnungsgemäße Aufzeichnung der Umsätze mittels einer offenen Ladenkasse möglich ist. Insofern sollte vor der Einführung einer neuen Pflicht die dadurch entstehende Belastung der Unternehmen geprüft werden.
Evaluation „Kassengesetz“
Evaluiert werden soll das sogenannte „Kassengesetz“ mit den verschiedenen Instrumentarien (TSE-Pflicht, Belegausgabepflicht, Kassennachschau etc.). Dabei sollte eine ergebnisoffene Überprüfung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der bestehenden Maßnahmen erfolgen. Denn die flächendeckende Einführung der Maßnahmen führt zu einem erheblichen Kosten- und Bürokratieaufwand bei den Unternehmen. Zudem sollte die tatsächliche Wirksamkeit der Maßnahmen überprüft und geklärt werden, ob und in welchem Umfang durch diese Maßnahmen der Steuerbetrug verhindert werden konnte.
Erhöhung steuerliche Forschungsförderung
Die steuerliche Forschungszulage soll erhöht und vereinfacht werden. Das ist richtig, denn sie leistet einen wichtigen Beitrag für eine Ausweitung und Verstetigung der Innovationstätigkeit der Unternehmen. Eine höhere Forschungszulage hilft damit, den Standort Deutschland nachhaltig zu verbessern.
Ferner soll die Forschung von kleinteiliger Förderbürokratie entlastet werden. Auch das ist richtig. Angekündigt wird, Bereichsausnahmen für Forschung unter anderem im Umsatzsteuergesetz zu schaffen. Das soll auch für weitere Bereiche etwa im Vergaberecht geprüft werden. Diese Vorhaben können erst bewertet werden, wenn die Details vorliegen. Es ist aber in jeden Fall darauf zu achten, dass mit zusätzlichen Ausnahmen nicht die Komplexität des Steuersystems weiter erhöht und neue Bürokratie geschaffen wird.
Quelle: DIHK - Steuerliche Maßnahmen im zukünftigen Koalitionsvertrag
Stand: 22.04.2025