Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte

Was ist der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte?

Der am 21. Dezember 2016 im Bundeskabinett verabschiedete  Nationale Aktionsplan für ‘Wirtschaft und Menschenrechte‘ (kurz: NAP) setzt die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte um. Ziel ist die Bündelung die Kräfte der verschiedenen Akteure aus Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften zur Verbesserung der menschenrechtliche Lage entlang der Liefer- und Wertschöpfungskette in Deutschland und weltweit. Geplant sind menschenrechtliche Sorgfaltspflichten bei der öffentlichen Auftragsvergabe, der Außenwirtschaftsförderung und der Subventionsvergabe. Darüber hinaus formuliert die Bundesregierung eine Erwartungshaltung an  Unternehmen zur Einführung von Prozessen menschenrechtlicher Sorgfalt.

Was beinhaltet der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte?

Der NAP beinhaltet folgende Aspekte:

1. Prozesse menschenrechtlicher Sorgfalt

  • Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte:
    Unternehmen sollen darin öffentlich zum Ausdruck bringen, dass sie ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte nachkommen.
  • Verfahren zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte:
    Unternehmen sollen Verfahren einrichten, die dazu dienen, potenziell nachteilige Auswirkungen unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte z.B. im eigenen Betrieb oder in der Lieferkette zu ermitteln, zu verhüten oder zu mindern. Die Tiefe und Breite der Risikoprüfung hängt von der Größe des Unternehmens, der Branchenzugehörigkeit und der Art der Geschäftstätigkeit ab.
  • Maßnahmen zur Abwendung negativer Auswirkungen und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen:
    z. B. spezialisierte Schulungen bestimmter Beschäftigter im Unternehmen oder bei Lieferanten, Veränderungen in der Lieferkette oder Beitritt zu Brancheninitiativen.
  • Berichterstattung
    Unternehmen sollen Informationen bereithalten und ggf. extern kommunizieren, um darzulegen, dass sie die tatsächlichen und potentiellen Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte kennen und diesen in angemessener Weise begegnen. Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit ein besonders hohes Risiko negativer Auswirkungen birgt, sollen regelmäßig öffentlich berichten. Dabei sollen die Berichtspflichten nicht zu unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die KMU in Lieferketten oder berichtspflichtigen Gesellschaften führen.
  • Beschwerdemechanismus:
    Zur frühzeitigen Identifikation von nachteiligen Auswirkungen sollten Unternehmen entweder selbst Beschwerdeverfahren einrichten oder sich aktiv an externen Verfahren beteiligen. Letztere können beispielsweise auf Verbandsebene eingerichtet werden.

2. Zwingende menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung im Nexus Staat-Wirtschaft

Zwingende Vorgaben zur Durchführung von Prozessen menschenrechtlicher Sorgfalt sollen in den Bereichen der öffentlichen Auftragsvergabe, der Subventionen und der Außenwirtschaftsförderung kommen.
  • Öffentliche Beschaffung
    Die Bundesregierung nimmt sich vor zu prüfen, inwieweit bei einer zukünftigen Überarbeitung der Vergaberichtlinien verbindliche Mindestanforderungen im Bereich Menschenrechte im Vergaberecht festgeschrieben werden können. Sie wird einen Stufenplan erarbeiten, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
  • Subventionen
    Die Bundesregierung wird prüfen, inwieweit die in den subventionspolitischen Leitlinien angelegte Nachhaltigkeitsprüfung mit den Anforderungen der UN-Leitprinzipien übereinstimmt und wie Unternehmen, die signifikante Subventionen erhalten, künftig dazu verpflichtet werden können, die Elemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht anzuwenden.
  • Außenwirtschaftsförderung
    Die Prüfverfahren von Anträgen auf Übernahme von Exportkreditversicherungen, Direktinvestitionen im Ausland und ungebundenen Finanzkrediten werden im Hinblick auf die Einhaltung menschenrechtlicher Belange weiter intensiviert


3. Branchenbündnisse

Besonders relevante Risikobranchen und -regionen in Lieferketten sollen in einer Studie identifiziert werden. Auf dieser Grundlage sollen dann gemeinsam mit den jeweiligen Wirtschaftsverbänden und entsprechender Multi-Stakeholder-Foren branchenspezifische Handlungsanleitungen und Beispiele guter Praxis erarbeitet werden. Das "Bündnis für nachhaltige Textilien" soll als Vorbild für die Erarbeitung von Sorgfaltsanforderungen auch in anderen Branchen genutzt werden.

4. Zugang zu Abhilfe sowie Weiteres

Um potentiell Betroffenen einen verständlichen Überblick über Rechtsschutzmöglichkeiten zu geben, wird eine mehrsprachige Informationsbroschüre "Zugang zu Recht und Gerichten für Betroffene in Deutschland" erarbeitet.  Als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus soll die im BMWi angesiedelte Nationale Kontaktstelle (NKS) zur Umsetzung der OECD-Leitsätze gestärkt werden.

Sind alle Unternehmen vom NAP betroffen?

