Recht und Steuern

A3 Nr. 27

A 3 Nr. 27
§ 1058 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO - „Berichtigung“ oder Auslegung eines nicht eindeutigen Schiedsspruch-Tenors
Das Schiedsgericht kann den nach Ansicht des Vollstreckungsgerichts nicht eindeutigen und deshalb nicht vollstreckbaren Tenor eines Schiedsspruchs im Verfahren der Berichtigung gem. § 1058 Abs. 1 Zi. 1 ZPO derart klarstellen, daß eine Vollstreckung möglich sein dürfte.
OLG Frankfurt Beschl.v. 17.5.2005 - 2 Sch 2/03; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2005, 311 = RKS A 3 Nr. 27
Aus dem Sachverhalt:
Das Schiedsgericht hatte in seinem Schiedsspruch vom 6.6.2003 wie folgt erkannt:
Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, den von der Schiedsklägerin mit notarieller Urkunde des Notars R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteil an der P.GmbH, eingetragen im Handelsregister des AG H. unter Nr. HRB ...., Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von. 141.014 Euro nebst Zinsen in Höhe von 12% p.a. seit dem 23.12.2000 mit notarieller Urkunde zurückzuerwerben.
Nachdem dieser Schiedsspruch vom erkennenden Senat mit Beschluß vom 12.2.2004 für vorläufig vollstreckbar erklärt worden war, hat die Schiedskl. mehrere vorläufige Zahlungsverbote gegen den Schiedsbekl. erwirken wollen. Das Amtsgericht in E. hat mit Beschluß vom 11.10.2003 u.a. das Zahlungsverbot der Kl. gegenüber der R-Bank vom 15.9.2003 aufgehoben. Der sofortigen Beschwerde der Schiedskl. vom 20.10.2003 hat das LG Nürnberg-Fürth mit Beschl. vom 3.11.2003 nicht abgeholfen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil nach seiner Auffassung die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorgelegen haben.
Auf Antrag der Schiedskl., den Schiedsspruch im Tenor zu berichtigen, hat das Schiedsgericht mit Beschl..v. 9.3.2004 wie folgt erkannt:
Der in der vorbezeichneten Sache ergangene Schiedsspruch vom 6.6.2003 wird im Tenor berichtigt und wie folgt neu gefaßt:
Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 141 014 Euro nebst Zinsen in Höhe von 12 % p.a. seit dem 23.12.2000 Zug um Zug gegen Rückerwerb der von der Schiedsklägerin mit notarieller Urkunde des Notars R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteile der P.GmbH, eingetragen im Handelsregister H. unter Nummer HRB .... [zu leisten].
Mit Schriftsatz vom 15.3.2004 hat die Schiedskl. beantragt, den Berichtigungsbeschluß vom 9.3.2004 in Verbindung mit dem Schiedsspruch vom 6.6.2003 für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Der Schiedsbekl. hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und den Berichtigungsbeschluß vom 9.3.2004 aufzuheben, weil er gegen den ordre public verstoße.
Aus den Gründen:
Der Antrag der Schiedsbekl., den Berichtigungsbeschluß vom 9.3.2004 für vorläufig vollstreckbar zu erklären, ist zulässig und begründet (§ 1060 Abs. 1 ZPO). Mit zutreffender Begründung hat das Schiedsgericht den Tenor des Schiedsspruchs vom 6.6.2003 mit Beschl.v. 9.3.2004 neu gefaßt und berichtigt. Es war hierzu gem. § 1058 Abs. 4 auch ohne Antrag berechtigt. Aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des ursprünglichen Schiedsspruchs vom 6.6.2003 ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß der Schiedsbekl. gegen Zahlung von 141.014 Euro Zug um Zug den mit notarieller Urkunde des Notars R. vom 15.12.2000 erworbenen Teilgeschäftsanteil an der P.GmbH zurückzuerwerben habe. Nachdem
OLG Frankfurt 17.5.2005 RKS A 3 Nr. 27 S. 2
