Steuerinfo Mai 2022

Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Hamburgischen Kultur- und Tourismustaxe und anderen sog. Bettensteuern

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Hamburgische Kultur- und Tourismustaxe (HmbKTTG) mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dies in seinem Beschluss vom 22. März 2022 (Aktenzeichen - 1 BvR 2868/15 und andere) deutlich gemacht und vier Verfassungsbeschwerden von Hotelbetreibern aus Hamburg, aber auch aus Bremen und Freiburg bzgl. der dort einschlägigen „Bettensteuern“ zurückgewiesen. Bemerkenswert ist dabei die Entscheidung des BVerfG, dass die Normgeber eines Übernachtungssteuergesetzes von Verfassungswegen nicht gezwungen seien, von einer Besteuerung beruflich veranlasster Übernachtungen abzusehen, wie es insbesondere in Hamburg der Fall ist.
Seit dem Jahr 2005 haben zahlreiche Städte und Gemeinden die sogenannte Bettensteuer auf Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben eingeführt. Die Höhe der Steuer bemisst sich nach dem Übernachtungspreis wird in der überwiegenden Anzahl der Fälle vom Übernachtungsgast erhoben, sobald sich dieser für eine Buchung in einem Beherbergungsbetrieb entscheidet. Der Beherbergungsbetrieb ist Steuerschuldner und führt die Steuern an das Finanzamt ab. In Hamburg wird die Kultur- und Tourismustaxe seit 2013 erhoben.
Ein großer Streitpunkt, über den das BVerfG zu entscheiden hatte, war die Frage nach der Kompetenz der Länder zur Einführung einer solchen Steuer. Insbesondere dürfe die Kultur- und Tourismustaxe nicht mit bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig ein. Hier sah das BVerfG im Ergebnis jedoch kein Problem. Es handele sich bei der Kultur- und Tourismustaxe zwar um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Absatz 2 a Grundgesetz (GG). Eine Vergleichbarkeit, insbesondere mit der Umsatzsteuer, sei jedoch nicht gegeben.
Soweit in den Verfahren eine Beeinträchtigung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG) oder des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG) gerügt wurde, wies das BVerfG die Verfassungsbeschwerden insoweit als unzulässig zurück.
Laut dem BVerfG sei die Steuer auch materiell verfassungsgemäß. Insbesondere der mit der Besteuerung einhergehende Eingriff in Art. 2 Absatz 1 GG sei gerechtfertigt, da die Ausgestaltung der Steuerregelungen die Beschwerdeführerinnen nicht unverhältnismäßig belaste.
Die Ausnahmen von der Besteuerung für beruflich veranlasste Übernachtungen seien mit dem Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) vereinbar. Es liege weder ein Verstoß gegen eine gerechte Lastenverteilung vor, noch liege in der Privilegierung beruflich bedingter Übernachtungen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Auch ein strukturelles Erhebungs- und Vollzugsdefizit verneinte das BVerfG.
Auch ein Eingriff in die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Vorschriften über die Kultur- und Tourismustaxe zielten weder unmittelbar auf die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerinnen ab, noch hätten diese für Beherbergungsbetriebe eine objektiv berufsregelnde Tendenz. Zwar liege durch die Auferlegung administrativer Lasten eine eingriffsgleiche Belastung vor. Den Beschwerdeführerinnen sei es jedoch zuzumuten bei der Vereinnahmung und Abführung der Steuer mitzuwirken.
Den Beschluss vom 22. März 2022 können Sie im Volltext von der Website des Bundesverfassungsgerichts abrufen.

Digi-AfA auch für Bilanzierende

BMF stellt klar: auch bilanzierende Unternehmen können losgelöst von der Handelsbilanz Digi-AfA nutzen
Damit können im Ergebnis die meisten Investitionen in Computerhardware und Software steuerlich sofort abgeschrieben werden.
Mit Schreiben vom 26. April 2022 hat das BMF auf Fragen der Spitzenverbände der Wirtschaft zur Anwendung der einjährigen Nutzungsdauer von Computerhard- und Software geantwortet.
Am 26. Februar 2021 hatte das BMF erstmals zur Möglichkeit der einjährigen Nutzungsdauer von Computerhardware und Software Stellung genommen. Damit sollte der diesbezügliche Beschluss der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vom 19. Januar 2021 umgesetzt werden. Ein neues Schreiben des BMF vom 22. Februar 2022 hat aufgekommene Fragen aufgegriffen. Hierzu hatten die Spitzenverbände eine Eingabe an das BMF gerichtet, auf die das BMF nun mit Schreiben vom 26. April 2022 geantwortet hat.
Im Ergebnis soll zwischen wirtschaftlicher und technischer Nutzungsdauer unterschieden werden und damit eine Abweichung zur Handelsbilanz gerechtfertigt sein. Nach der Rechtsauffassung des BMF können daher bei den im BMF-Schreiben vom 22. Februar 2022 definierten Wirtschaftsgütern auch Bilanzierende von der Möglichkeit einer verkürzten Abschreibungsdauer profitieren.

