Recht und Steuern

A3 Nr. 35

A 3 Nr. 35
Voraussetzung für die Beendigung des Schiedsrichteramtes ist, dass der Schiedsrichter das Verfahren ungebührlich verzögert hat. Ob der Schiedsrichter seinen Aufgaben binnen angemessener Zeit nachkommt, ist nach der Zumutbarkeit weiteren Abwartens für die Parteien zu beurteilen. Es stehen aber nur offensichtlicher Mißbrauch und Ausreißer einer Zumutbarkeit weiteren Abwartens entgegen. Der Anwendungsbereich der gerichtlichen Entscheidung ist daher auf Ausnahmefälle beschränkt. In Korrelation zu setzen sind auch die gesamte Verfahrensdauer und die Schwierigkeit des Falles mit einer während des Verfahrens aufgetretenen Verzögerung.
Eine Frist für den Antrag auf Beendigung des Schiedsrichteramtes ist nicht vorgesehen, ein Zeitpunkt für deren Beginn selten fixierbar. Ein zu lange verzögerter Antrag kann aber unbegründet werden, wenn der Hinderungsgrund oder die Pflichtvergessenheit inzwischen behoben ist.
Für die Leitung der Tätigkeit eines von ihm beauftragten Sachverständigen hat das Schiedsgericht einen erheblichen Beurteilungsspielraum namentlich dazu, wann, in welcher Form und mit welchen Massnahmen der Sachverständige zur Erstellung des Gutachtens anzuhalten ist.
OLG München Beschl.v. 17.12.2010 – 34 SchH 06/10; SchiedsVZ 2011, 107 = RKS A 3 Nr. 35
Aus den Gründen:
Die Frage, ob der Schiedsrichter seinen Aufgaben binnen angemessener Zeit nachkommt, ist nach der Zumutbarkeit weiteren Abwartens zu beurteilen. Das Schiedsgerichtsverfahren soll den Parteien dienen. Wird es derart verzögert, dass ihnen Nachteile entstehen, die bei der Verhandlung vor den staatlichen Gerichten fehlen würden, greift § 1038 Abs. 1 ZPO ein (OLG Düsseldorf 8.7.2008 4 Sch 4/08 zitiert nach juris; Schwab/Walter, Schiedsgerichts-barkeit 7. Aufl. Kap. 10 Rdnr. 32). Es stehen aber nur offensichtlicher Missbrauch und Ausreißer einer Zumutbarkeit weiteen Abwartens entgegen (OLG Düsseldorf aaO.). Allerdings verbinden die Parteien mit der Vereinbarung eines Schiedsgerichts meist die Erwartung eines zügigeren Prozessierens als beim staatlichen Gericht. Andererseits können beim Verfahren vor dem staatlichen Gericht mehrere Instanzen mit der Sache befasst sein (OLG Düsseldorf aaO.); MünchKomm/Münch ZPO 3. Aufl. § 38 Rdnr. 19). Entsprechend stehen im Schiedsverfahren grundsätzlich auch keine Korrekturmöglichkeiten durch eine höhere Instanz zur Verfügung. Staatlichen Gerichten wird aber durch § 1038 Abs.1 ZPO nicht die Möglichkeit eröffnet, den Struktur- und Zeitplan eines Schiedsgerichts mit eigenen Vorstellungen auszufüllen. Der Anwendungsbereich der gerichtlichen Entscheidung ist deshalb auf Ausnahmefälle beschränkt (Lachmann Handbuch  für die Schiedsgerichtspraxis 3.Aufl. Rdnr. 1128).
Eine Frist zur Stellung des Antrags ist nicht vorgesehen. Es ist auch selten möglich, einen genauen Zeitpunkt für den Fristbeginn zu fixieren. Wird aber mit dem Antrag zu lange zugewartet, so kann er unbegründet werden, wenn der Hinderungsgrund oder die Pflichtvergessenheit inzwischen behoben ist, der Schiedsrichter also wieder ordentlich gearbeitet hat (Schlosser in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 1038 Rdnr. 5; Lachmann Rdnr. 1135).
In Korrelation zu setzen ist auch die gesamte Verfahrensdauer und die Schwierigkeit des Falles mit einer während des Verfahrens aufgetretenen Verzögerung.
