Niedersächsisches Quartiersgesetz (NQG)

In Niedersachsen ist Anfang Mai 2021 mit dem Niedersächsischen Quartiersgesetz (NQG) eine landesgesetzliche Regelung in Kraft getreten. Damit ist die rechtliche Grundlage geschaffen worden, um auf der Ortsebene - basierend auf einer kommunalen Satzung - Business Improvement Districts realisieren zu können.

Die Regelungen des Gesetzes stichwortartig im Überblick:
  • Zielsetzung des Gesetzes:
    Förderung der gemeinsamen, eigenverantwortlichen Durchführung von quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen durch private Initiativen (Quartiersgemeinschaften) zur Stärkung und Entwicklung städtebaulich bedeutsamer Bereiche.
  • Beispielhafter Katalog mit neun quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Quartiers und Stärkung seiner Funktionen:
    • Konzepte für die Entwicklung des Quartiers, Baumaßnahmen zur Verbesserung des öffentlichen Raums oder des Wohnumfeldes, Baumaßnahmen an oder in Gebäuden, Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz, Maßnahmen zur Verbesserung der Sauberkeit oder Sicherheit, Unterstützung bei der Bewirtschaftung von Grundstücken, Leerstandsmanagement, Einrichtung von Coworking-Räumen sowie Werbemaßnahmen, Marketing und Veranstaltungen.
  • Mögliche Gebietstypen für ein BID-Quartier, das auf schriftlichen Antrag einer Quartiersgemeinschaft von der zuständigen Gemeinde durch Satzung festgelegt werden kann:
    • Bereiche der Innenstadt, eines Ortszentrums, eines Stadtteilzentrums, eines Gewerbegebiets, ein Wohnquartier oder ein sonstiger für die städtebauliche Entwicklung bedeutsamer Bereich.
  • Voraussetzungen für eine Quartierssatzung:
    • Schriftlicher Antrag einer Quartiersgemeinschaft bzw. des von ihr mit der Durchführung der quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen beauftragten Aufgabenträgers auf Erlass einer Quartierssatzung mit entsprechenden erforderlichen und beurteilungsfähigen Unterlagen und Begründung für räumliche Abgrenzung, Zeitraum für Erhebung der Abgabe und Maßnahmen- und Finanzierungskonzept;
    • Beteiligungsquorum: Unterstützung des Antrags durch mindestens 15 Prozent der im vorgesehenen Quartier gelegenen Grundstücke und wenn Gesamtfläche dieser Grundstücke mindestens 15 Prozent der Gesamtgrundstücksfläche im Quartier beträgt;
    • Feststellung der Eignung zur Stärkung des Quartiers: räumliche Abgrenzung, Zeitraum für Erhebung der Abgabe, Maßnahmen- und Finanzierungskonzept für quartiersbezogene Aufwertungsmaßnahmen;
    • Übereinstimmung der quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen mit städtebaulichen Zielen der Gemeinde;
    • keine erhebliche Beeinträchtigung öffentlicher Belange durch die quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen;
    • Widerspruchsquorum: Weder ein Widerspruch gegen den Erlass der Satzung von mehr als 30 Prozent der Eigentümerinnen und Eigentümer der im vorgesehenen Quartier gelegenen Grundstücke noch der Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken, deren Gesamtfläche mehr als 30 Prozent der Gesamtgrundstücksfläche im Quartier beträgt;
    • Öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Quartiersgemeinschaft bzw. Aufgabenträger (muss zuverlässig sein) und Gemeinde zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Gesetz und zur Durchführung der in der Satzung enthaltenen quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen.
