EHI: Inventurdifferenzen – Handel erhöht Sicherheitsbudgets

Im Jahr 2024 ist das bereits bestehende hohe Niveau bei den Ladendiebstählen (Diebstähle durch Kundinnen und Kunden) noch einmal um knapp fünf Prozent angestiegen. Das ergab die aktuelle Studie des EHI Retail Institute „Inventurdifferenzen im deutschen Handel 2025“. „Trotz Warensicherung und Mitarbeiterschulungen wird im Handel gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Insbesondere der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl hat dem Einzelhandel in den letzten Jahren schmerzliche Verluste beschert“, erklärt Frank Horst, Autor der EHI-Studie „Inventurdifferenzen 2025“ und Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Inventurdifferenzen beim EHI.
Im Vergleich zu 2023 sind die Inventurverluste im zurückliegenden Jahr 2024 von 4,8 auf 4,95 Mrd. Euro gestiegen, was einer Zunahme von rund drei Prozent entspricht. Der darin enthaltene Ladendiebstahl hat sogar um knapp fünf Prozent zugenommen. Zugrunde gelegt ist eine branchengewichtete Hochrechnung auf Basis eines stationären, primär durch inflationsbedingte Preissteigerungen gestiegenen, Einzelhandelsumsatzes für den gesamten deutschen Einzelhandel (bewertet zu Verkaufspreisen) in Höhe von 495 Mrd. Euro. Mit 20 Milliarden Einkäufen habe die Frequenz wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht.
Die EHI-Studie ermittelt für 2024 bei den an der Studie teilnehmenden Unternehmen durchschnittliche Inventurdifferenzen – bewertet zu Einkaufspreisen in Relation zum Nettoumsatz – in Höhe von 0,64 Prozent (Vorjahr: 0,63 %). Zu Verkaufspreisen gerechnet, geht dem Einzelhandel in branchengewichteter Hochrechnung durchschnittlich rund 1 Prozent seines Bruttoumsatzes verloren.
Die Inventurdifferenzen setzen sich nach Expertenschätzungen aus Diebstahl durch die Kundschaft (2,95 Mrd. Euro; 60 %), Diebstahl durch Beschäftigte (890 Mio. Euro; 18 %), Diebstahl durch Servicekräfte und Liefernde (370 Mio. Euro; 7 %) sowie organisatorischen Mängeln wie eine falsche Preisauszeichnung, Erfassung- und Bewertungsfehler (rund 740 Mio. Euro; 15 %) zusammen. Der Verlustanteil durch Diebstahl von Kundschaft, Mitarbeitenden, Beschäftigte von Lieferanten und Servicepersonal legt auf insgesamt 4,2 Mrd. Euro zu (2023: 4,1 Mrd. Euro). Der resultierende volkswirtschaftliche Schaden durch entgangene Umsatzsteuer beträgt rund 570 Millionen Euro.
Ladendiebstähle werden immer häufiger organisiert begangen – entweder als beauftragte Einzeltäter oder in Gruppen mit gezielter Aufgabenverteilung. Laut der aktuellen Händlerbefragung geht rund ein Drittel, also fast 1 Mrd. Euro des Gesamtschadens auf das Konto solcher Tätergruppen. Im Vergleich zum letzten Jahr bedeutet das eine Erhöhung um 5 Prozent.
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik ist die Anzahl der polizeilich angezeigten Ladendiebstähle (einfacher und schwerer Diebstahl durch Kunden und Kundinnen während der Ladenöffnungszeiten; bei Diebstahl außerhalb der Ladenöffnungszeiten handelt es sich meist um Einbruchdiebstahl) im Jahr 2024 um knapp fünf Prozent auf insgesamt 404.907 Fälle (Vorjahr 426.096) gesunken.
