Recht und Steuern

A3 Nr. 37

A 3 Nr. 37
Das völlige Übergehen eines Beweisantrags kann gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Das Schiedsgericht braucht jedoch einem Beweisantrag nicht nachzukommen, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung nicht entscheidungsrelevant ist. Diese Beurteilung obliegt dem Schiedsgericht. Sie kann vom staatlichen Gericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden.
Zu prüfen ist im Rahmen des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO nur, ob das Verfahren des Schiedsgerichts zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung widerspricht. Zu messen ist dies in erster Linie an Art. 103 Abs. 1 GG. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs besagt, dass niemand in seinen Rechten durch gerichtliche Maßnahmen betroffen werden darf, ohne vorher Gelegenheit zur Äußerung gehabt zu haben. Er erschöpft sich nicht darin, den Parteien Gelegenheit zu geben, alles ihnen erforderlich Erscheinende vorzutragen. Sie müssen auch zu allen Tatsachen und Beweismitteln Stellung nehmen können, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen gedenkt. Art. 103 Abs. 1 GG begründet aber weder eine allgemeine Aufklärungs- und Fragepflicht des Gerichts noch einen allgemeinen Anspruch der Parteien auf ein Rechtsgespräch. Die für staatliche Gerichte maßgebenden Grundsätze gelten entsprechend für Schiedsgerichte, jedenfalls wenn die Parteien ein Verfahren nach den Regeln des deutschen staatlichen Gerichts vereinbart haben.
OLG München Beschl.v. 12.4.2011 – 34 Sch 28/10; SchiedsVZ 2011, 230 = RKS A 3 Nr. 37
Aus den Gründen:
Im völligen Übergehen eines Beweisantrags kann ein Verstoß gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs liegen. Das Schiedsgericht braucht jedoch einem Beweisantrag nicht nachzukommen, wenn die Behauptung keine Entscheidungsrelevanz hat. Diese Beurteilung obliegt dem Schiedsgericht. Sie kann vom staatlichen Gericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden (Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1042 Rn. 11 a). Dabei braucht sich das Schiedsgericht in seiner Begründung aber nicht mit jedem Punkt des Parteivortrags zu befassen. Auszugehen ist immer von der rechtlichen Beurteilung durch das Schiedsgericht.
Hier hat der Schiedsrichter zunächst „Zweifel“ an der Schlüssigkeit des Vortrags der Beklagten hinsichtlich Grund und Höhe [der geltend gemachten Minderung des Werklohnanspruchs] geäußert. Bloße Zweifel an der Schlüssigkeit schließen eine Beweisaufnahme nicht aus. Das Gericht muss hierüber zu einer eindeutigen Entscheidung gelangen. Soweit der Schiedsrichter weiter die Schlüssigkeit deswegen verneinen möchte, weil ein Anspruch auf Minderung Abnahme [der vertragsgegenständlichen Trockenbauarbeiten] voraussetzt, die Bekl. aber selbst vortrage, dass eine Abnahme nicht vorliege, setzt sich der Schiedsrichter freilich zu seiner eigenen Argumentation in Widerspruch, dass die Antragsgegnerin selbst von einer Abnahme ausgehe, gerade weil die Minderung nur unter den Voraussetzungen des § 13 Nr. 6 VOB/B möglich sei. Die materielle Richtigkeit und Widerspruchsfreiheit kann im Vollstreckbarerklärungsverfahren aber grundsätzlich nicht geprüft werden (wird ausgeführt).
Das staatliche Gericht kann kann auch nicht nachprüfen, ob der Schiedsrichter an den Vortrag, aus dem sich die Höhe der Minderung ergeben soll, zu hohe Anforderungen gestellt hat. Anders wäre es nur im Fall von Willkür; hierfür gibt es aber keine Anhaltspunkte (wird ausgeführt).
Als Versagung des rechtlichen Gehörs sieht es die Antragsgegnerin auch an, dass der Schiedsrichter auf den Gesichtspunkt der Unschlüssigkeit oder Unsubstantiiertheit ihres Vortrags erstmalig im Schiedsspruch eingegangen sei. Die Antragstellerin trägt hierzu vor, dass das Schiedsgericht in der mündlichen Verhandlung auch Fragen der Substantiierung/Schlüssigkeit diskutiert habe und die Antragsgegnerin auf die Voraussetzungen der Minderung gem. § 13 Nr. 6 VOB/B hingewiesen worden sei, hiermit habe sich die vortragsbelastete Antragsgegnerin nicht auseinandergesetzt. Davon unabhängig liegt aber eine Verletzung der Aufklärungspflicht, die zu einer teilweisen Aufhebung des Schiedsspruchs führen könnte, nicht vor. Zu prüfen ist nämlich  im Rahmen des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO nur, ob das Verfahren des Schiedsgerichts zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung widerspricht. Zu messen ist dies in erster Linie an Art. 103 Abs. 1 GG. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs besagt, dass niemand in seinen Rechten durch gerichtliche Maßnahmen betroffen werden darf, ohne vorher Gelegenheit zur Äußerung gehabt zu haben. Er erschöpft sich nicht darin, den Parteien Gelegenheit zu geben, alles ihnen erforderlich Erscheinende vorzutragen. Sie müssen auch zu allen Tatsachen und Beweismitteln Stellung nehmen können, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen gedenkt. Art. 103 Abs. 1 GG begründet aber weder eine allgemeine Aufklärungs- und Fragepflicht des Gerichts noch einen allgemeinen Anspruch der Parteien auf ein Rechtsgespräch. Die für staatliche Gerichte maßgebenden Grundsätze gelten entsprechend für Schiedsgerichte (zusammenfassend: Zöller/Geimer § 1042 Rn. 5). Dabei ist die Gestaltung des Verfahrens, soweit die Parteien eine abweichende Vereinbarung nicht getroffen haben, grundsätzlich dem freien Ermessen des Schiedsgerichts überlassen. Davon geht  auch § 13 Abs.9 SchGO Bau aus. Das Schiedsgericht muss daher § 139 ZPO nur beachten, soweit sich der Anspruch auf rechtliches Gehör mit ihrem Anwendungsbereich im Einzelfall deckt, etwa wenn es von einer vorher mitgeteilten Rechtsansicht stillschweigend abweicht und die Parteien dadurch am Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln gehindert werden (BGH 11.11.1982 Z 85, 288 = RKS A 3 Nr. 9). Eine Hinweispflicht entsprechend § 139 ZPO wird überwiegend nur angenommen, wenn die Parteien eigens  ein Verfahren nach den Regeln des deutschen staatlichen Gerichts vereinbart haben (Musielak/Voit § 1042 Rn. 13 m.w.N.). Eine Überraschungsentscheidung liegt ebenfalls nicht vor; denn der Schiedsrichter ist nicht von einer vorher mitgeteilten Rechtsansicht abgewichen (vgl. auch Senat v. 29.10.2009 – 34 Sch 015/09).