  • Verfahren nach Antragstellung:
    • Prüfung der Voraussetzungen und offensichtliche Beeinträchtigung öffentlicher Belange;
    • Anfertigung des Entwurfs einer Quartierssatzung durch die Gemeinde, schriftliche Information der Eigentümer der im vorgesehenen Quartier gelegenen Grundstücke über die Absicht und Möglichkeit zur Einsicht von Satzungsentwurf und Maßnahmen- und Finanzierungskonzept und Widerspruchsmöglichkeit innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung;
    • Gemeinde hat die Öffentlichkeit, Behörden und fachlich betroffene Träger öffentlicher Belange vor Beschluss der Satzung zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
  • Inhalt der Quartierssatzung:
    • Räumliche Abgrenzung des Quartiers;
    • Quartiersbezogene Aufwertungsmaßnahmen;
    • Durchführende(r) der Maßnahmen;
    • Zeitpunkt des Abschlusses der Maßnahmen;
    • Erhebung einer grundstücksbezogenen Abgabe auf Basis der Verfahrensvorschriften des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (maximal 15 Prozent des Einheitswertes des Grundstücks zum Zeitpunkt des Beschlusses der Satzung) zur Deckung der Kosten für Durchführung der quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen, für eine Finanzreserve und eine Kostenpauschale;
    • Zeitraum für Erhebung der Abgabe (maximal 5 Jahre);
    • Höhe der für die quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen erwarteten Kosten;
    • Höhe der Finanzreserve zur Deckung einer nicht vorhersehbaren Steigerung der Kosten für die Durchführung der Aufwertungsmaßnahmen und von Einnahmeausfällen;
    • Kostenpauschale zur Abdeckung der Verwaltungskosten der Gemeinde (maximal 3 Prozent der erwarteten Kosten für Durchführung der quartiersbezogenen Aufwertungsmaßnahmen);
    • Verteilungsmaßstab (zulässig: Einheitswert, Grundstücksfläche, Grundstückslänge an der Erschließungsanlage; Verbindung der Verteilungsmaßstäbe möglich) und Verteilungsschlüssel (Verhältnis der Maßstäbe zueinander bei Kombination mehrerer Verteilungsmaßstäbe);
    • Ausnahmen (Kann-Bestimmung):
    • Keine wirtschaftliche Nutzbarkeit
    • Nutzung ausschließlich für Zwecke des Gemeinbedarfs.
  • Abgabepflichtige, Abgabenerhebung:
    • Abgabepflichtige: Grundstückseigentümer(innen) und
    • Erbbauberechtigte; mehrere Beitragspflichtige haften als Gesamtschuldner;
    • Teileigentum: Beitragspflicht entsprechend dem Miteigentumsanteil;
    • Festsetzung der Abgabe für gesamten Erhebungszeitraum;
    • Fälligkeit der Abgabe in vierteljährlichen Raten;
    • Abgabe (und sich darauf beziehende Zinsen und Auslagen) ruht auf Grundstück und Erbbaurecht als öffentliche Last;
    • ganz oder teilweise Befreiung (Kann-Bestimmung):
      • „unverhältnismäßig“ (Nutzung, Zuschnitt des Grundstücks)
      • bei „unbilliger Härte“;
    • Finanzbehörden übermitteln der Gemeinde die für die Erhebung erforderlichen Daten (Anwendung § 31 Abs. 1 Abgabenordnung).
  • Mittelverwendung:
    • Gemeinde stellt der Quartiersgemeinschaft/dem Aufgabenträger das Aufkommen aus der Abgabe (abzgl. der Kostenpauschale) in vierteljährlichen Zahlungen (abzgl. des der Gemeinde pro Quartal zustehenden Anteils der Kostenpauschale) zur Verfügung (ausschließlich für die in der Satzung bestimmten quartiersbezogenen Maßnahmen);
    • nicht verwendete Mittel sind über die Gemeinde anteilig an die Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
  • Überprüfung der Verwendung der Mittel durch die Kommune:
    • Schriftlicher Nachweis der Mittelverwendung gegenüber der Gemeinde auf Verlangen, mindestens jährlich;
    • Gemeinde prüft, ob Quartiersgemeinschaft/Aufgabenträger den Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag nachkommt;
    • Gemeinde prüft ordnungs- und zweckgemäße Verwendung der Mittel auf Basis der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Führung eines durchschnittlichen Unternehmens;
    • Gemeinde kann jederzeit einen mündlichen oder schriftlichen Bericht anfordern und Unterlagen der Quartiersgemeinschaft/des Aufgabenträgers einsehen; weitergehende Prüfung auch unter Einbeziehung einer sachverständigen Person ist auf Kosten der Quartiersgemeinschaft/des Aufgabenträgers möglich.
Das Niedersächsische Gesetz zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen (Niedersächsisches Quartiersgesetz – NQG) ist am 28. April 2021 vom Niedersächsischen Landtag beschlossen worden, am 7. Mai 2021 im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl. Nr. 18/2021, S. 237-239) veröffentlicht worden und am 8. Mai 2021 in Kraft getreten.
Die IHK informiert über das Instrument BID und gibt beratende Hinweise bei konkreten Projekten.
Stand: 16.10.2023