Während der einfache Ladendiebstahl ebenfalls um knapp fünf Prozent zurückgegangen ist, ist der angezeigte schwere Ladendiebstahl (Info: Schwerer Diebstahl liegt z. B. dann vor, wenn er unter erschwerten Bedingungen erfolgt, also wenn das Diebesgut durch ein verschlossenes Behältnis wie eine Vitrine oder eine andere Schutzvorrichtung, z. B. eine Warensicherung, gegen Wegnahme besonders gesichert und nicht von geringem Wert ist.) um knapp sieben Prozent auf 25.595 Fälle gesunken. Die Zahl schwerer Ladendiebstähle hatte zuvor seit 2021 deutlich zugenommen und 2023 mit 27.452 angezeigten Fällen (+ 26,4 %) einen Höchststand erreicht. Bei 12 Prozent der Taten handelt es sich um Bandenkriminalität. Der Anteil der Mehrfachtäterinnen und -täter lag bei 62,7 Prozent, bei schwerem Diebstahl bei 84,1 Prozent.
98 Prozent aller Diebstahlfälle werden nicht erkannt und dementsprechend nicht angezeigt. Aus dem durchschnittlichen Schaden aller angezeigten Diebstähle und dem per Inventur festgestellten ergibt sich, dass jährlich etwa 24,5 Mio. Ladendiebstähle im Wert von jeweils 120 Euro unentdeckt bleiben. Der Handel gibt im Durchschnitt aller Branchen aktuell etwa 0,33 Prozent seines Umsatzes für Sicherheitsmaßnahmen aus. Darin enthalten sind externe Kosten für Artikelsicherungsmaßnahmen, Kameraüberwachung, Detektiveinsätze, Testkäufe und Schulungsmaßnahmen sowie sonstige Sicherheitsmaßnahmen, beispielsweise diebstahlhemmende Verkaufsträger oder Software-Analysetools zur Datenauswertung. Insgesamt gibt der Einzelhandel somit 1,6 Mrd. Euro aus, um Inventurdifferenzen zu reduzieren. Jeder vierte Händler hat angesichts der hohen Diebstahlzahlen sein Budget für Sicherungsmaßnamen erhöht. Berücksichtigt man zusätzlich alle internen Aktivitäten, die durch das Diebstahlrisiko verursacht werden – wie das Einrichten von Warensicherungen, Bestandskontrollen, Schulungen, Datenanalysen, Kameraüberwachung und Diebstahlsanzeigen –, ergeben sich bei konservativer Schätzung weitere Kosten in Höhe von 1,5 Mrd. Euro. Die Gesamtkosten belaufen sich somit auf 3,1 Mrd. Euro pro Jahr. Letztendlich bedeutet das, dass alle Verbraucher die Kosten für Diebstähle und deren Vermeidung (7,3 Mrd. Euro) mit rund 1,5 Prozent in den Verkaufspreisen bei jedem Einkauf mitbezahlen müssen.
Befragt nach den aktuell drei wichtigsten Projekten zur Reduzierung von Inventurdifferenzen, liegen im Ergebnis branchenübergreifend Personalschulungen (26,5 %), Kamera- und Videoeinsatz (10,9 %), Warensicherungssysteme (9,5 %), Detektei/Security/Doormen-Einsatz (9,0 %), Datenanalysen und Organisatorische Verbesserungen/Kontrollen (je 8,1 %) auf den ersten Plätzen.
Datenbasis
An der aktuellen Untersuchung „Inventurdifferenzen 2025“ des EHI Retail Institute e. V., Köln, beteiligten sich 98 Unternehmen bzw. Vertriebsschienen mit insgesamt 17.433 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von rund 94,3 Milliarden Euro erwirtschafteten. Die durchschnittliche Verkaufsfläche der beteiligten Geschäfte beträgt 1.310 Quadratmeter.
Die komplette Studie (PDF) ist für EHI-Mitglieder kostenlos. Preis für Nicht-Mitglieder: 465 Euro + 7 % USt. (brutto 497,55 Euro).
ISBN: 978-3-87257-620-0
Kontakt:
Frank Horst, Forschungsbereichsleiter Sicherheit und Inventurdifferenzen, Tel. 0221 579 93-53, horst@ehi.org
Ute Holtmann, Leiterin Public Relations, Tel. 0221 579 93-42, holtmann@ehi.org
Stand: 14.07.2025