Sachverständige wollen dauerhafte Homeoffice-Pauschale

Corona-Steuerhilfe-Gesetz im Finanzausschuss beraten
Am 9. Mai 2022 gaben die Sachverständigen ihre Empfehlungen zum 4. Corona-Steuerhilfegesetz gegenüber dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages ab. Auch die IHK-Organisation hatte zu dem Gesetzentwurf eine Stellungnahme abgegeben und sprach sich insbesondere für eine verbesserte Verlustverrechnung aus.
Gegenstand des Gesetzentwurfs ist u.a. eine Verlängerung der sog. Homeoffice-Pauschale bis Ende 2022. Einige der geladenen Sachverständigen sprachen sich für eine dauerhafte Einführung dieser Pauschale aus, da auch in Zukunft viele Erwerbstätige teilweise im Homeoffice arbeiten würden.
Auch wurde diskutiert, die Verlustverrechnung dauerhaft zu verbessern. Die im Gesetz vorgesehene Verlängerung des Verlustrücktrags von einem auf zwei Jahre hilft vielen Unternehmen angesichts der schon seit 2020 andauernden Krisen nichts bzw. nicht viel. Die IHK-Organisation schlug ebenfalls vor, die vorgesehene degressive Abschreibung nicht nur bis Ende 2022 zu verlängern, sondern dauerhaft einzuführen.
Die zweite und dritte Lesung des Deutschen Bundestages ist für den 20. Mai 2022 geplant, die zweite Beratung im Bundesrat für den 10. Juni 2022.

Umsatzsteuer bei Telekommunikationsleistungen durch Vermieter / WEG

Sind Vermieter beziehungsweise Wohnungseigentümergemeinschaften Steuerschuldner?
Wer schuldet die Umsatzsteuer, wenn Vermieter bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften Telekommunikationsdienstleistungen wie Internet- und / oder TV-Anschlüsse beziehen und diese an ihre Mieter beziehungsweise die Wohnungseigentümer weitergeben? Seit 2021 bestand hierzu Unsicherheit. Das Bundesfinanzministerium hat nunmehr seine Auffassung veröffentlicht.
Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter, die Telekommunikationsdienstleistungen an die einzelnen Wohnungseigentümer beziehungsweise Mieter weitergeben, werden danach regelmäßig nicht zum Steuerschuldner.
Mit Wirkung ab 1. Januar 2021 wurde für im Inland ausgeführte Telekommunikationsdienstleistungen die sogenannte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers eingeführt (vgl. § 13 b Abs. 2 Nr. 12, Abs. 5 Satz 6 Umsatzsteuergesetz (UStG)). Der Leistungsempfänger schuldet die Umsatzsteuer aber nur, wenn er mehr als die Hälfte der von ihm bezogenen Leistungen selbst weiterveräußert und insoweit als sogenannter Wiederverkäufer eingestuft wird (vgl. Abschnitt 13 b.7 b Abs. 2 Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE)).
Das Bundesfinanzministerium (BMF) stellt mit Schreiben vom 2. Mai 2022 nun klar, dass Vermieter im Rahmen ihrer Vermietungstätigkeiten und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) umsatzsteuerlich gerade nicht als Wiederverkäufer anzusehen sind, wenn sie Telekommunikationsdienstleistungen beziehen und diese an ihre Mieter bzw. die Wohnungseigentümer weitergeben. Diese Aussage dürfte sich auf Sachverhalte beziehen, in denen das umsatzsteuerliche Unternehmen ausschließlich Grundstücksvermietungen erbringt.
Bezogen auf Vermietungsumsätze muss es sich bei den an die Mieter weitergereichten Telekommunikationsdienstleistungen um Nebenleistungen zur Vermietungsleistung handeln. In Abschnitt 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE stellt das BMF dazu fest, dass die Bereitstellung eines Internet- und / oder TV-Anschlusses in der Regel als Nebenleistung zur Grundstücksleistung anzusehen ist. Zudem wird in dem BMF-Schreiben die Bereitstellung von Internet- und / oder TV-Anschluss an einen Unternehmer ausdrücklich als eine sonstige Leistung auf dem Gebiet der Telekommunikation eingeordnet.
Die Grundsätze des Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Allerdings beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn die Beteiligten für Leistungen, die vor dem 1. Juli 2022 ausgeführt werden, übereinstimmend vom Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ausgegangen sind.
Den Text des Schreibens vom 2. Mai 2022 finden Sie hier.

