Personaleinstellung

Tarifverträge

1. Allgemeines

Wer zum ersten Mal einen Arbeitnehmer einstellt, steht vor der wichtigen Gehaltsfrage. Eine Übersicht über die durchschnittlichen Verdienste für die einzelnen Branchen ist aber nur schwer zu erhalten.
Tarifgehälter können ein Anhaltspunkt sein. Beachten Sie jedoch, dass Tarifverträge nicht in allen Branchen existieren und dass bestehende Tarifverträge nur unter bestimmten Voraussetzungen auf Arbeitsverhältnisse anzuwenden sind.
Zwar gilt der Tarifvertrag grundsätzlich nur zwischen den Tarifparteien (Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften), jedoch können Sie auch als nicht im Verband organisierter Arbeitgeber faktisch von der Wirkung eines Tarifvertrages betroffen sein. Dieser Artikel soll Ihnen einen Überblick geben und Ihnen bei der Beschaffung weiterer Informationen helfen.

2. Geltungsbereich eines Tarifvertrages

Tarifverträge gelten für ein Arbeitsverhältnis, wenn
  • im Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag verwiesen wird,
  • der Arbeitgeber als Mitglied des Arbeitgeberverbandes und Arbeitnehmer als Gewerkschaftsmitglied tarifgebunden sind oder
  • ein Tarifvertrag durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales für allgemein verbindlich erklärt wurde.
Der Geltungsbereich eines Tarifvertrages wird in
  • räumlicher,
  • betrieblich-fachlicher,
  • persönlicher,
  • zeitlicher,
Hinsicht festgelegt.
Der Tarifvertrag bestimmt das geographische Gebiet, in dem er gelten soll. Durch die Festlegung des betrieblich-fachlichen Geltungsbereichs wird abgegrenzt, welche Wirtschaftsbereiche (z.B. Druckindustrie oder Groß- und Außenhandel) vom Tarifvertrag erfasst werden sollen. Schließlich muss der Tarifvertrag den persönlichen Geltungsbereich bestimmen, d.h. er muss die Arbeitnehmer, für die er gelten soll nach persönlichen Merkmalen eingrenzen (zum Beispiel: Art der Tätigkeit, Umfang der Beschäftigung (Teilzeitarbeit) und die sozialversicherungsrechtliche Einordnung als Angestellte/r, Arbeiter/in oder Auszubildende/r).
Allgemeinverbindliche Tarifverträge
Ein Tarifvertrag kann vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit oder von der jeweiligen obersten Landesbehörde eines Bundeslandes für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dann gilt der Tarifvertrag für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die in dem Geltungsbereich des Tarifvertrages unterfallenden Wirtschaftszweigen tätig sind, unabhängig davon, ob sie Mitglied des Verbandes sind, der den Tarifvertrag geschlossen hat. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die durch die Tarifvertragsparteien beantragt werden kann, ist jedoch sehr selten.
Geltung des Tarifvertrages für Nichtverbandsmitglieder durch Einzelvertrag
In einzelnen Arbeitsverträgen kann Bezug auf einen gültigen Tarifvertrag genommen werden. Der Inhalt des Einzelvertrages entspricht dann dem Tarifvertrag. Ferner kann die Anwendung von tarifvertraglichen Regelungen betriebsüblich werden. D.h., bei längerer Bezugnahme auf einen Tarifvertrag oder bestimmte Regelungen aus diesem Tarifvertrag, wie beispielsweise das Arbeitsentgelt, kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, die Vergütung zukünftig weiter entsprechend dem Tarifvertrag zu zahlen.
Dauer des Tarifvertrages
In dem Tarifvertrag wird der Zeitpunkt seines Inkrafttretens bestimmt. Er endet üblicherweise durch Kündigung. Möglich ist ebenfalls ein einverständliches Aufheben des Vertrages durch die Parteien oder eine Beendigung durch Fristablauf.
Endet der Tarifvertrag, gelten seine normativen Regelungen für die Arbeitsverhältnisse weiter, die während seiner Laufzeit bestanden haben (oder neu begründet worden sind), bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Ein solche Abmachung kann ein neuer Tarifvertrag sein. Wird der ursprüngliche Tarifvertrag nicht unmittelbar durch einen neuen abgelöst, ist eine Neuregelung der Arbeitsverhältnisse durch Einzelvertrag oder eine Betriebsvereinbarung möglich. Letztere können schlechtere Arbeitsbedingungen als der ursprüngliche Tarifvertrag vorsehen, denn nach seiner Beendigung gilt das Günstigkeitsprinzip nicht mehr.

