Betriebliche Ausbildung stärken – Fachkräfte sichern
Im Jahr 2024 wurden laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bundesweit rund 487.000 duale Ausbildungsverträge neu abgeschlossen – ein leichter Rückgang von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dabei gab es beim Start ins neue Ausbildungsjahr deutlich mehr offene Stellen als unvermittelte Bewerberinnen und Bewerber. Weniger Azubis heute bedeuten aber fehlende Fachkräfte in den Unternehmen morgen. Die neue Bundesregierung sollte daher deutliche Akzente setzen, um die duale Ausbildung zu stärken und möglichst viele Potenziale zu entfalten.
Allianz für Aus- und Weiterbildung und Pakt für berufliche Schulen fortsetzen
Die bewährte „Allianz für Aus- und Weiterbildung“, in der sich Wirtschaftsverbände, Bundesregierung und Gewerkschaften für die duale Ausbildung stark machen, und der „Pakt für berufliche Schulen“ von Kultusministerkonferenz und Bundesbildungsministerium, sollten konsequent fortgeführt werden. Berufsschulen brauchen eine moderne Ausstattung, eine verlässliche Infrastruktur und ausreichend qualifizierte Lehrkräfte. Fördermittel aus dem Digitalpakt 2.0 und dem Startchancenprogramm müssen auch ihnen zugutekommen. Angesichts fehlender Bewerberinnen und Bewerber sowie zahlreicher unbesetzter Ausbildungsplätze ist es an der Zeit, die politischen Diskussionen über umlagefinanzierte Ausbildungsgarantien ein für alle Mal zu beenden. Stattdessen sollte die Ausbildungsreife junger Menschen systematisch gefördert werden.
Berufsorientierung verbessern und digitalisieren
Ermöglicht wird dies durch eine verpflichtende, praxisorientierte und ausgewogene Berufsorientierung in allen Schulen. Auch Gymnasien sollten verbindlich über die Perspektiven informieren, die eine duale Ausbildung mit anschließender Höherer Berufsbildung als gleichwertiger Bildungsweg zum Studium bietet. Zusätzlich zu betrieblichen Praktika und zur persönlichen Unterstützung durch Ausbildungs- und Berufsberatung oder Ausbildungsbotschafter/-innen können digitale Formate ein Weg sein, um die junge Zielgruppe zu erreichen. Diese gilt es auszubauen.
Gesellschaftsjahr als Brücke in Ausbildung nutzen
Ansatzpunkte böte auch das derzeit debattierte „Gesellschaftsjahr“, bei dem junge Menschen zum Dienst etwa in sozialen Einrichtungen, bei der Bundeswehr, im Zivilschutz, in Sport, Kultur oder bei Umweltschutzverbänden verpflichtet würden. Im Anschluss an die Berufsorientierung in den allgemeinbildenden Schulen könnte es eine Brücke in die Arbeitswelt bauen. Das Gesellschaftsjahr wäre eine Chance, Jugendlichen die Attraktivität einer dualen Ausbildung hautnah vermitteln, und sollte Module beinhalten, die später auf eine Ausbildung angerechnet werden können.
Jugendberufsagenturen bundesweit stärken
Viele junge Menschen brauchen beim Übergang von der Schule in die Ausbildung eine gute und kompetente Begleitung, um unrealistische Berufswünsche geradezurücken, den passenden Betrieb zu finden und Ausbildungsabbrüche zu verhindern. Diese Beratung sollte möglichst aus einer Hand und unter einem Dach erfolgen. Ein guter Weg wäre es, Jugendberufsagenturen unter bundesweiter Beteiligung der Industrie- und Handelskammern zu stärken und sie als präsente Marke und zentrale Anlaufstelle für junge Menschen mit Unterstützungsbedarf zu etablieren. Förderangebote wie Einstiegsqualifizierungen, Assistierte Ausbildung und ehrenamtliche Mentorenprogramme müssen noch bekannter gemacht, weiterentwickelt und nachhaltig gesichert werden. Wer ein Studium abgebrochen hat, sollte schnellstmöglich mit Ausbildungsbetrieben in Kontakt treten. Hierzu gilt es, vorhandene regionale Initiativen von Hochschulen, Kammern und Arbeitsagenturen noch besser miteinander zu vernetzen.
Gleichwertigkeit voranbringen – DBAD etablieren
Die internationale Mobilität von Auszubildenden ist wichtig, um gleichzeitig die Attraktivität der dualen Ausbildung und die Kompetenzen des Fachkräftenachwuchses zu erhöhen. Um sie zu verbessern, sollte ein „Deutscher Beruflicher Austauschdienst“ (DBAD) analog zum Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) etabliert und mit Bundesmitteln unterstützt werden. Zudem müssen vergünstigte ÖPNV-Tickets und bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende wie Studierende gleichermaßen verfügbar sein.
Nachqualifizierung ausbauen – Azubis aus dem Ausland gezielt anwerben
Für Menschen ohne Berufsabschluss sollten Nachqualifizierungen ausgebaut werden, insbesondere durch standardisierte Teilqualifikationen und die neue Möglichkeit der individuellen Feststellung beruflicher Fähigkeiten (Validierung). Angesichts der demografischen Entwicklung brauchen wir nicht nur mehr qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, sondern auch junge Menschen, die in unser Land kommen und hier eine duale Ausbildung absolvieren. Dafür müssen weltweit, gezielt und strukturiert Interessentinnen und Interessenten gewonnen und die Voraussetzungen für eine Qualifizierung in Deutschland geschaffen werden. Nur so ist es möglich, gezielt dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und gleichzeitig das Konzept der dualen Ausbildung zu stärken.
Kontakt:
Markus Kiss, DIHK Berlin, +49 30 20308 2516
Markus Kiss, DIHK Berlin, +49 30 20308 2516
Stand: 08.05.2025