Ukraine Krieg: Staatliche Beihilfen zur Unterstützung von deutschen Unternehmen

EU-Kommission genehmigt Rahmenregelung zur Krisenunterstützung
Am 4. Mai 2022 hat die EU-Kommission einen Krisenrahmen mit einem Budget von circa 11 Milliarden Euro genehmigt. Mit diesem Geld möchte Deutschland Unternehmen aller Wirtschaftszweige unterstützen, die von den Auswirkungen des russischen Angriffs negativ betroffen sind. Von Russland kontrollierte Unternehmen, die mit Sanktionen belegt wurden, haben keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung.
Die EU-Kommission hatte sich zum Ziel gesetzt, die jeweiligen nationalen Unterstützungsmaßnahmen zeitnah zu bewerten und dabei in jedem Einzelfall faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu wahren. Am 23. März 2022 hatte sie ihren Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen erlassen und dadurch eine beträchtliche Störung des Wirtschaftslebens in der gesamten EU festgestellt.
Ziel des deutschen Krisenrahmens ist es, bedürftigen Unternehmen ausreichend Liquidität zur Verfügung zu stellen. Auf seiner Grundlage – und in seinen Grenzen – können nun Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden Kreditbürgschaften und zinsvergünstigte Darlehen gewähren, ohne mit den Artikeln 107 und 108 des Unionsvertrages (AEUV) in Konflikt zu geraten. Anträge auf Unterstützung können alle Unternehmen mit Ausnahme von Kredit- und Finanzinstituten stellen. Die Unternehmen können neue Darlehen aufnehmen, die durch eine staatliche Bürgschaft von bis zu 90 Prozent des Darlehensbetrags besichert werden („Garantieregelung“). Alternativ, und zwar wenn Verluste zunächst zu Lasten des Staates und erst danach zu Lasten der Kreditinstitute gehen, beträgt die Besicherung 35 Prozent der Darlehenssumme. Im Rahmen der „Regelung für zinsvergünstigte Darlehen“ erhalten Beihilfeempfänger Darlehen zu ermäßigten Zinssätzen, um Betriebsmittel zu erwerben oder andere Investitionen zu tätigen.
Der maximale Darlehensbetrag je Empfänger beträgt – für beide Beihilfealternativen – entweder 15 Prozent des durchschnittlichen jährlichen Gesamtumsatzes in einem bestimmten Zeitraum oder 50 Prozent der während eines (im Vorhinein festgelegten) Zwölfmonatszeitraums angefallenen Energiekosten. In Ausnahmefällen kann der Darlehensbetrag erhöht werden. Die Laufzeit der Beihilfen (Bürgschaften wie Darlehen) ist auf maximal acht Jahre begrenzt. Über ihre Gewährung ist bis zum 31. Dezember 2022 zu entscheiden. Schon vor Ablauf dieser Frist wird die EU-Kommission prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist. Außerdem wird sie den Befristeten Rahmen hinsichtlich der Entwicklungen auf den Energiemärkten sowie der allgemeinen Wirtschaftslage fortlaufend überprüfen.
Zu den EU-Förderinstrumenten gehören:
  • Liquiditätshilfen in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen, wie oben beschrieben
  • Beihilfen in begrenzter Höhe für Unternehmen der Wirtschaftszweige Landwirtschaft, Fischerei oder Aquakultur (bis zu 35.000 Euro) und für Unternehmen anderer Wirtschaftszweige (bis zu 400.000 Euro)
  • Beihilfen zur Entschädigung für vorübergehend erhöhte Energiepreise: Diese Beihilfen sollen insbesondere energieintensive Unternehmen von einem Teil der Mehrkosten entlasten, die ihnen aufgrund der außergewöhnlich hohen Gas- und Strompreise entstehen. Die Gesamtbeihilfe je Empfänger darf sich zu keinem Zeitpunkt auf mehr als 30 Prozent der beihilfefähigen Kosten oder mehr als 2 Millionen Euro belaufen. Wenn dem Unternehmen Betriebsverluste entstehen, können jedoch weitere Beihilfen erforderlich sein, damit der Beihilfeempfänger die betreffende wirtschaftliche Tätigkeit aufrechterhalten kann. Mit diesem Argument können Mitgliedstaaten Beihilfen von bis zu 25 Millionen Euro oder - bei Unternehmen aus besonders betroffenen (Teil-)Sektoren – bis zu 50 Millionen Euro gewähren.
Details zu den Bedingungen für die Gewährung von Beihilfen nach dem Befristete EU-Krisenrahmen:
Verhältnismäßigkeit: Zur Vermeidung übermäßiger Wettbewerbsverzerrung muss jeder Beihilfebetrag in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit des beantragenden Unternehmens stehen.
Beispiel für das Kriterium der „Beihilfefähigkeit“: „Energieintensive Betriebe“ sind Unternehmen, deren Energiebeschaffungskosten sich auf mindestens 3 Prozent ihres Produktionswertes belaufen.
Nachhaltigkeitskriterien: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Anforderungen an den Umweltschutz oder die Versorgungssicherheit festzulegen, wenn sie Beihilfen zur Entschädigung für vorübergehend erhöhte Energiepreise gewähren.

Endredaktion: Jan Meister