3. Informationen über Tarifverträge

Wichtig! Wir können Ihnen bedauerlicherweise keine Auskunft darüber geben, welcher Tarifvertrag für Ihre Branche gilt bzw. welche Regelungen der Tarifvertrag enthält. Kenntnis über die Tarifverträge haben die Tarifvertragsparteien, in Ihrem Fall also Ihr Arbeitgeberverband. Wir haben keine Möglichkeit, Tarifverträge einzusehen oder zu bestellen. Lediglich die aktuellen tariflichen Ausbildungsvergütungen können wir Ihnen zur Verfügung stellen.
Die für Norddeutschland und für die Bundesrepublik Deutschland wichtigen Tarifverträge können beim Landesarbeitsgericht und Arbeitsgericht Hamburg persönlich eingesehen werden. Telefonische oder schriftliche Auskünfte werden nicht erteilt. Um die entsprechenden Tarifverträge zu finden, ist es notwendig, seine Branchenzugehörigkeit zu kennen.
Landesarbeitsgericht und Arbeitsgericht Hamburg 
Bibliothek und Dokumentationsstelle 
Osterbekstraße 96 
22083 Hamburg
Mo. bis Do. von 8.30 Uhr bis 15 Uhr,
Fr. 8.30 Uhr bis 14 Uhr
Tipp: Eine Übersicht über die tariflichen Grundvergütungen in rund 160 Berufen und Tätigkeiten steht jetzt auf der Website der Hans-Böckler-Stiftung zur Verfügung. Die Tabelle enthält Beispiele aus 40 Wirtschaftszweigen und Tarifbereichen. Weitere Informationen zu Tarifverträgen bietet Ihnen das Tarifregister NRW.  Zu den Tarifabschlüssen erhalten Sie Informationen bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

4. Information für Verbandsmitglieder

Sofern Sie Mitglied in einem Arbeitgeberverband sind, erhalten Sie dort die wichtigsten Informationen über den für Sie konkret gültigen Tarifvertrag. Die Arbeitergeberverbände bieten zudem eine individuelle Beratung bei der häufig schwierigen Auslegung der einzelnen Tarifnormen an. Nähere Informationen zu den Vorteilen einer Verbandsmitgliedschaft erhalten Sie von dem für Ihre Branche zuständigen Fachverband oder allgemein von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein e.V. (UVNord), Haus der Wirtschaft, Kapstadtring 10, 22297 Hamburg, Tel.: 040-63 78-51 00.

5. Informationen für Nicht-Verbandsmitglieder

Für Sie gilt grundsätzlich kein Tarifvertrag, es sei denn, der in ihrem Bereich gültige Tarifvertrag wurde für allgemeinverbindlich erklärt oder Sie verweisen in Ihren Arbeitsverträgen auf den maßgeblichen Tarifvertrag.
Um Informationen über den Tarifvertrag zu erhalten, muss zunächst der „richtige” Tarifvertrag gefunden werden. Dies richtet sich grundsätzlich nach dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags. Allgemeinverbindliche Tarifverträge müssen von den Tarifvertragsparteien zum Selbstkostenpreis abgegeben werden (§ 9 der Durchführungsverordnung zum Tarifvertragsgesetz)

6. Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Die Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales enthält ein Verzeichnis der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge. Alle Tarifverträge , nicht nur die allgemeinverbindlichen, werden beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales registriert. Das Tarifregister kann persönlich eingesehen werden:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Wilhelmstr. 49, 10117 Berlin.
Daneben unterhlt das Bundesministerium das Tarifregister des Bundes, in dem alle Tarifverträge eingetragen sind. Das Tarifregister kann nach vorheriger Terminvereinbarung persönlich eingesehen werden. Auf Anfrage erteilt das Ministerium Auskunft über die Eintragungen.
Einige Arbeitgeberverbände lassen ihre Tarifverträge verlegen, so dass sie gegen Entgelt von dem jeweiligen Verlag erworben werden können. Auskünfte hierzu erhalten Sie beim zuständigen Verband.
Weitere Informationen erhalten Sie unter www.bmas.de.

7. Tarifparteien

Typischerweise werden Tarifverträge zwischen Gewerkschaften oder auch deren Spitzenorganisationen und Arbeitgebervereinigungen bzw. deren Spitzenorganisationen geschlossen. Ausnahmsweise können einzelne Arbeitgeber Vertragspartei sein.

8. Inhalt eines Tarifvertrages

Ein Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien. Dazu zählen insbesondere Bestimmungen zum Inhalt, Abschluss und zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sowie betriebsverfassungsrechtliche Fragen. Der Tarifvertrag beinhaltet zwei Komponenten:
  • Der normative Teil regelt arbeitsvertragliche (z.B. Lohn- und Gehalt), betriebliche (z.B. Rauchverbot), betriebsverfassungsrechtliche (z.B. Erweiterung der betrieblichen Mitbestimmung) sowie wirtschaftliche Fragen (beispielsweise die Regelung, dass bestimmte Rationalisierungsmaßnahmen nur mit Zustimmung des Betriebsrates durchgeführt werden können)
  • Der schuldrechtliche Teil beinhaltet Rechte und Pflichten der beiden Tarifvertragsparteien beispielsweise ihre Durchführungs- und Friedenspflicht, also die Pflicht, den Tarifvertrag auch wirklich durchzuführen und während der Vertragsdauer Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel der Änderung der tariflichen Regelungen zu unterlassen. (Im Rahmen ihrer Einwirkungspflichten sind die Tarifvertragsparteien verpflichtet, die Mitglieder von Kampfaktionen abzuhalten.)
Wichtig! Von den Tarifbestimmungen darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmer abgewichen werden. Nur für Arbeitnehmer günstigere Bedingungen sind zulässig (sog. Günstigkeitsprinzip).