Im Prinzip richtet sich die Erwartunghaltung der Bundesregierung an alle Unternehmen, auch KMU. Jedoch soll die Einführung von Prozessen menschenrechtlicher Sorgfalt in einer der Größe, Branche und Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette angemessenen Weise erfolgen. Die Ausgestaltung und Umsetzung der Sorgfaltspflicht sollte in bestehende Unternehmensprozesse integrierbar sein und keine unverhältnismäßigen bürokratischen Belastungen verursachen.
Ziel ist es, dass mindestens 50% aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten im Inland bis 2020 diese Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Wird dieses Ziel nicht erreicht, will die Bundesregierung weitergehende Schritte bis hin zu gesetzlichen Maßnahmen prüfen. Ähnlich wie bei der CSR-Berichtspflicht ist davon auszugehen, dass kleine und mittlere Unternehmen über ihre Lieferantenbeziehungen zu großen Unternehmen betroffen sein werden.

Wie wird die Umsetzung des NAP überprüft?

Die Bundesregierung erwartet, dass alle Unternehmen die fünf im NAP dargelegten Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt umsetzen. Inwiefern dies der Fall ist, soll mit einem Monitoring überprüft werden, dessen Zielgruppe jedoch nur Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sein werden. Das Monitoring läuft in drei Phasen ab. 2018 sind 30 Unternehmen
unterschiedlicher Größe und Sektoren befragt worden. Im Mai 2019 und Anfang 2020 werden repräsentative Umfragen durchgeführt und jeweils 1800 Unternehmen kontaktiert werden. Nur das Ergebnis 2020 wird für den weiteren Entscheidungsprozess der Bundesregierung über weitere Maßnahmen ausschlaggebend sein.

Beinhaltet der NAP neue Klagemöglichkeiten und Rechtsmittel gegen Unternehmen?

Der NAP sieht keine Erweiterung der Klagemöglichkeiten gegen deutsche Unternehmen vor. Die bestehenden Regelungen zur Sanktionierung von Unternehmen für strafrechtlich relevantes Verhalten sollen aber, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, ausgebaut werden. Im Zuge der Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/943 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen soll evtl. der Whistleblower-Schutz im deutschen Recht weiter ausgebaut werden. Als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus soll die im BMWi angesiedelte Nationale Kontaktstelle (NKS) zur Umsetzung der OECD-Leitsätze gestärkt werden. Zusätzlich will die Bundesregierung die Einführung einer Gewährleistungsmarke in das deutsche Recht prüfen, mit der unter anderem die Einhaltung bestimmter menschenrechtlicher Standards in Lieferketten zertifiziert werden könnte.

Werden die Unternehmen bei der Implementierung der Anforderungen des NAP von der Bundesregierung unterstützt?

Maßnahmen zur Unterstützung enthält der NAP nur sehr begrenzt. In der neu geschaffenen Agentur Wirtschaft und Entwicklung des BMZ ist ein Helpdesk für Wirtschaft und Menschenrechte eingerichtet worden, welcher die Erst- und Verweisberatung sowie die Sensibilisierung übernimmt und den Unternehmen als erste Anlaufstelle dient. Auf der Website der Agentur können Sie mit dem Online-Tool CSR Risiko-Check schnell valide Informationen zu potenziellen CSR-Risiken entlang Ihrer Lieferkette erhalten. Zudem bietet der KMU-Kompass kleinen und mittleren Unternehmen Unterstützung, Sorgfaltsprozesse Schritt für Schritt zu implementieren.
Die Website http://www.csr-in-deutschland.de wird zum zentralen Informationsportal zum Thema Unternehmensverantwortung weiterentwickelt.

Wie wird die Umsetzung des NAP überprüft?

Die Bundesregierung (BReg) erwartet, dass alle Unternehmen die fünf im NAP
dargelegten Kernelemente menschenrechtlicher Sorgfalt umsetzen. Inwiefern dies der Fall
ist, soll mit dem Monitoring überprüft werden, dessen Zielgruppe jedoch nur Unternehmen
mit mehr als 500 Mitarbeitern sein werden. Das Monitoring läuft in drei Phasen ab. 2018 sind 30 Unternehmen
unterschiedlicher Größe und Sektoren befragt worden. Im Mai 2019 und Anfang 2020
werden repräsentative Umfragen durchgeführt und jeweils 1800 Unternehmen kontaktiert
werden. Nur das Ergebnis 2020 wird für den weiteren Entscheidungsprozess der BReg
ausschlaggebend sein.

Welche Unterstützungsangebote gibt es vom Netzwerk der Deutschen Industrie- und Handelskammern?

Das Netzwerk der IHKs und AHKs bietet bereits diverse Leistungen im Kontext der unternehmerischen Verantwortung/Corporate Social Responsibility (CSR) an. Hierzu gehören Informationsveranstaltungen, Schulungen und individuelle Beratungen zu potenziellen Risiken im Ausland.
Wenn Sie mehr zu diesen Angeboten wissen möchten oder  Fragen zu potenziellen Risiken in Ihrem Auslandsgeschäft haben, sprechen Sie uns gerne an!