RECHT UND STEUERN

A1 Nr. 218

A 1 Nr. 218 Kündigung des Hauptvertrages. Erlöschen, Verwirkung der Schiedsabrede?
Die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung ist unabhängig davon, ob der Hauptvertrag zustandegekommen, nichtig, durch Rücktritt aufgehoben, gekündigt oder geändert worden ist.
Das Recht, ein vereinbartes Schiedsgericht anzurufen, kann allenfalls in Ausnahmefällen verwirkt werden.
OLG Hamburg Beschl.v. 21.12.2012 – 6 Sch 19/12 SchiedsVZ 2013, 180 = RKS A 1 Nr. 218
Aus den Gründen:
Ohne Erfolg bezieht sich die Antragsgegnerin auf den Beschluss des OLG München vom 4.9.2006 – 34 SchH 006/06 (BeckRS 2006, 10841 = RKS A 1 Nr. 144) [1]. Das OLG München stellt in dem Beschluss klar, dass die Schiedsklausel deshalb nicht greife, weil der Schiedsvertrag lediglich für Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Hauptvertrag („VGA-Vertrag“) gelte. Um solche Ansprüche ging es bei den dort streitgegenständlichen Ansprüchen aber nicht.
Die Antragsgegnerin hat ihr im Kooperationsvertrag vereinbartes Recht, im Streitfall ein Schiedsgericht nach der DIS-Schiedsgerichtsordnung anzurufen, nicht verwirkt. Die Grundsätze der Verwirkung gelten zwar auch im Prozessrecht einschließlich des Anspruchs auf gerichtliche Klärung (BGH NJW 2011, 1833 Tz. 21 ff; Palandt/Grüneberg BGB 72. Aufl. § 242 Rd-Nr. 89). Es bestehen aber Zweifel, ob das auch die Entscheidung betreffen kann, ob ein Schiedsgericht oder die staatlichen Gerichte zuständig sind. Unabhängig davon fehlt es jedenfalls an dem für eine Verwirkung erforderlichen Zeitmoment. Eine Verwirkung ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte durch Mahnung, Widerspruch oder in sonstiger Weise zu erkennen gegeben hat, dass er auf seinem Recht beharrt (Palandt/Grüneberg aaO. § 242 Rd-Nr. 94). So liegen die Dinge hier. Die Antragsgegnerin ist zwischen der Kündigung vom 29.12.2010 und der Einreichung der Schiedsklage vom 12.9.2012 nicht untätig geblieben, sondern hat ausweislich der Anwaltsschriftsätze vom 7.7.2011,10.8.2011 und 17.7.2012 mit der Antragstellerin verhandelt.
2.8.2013
[1] Leitsatz: Wird ein einer Schiedsklausel unterliegender Vertrag von einer Partei gekündigt, und schließen die Parteien anschließend einen neuen Vertrag mit demselben Inhalt, so gilt die Schiedsklausel des früheren nicht ohne weiteres für den neuen Vertrag. Die Fortsetzung der vertraglichen Zusammenarbeit macht die Kündigung nicht ohne weiteres wegen Widerspruchs zu eigenem früheren Verhalten (§ 242 BGB) unwirksam.
Die Schiedsklausel gilt insbesondere dann nicht für den neuen Vertrag, wenn daran eine dritte Partei beteiligt ist. Siehe RKS A 4 a Nr. 144.