9. Tarifvertragsarten

Die im Folgenden dargestellten Tarifvertragsarten (bis auf den Firmentarifvertrag) können wegen ihres unterschiedlichen Regelungsgehaltes grundsätzlich nebeneinander bestehen. Nicht möglich ist dagegen, dass für einen Betrieb beispielsweise zwei Lohn- und Gehaltstarifverträge bestehen.
  • Lohn- und Gehaltstarifverträge
    In Lohn- bzw. Gehaltstarifverträgen wird die Höhe des Arbeitsentgeltes für Zeit- und Akkordlohn festgelegt. Die Laufzeit eines Lohn- und Gehaltstarifvertrages beträgt typischerweise ein Jahr.
  • Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge
    In der Regel werden die verschiedenen Lohn- und Gehaltsgruppen, die für die Tätigkeit des Arbeitnehmers gelten, in sogenannten Rahmentarifverträgen geregelt. Sie enthalten insbesondere die Beschreibung von Tätigkeits- und Qualifikationsmerkmalen für die einzelnen Lohn- und Gehaltsgruppen und die Kriterien der jeweiligen Einstufung. Rahmentarifverträge werden üblicherweise für eine Zeit von drei Jahren geschlossen.
  • Manteltarifverträge
    Manteltarifverträge enthalten Bestimmungen über sonstige Arbeitsbedingungen, wie Arbeitszeit, Zuschläge für Mehr-, Nacht- und Schichtarbeit, Urlaub, Kündigungsvoraussetzungen und Kündigungsfristen. Die Laufzeit von Manteltarifverträgen beträgt  etwa drei Jahre.
  • Firmentarifverträge
    Bei Firmentarifverträgen wird der Tarifvertrag von einem einzelnen Arbeitgeber, der nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist, mit einer Gewerkschaft geschlossen. Dieser Tarifvertrag ist räumlich auf das Unternehmen des vertragsschließenden Arbeitgebers beschränkt.
  • Sonstige Tarifverträge
    Es gibt Tarifverträge, die sich nicht in die oben genannten Kategorien einordnen lassen. Diese können beispielsweise Regelungen über gemeinsame Einrichtungen wie Urlaubskassen und Lohnausgleichskassen enthalten, die u.a. ein zusätzliches Urlaubsgeld, Alters- und Invalidenhilfe und auch Arbeitslosengeld auszahlen. Weiterhin gibt es Tarifverträge über Schlichtungsabkommen und vermögenswirksame Leistungen.

10. Bekanntgabe des Tarifvertrages

Sie sind als Arbeitgeber verpflichtet, den Tarifvertrag bzw. mehrere Tarifverträge in ihrem Betrieb auszulegen, wenn ein Tarifvertrag für ihren Betrieb maßgebend ist. Dies ist der Fall, wenn
  • Sie Mitglied in einem Arbeitgeberverband sind und auch nur ein Arbeitnehmer Mitglied in der entsprechenden vertragsschließenden Gewerkschaft ist,
  • Sie kein Mitglied sind, aber in ihren Arbeitsverträgen Bezug auf einen Tarifvertrag nehmen,
  • der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde oder
  • wenn innerhalb des für Sie maßgebenden Tarifvertrages auf einen weiteren Tarifvertrag verwiesen wird (in diesem Fall sind beide Tarifverträge maßgeblich und somit auszulegen).
Beratungsangebote durch Arbeitgeberverbände
In arbeitsrechtlichen Fragen gibt es eine gesetzlich vorgegebene Arbeitsteilung zwischen unserer Handelskammer und den Arbeitgeberverbänden. Wir können Ihnen allgemeine Fragestellungen summarisch beantworten. Sobald Sie jedoch verbindliche Auskünfte oder prozessuale Unterstützung benötigen, sollten Sie die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband in Erwägung ziehen. Unabhängig von konkreten Fragestellungen kann Ihnen die Einbindung in einen Arbeitgeberverband hilfreiche Informationsvorteile bieten.
Darüber hinaus können Sie sich auch an eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt wenden. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer hat einen kostenlosen Anwalt-Suchdienst eingerichtet und benennt Ihnen bis zu drei Anwälte mit dem gewünschten Interessenschwerpunkt (Tel.: 3574410, Montag bis Freitag von 09:30 Uhr bis 14 Uhr).
Hinweis: Diese Informationen sollen Ihnen nur erste Hinweise geben und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurden, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.