rechtskräftig durch den Beschluß des LG Nürnberg vom 3.11.2003 die Beschwerden der Schiedskl. als unbegründet rechtskräftig zurückgewiesen waren, blieb der Schiedskl. keine andere Wahl, als beim Schiedsgericht einen Berichtigungsbeschluß zu erwirken.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der ursprüngliche Tenor des Schiedsspruchs vom 6.6.2003 so aufzufassen war, wie ihn das AG in E. im Beschl.v. 11.10.2003 sowie das LG Nürnberg im Beschl.v. 3.11.2003 verstanden hat. Jedenfalls ist auf Grund des Berichtigungsbeschlusses nunmehr klargestellt, daß das erkennende Schiedsgericht bereits im ursprünglichen Schiedsspruch vom 6.6.2003 die nunmehr im Tenor des Beschl.v. 9.3.2004 genannte Entscheidung hat treffen wollen. Ein Widerspruch hierzu ergibt sich weder aus dem kurzen Tatbestand noch aus den Entscheidungsgründen des ursprünglichen Schiedsspruchs vom 6.6.2003. Vielmehr liegt eine Klarstellung durch den Berichtigungsbeschluß vom 9.3.2004 vor. Die Bestimmung des § 1058 Abs. 1 Zi. 1 ZPO stellt klar, daß auch Schiedssprüche berichtigt werden können. Der Gesetzestext des § 1058 Abs. 1 Zi. 1 ZPO entspricht im wesentlichen dem Text des § 319 Abs. 1 ZPO. Vorliegend lag ein „Fehler ähnlicher Art“ wie ein Schreibfehler (§ Abs. 1 Zi. 1 ZPO) vor. Zwar war der Tenor der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 6.6.2003 nicht unrichtig, doch war er nach Ansicht des LG Nürnberg nicht eindeutig. Gerade für solche Fälle sieht aber § 1058 Abs. 1 Zi. 1 ZPO (so auch § 319 Abs. 1 ZPO) eine Berichtigung vor, um zu vermeiden, daß die Parteien einen weiteren Rechtsstreit führen müssen. Der Senat sieht deshalb vorliegend entgegen der Ansicht des Schiedsbeklagten die Voraussetzungen des § 1058 Abs. 1 Zi. 1 ZPO als gegeben an. Das Schiedsgericht hatte erkennbar in seinem Beschluß vom 9.3.2004 den Tenor sprachlich so neu gefaßt, daß damit den Bedenken des AG E. und des LG N. in den o.g. Beschlüssen nunmehr Rechnung getragen wird. Beide Gerichte hatten einen Zahlungsanspruch in Höhe von 141 014 Euro für nicht vollstreckbar gehalten. Durch die nunmehrige Klarstellung des Schiedsgerichts mit seinem Berichtigungsbeschluß vom 9.3.2004 dürfte eine Vollstreckung möglich sein. Einen Widerspruch zwischen Tenor und Entscheidungsgründen vermag der Senat nicht zu sehen.
Der Senat ist ferner der Überzeugung, daß der Berichtigungsbeschluß des Schiedsgerichts auch nicht gegen den ordre public (§ 1059 Abs. 2 Zi. 2 b ZPO) verstößt. Der Senat ist, soweit er eventuelle Verstöße eines Schiedsgerichts gegen den ordre public zu überprüfen hat, vollkommen frei (BGH 12.5.1958 VII ZR 436/56 BGHZ 27, 249 [254]). Allerdings ist ein solcher Verstoß vorliegend nicht erkennbar. Im übrigen müßte er sogar eine Fehlentscheidung des Schiedsgerichts hinnehmen (BGH 15.7.1999 - III ZB 21/98 MDR 1999, 1281 = RKS A 4a Nr. 43), wofür hier gleichfalls keine Gründe ersichtlich sind. Der Berichtigungsbeschluß des Schiedsgerichts vom 9.3.2004 verstößt weder gegen fundamentale Normen noch gegen elementare Gerechtigkeitsprinzipien (Geimer in Zöller ZPO 23. Aufl. 2002 § 1059 Anm. 55, 56).
Soweit der Bekl. im Berichtigungsbeschluß einen Verstoß gegen die sog. Dispositionsmaxime der Parteien sieht (§§ 308 Abs. 1, 528 ZPO), vermag dies der erkennende Senat aus dem sehr kurzen Tatbestand des Schiedsspruchs vom 6.6.2003 so nicht zu erkennen. Hinzu kommt, daß die Schiedskl. mit Schriftsatz vom 28.4.2004 vorgetragen hat, daß Gegenstand des Schiedsverfahrens primär die Forderung der Schiedskl. auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 141 041 Euro nebst Zinsen gewesen sei.
Dem hat der Schiedsbekl. jedoch nicht widersprochen. Hinzu kommt, daß diese Behauptung des Schiedsbekl. auch der Begründung im Berichtigungsbeschluß des Schiedsgerichts widerspricht. An die Feststellungen des Schiedsgerichts ist der Senat jedoch gebunden.
OLG Frankfurt 17.5.2005 RKS A 3 Nr. 27 S. 3
Soweit der Schiedsbekl. der Ansicht ist, durch den Berichtigungsbeschluß sei ihm das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verwehrt worden, ist ein solcher Verstoß vorliegend deshalb nicht gegeben, weil das Schiedsgericht seine Berichtigung auch ohne Antrag vornehmen durfte (§ 1058 Abs. 4 ZPO) und vorliegend auch vorgenommen hat. Einer vorherigen Anhörung des Schiedsbekl. bedurfte es deshalb nicht.
Nachdem keinerlei Gründe erkennbar sind, weshalb der Berichtigungsbeschluß vom 9.3.2004 gegen den ordre public verstoßen sollte (§ 1059 Abs. 2 Zi. 2b ZPO), war der Beschluß für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 1060 Abs. 1 ZPO) und der Antrag des Schiedsbekl. auf Aufhebung zurückzuweisen.