Das bisherige Procedere enthält bis zum November 2009 (Ablauf einer Frist zur Stellungnahme) keine größeren, durch bloßes Nichthandeln des Schiedsrichters verursachten Unterbrechungen oder Stillstände. Für die Leitung der Sachverständigentätigkeit gemäß der insoweit (mit-)vereinbarten Bestimmung des § 404a ZPO hat das (Schieds-)Gericht einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum, namentlich dazu, wann, in welcher Form und mit welchen Maßnahmen der Sachverständige zur Erstellung des Gutachtens anzuhalten ist. Eine Bewertung, ob die jeweils ergriffenen schiedsrichterlichen Maßnahmen zur Beschleunigung geeignet und ausreichend waren, kann an dieser Stelle vom staatlichen Gericht nicht getroffen werden. Dabei wird die erhebliche Zeitdauer für die Gutachtenerstellung vom Mai 2003 bis Januar 2008 zwar nicht außer Betracht gelassen; es sind aber auch die (objektiven) Verzögerungen zu berücksichtigen, die aus der Sphäre der Parteien stammen, insbesondere auf Schiedsklägerseite die lange Dauer  für eine Stellungnahme zu einer Excel-Tabelle der Gegenseite (November 2004 bis Juni 2006) und auf Schiedsbeklagtenseite der Umstand, dass erst am 13.6.2007 eine Besichtigung der Kanzleiräume stattfinden konnte. Die Schiedsklägerin hat in dieser Phase auch keinen Anlass gesehen, die Beendigung des Schiedsrichteramtes anzutragen, sondern hat jeweils Stellungnahmen abgegeben, Anträge gestellt und sich am Verfahren beteiligt, auch selbst – wie genannt – erhebliche Fristverlängerungen erwirkt.
Eine größere – und durchaus deutliche – aus den objektiven Verfahrensumständen nicht erklärbare – Lücke in der schiedsrichterlichen Bearbeitung hat sich schwerpunktmäßig in der ersten Hälfte des Jahres 2010 ergeben. Soweit der Schiedsrichter nunmehr –nach Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 1038 ZPO – Anstalten zur Fortsetzung des Schiedsverfahrens getroffen und eine Entscheidung angekündigt hat, ist zwar die Ernsthaftigkeit dieser Ankündigung zu prüfen. Allein die Behauptung des Schiedsrichters, Verzögerungen seien künftig ausgeschlossen, sind im Regelfall unerheblich (z.B. Musielak/Voit ZPO 7. Aufl. § 1038 Rdnr. 6). Indessen hat der Schiedsrichter einen konkreten und nachvollziehbaren, in der Kanzleiumstrukturierung liegenden Grund für das zeitweilige Nichtbetreiben genannt, der bei Übernahme des Amtes so noch nicht absehbar war. Der in Frage stehende Zeitraum ist in Relation zu setzen zu den in der Vergangenheit aufgetretenen, teils auch von den Parteien und jedenfalls nicht vom Schiedsrichter verursachten Verzögerungen. Unter diesem Blickwinkel erscheint die angemessene Frist, die § 1038 Abs. 1 ZPO zum Maßstab nimmt, noch nicht überschritten. Der Umstand, dass der Schiedsrichter zuletzt dem Verfahren wiederum keinen Fortgang im Hinblick auf das anhängige Verfahren nach § 1038 ZPO gegeben hat, lässt der Senat – weil nach den Umständen wegen des hier nicht absehbaren Ausgangs des staatlichen Verfahrens vertretbar – unberücksichtigt, weist allerdings darauf hin, dass das Schiedsgericht von Rechts wegen entsprechend § 1037 Abs. 3 S. 2 ZPO an einer Fortsetzung nicht gehindert gewesen wäre.
Soweit der Schiedsrichter auf die Anträge der Schiedsklägerin, einen neuen Sachverständigen zu bestellen, ebenso wie auf dessen Ablehnung bisher nicht förmlich eingegangen ist, erscheint zumindest jetzt klargestellt, dass der Schiedsrichter die Arbeit des Sachverständigen für geeignet hält, eine Grundlage für das weitere Verfahren zu bilden. Dem Sachverständigen können auch in einer mündlichen Verhandlung weitere Fragen vorgelegt werden. Dies hatte der Schiedsrichter in seiner verfahrensleitenden Verfügung vom 24.8.2010 auch so vorgesehen. Dass über die Ablehnung bisher förmlich – durch Beschluss – nicht entschieden ist, wie dies § 1049 Abs. 3 in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmung über den gerichtlich bestellten Sachverständigen vorsieht, könnte der Senat im vorliegenden Rahmen nur insofern berücksichtigen, als daraus für das Verfahren hinreichend sicher auf eine Nichtbearbeitung in angemessener Frist zu schließen wäre. Dies ist nicht der Fall. Dass die unterlassene förmliche Behandlung das Verfahren verzögern würde, ist gegenwärtig nicht festzustellen. Ob die Verfahrensweise selbst fehlerhaft ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Selbst die förmliche Zurückweisung des Ablehnungsantrags wäre vom staatlichen Gericht in diesem Verfahrensstadium nicht überprüfbar. § 1049 Abs. 3 ZPO verweist nämlich hinsichtlich der Ablehnung von Sachverständigen lediglich auf § 1036, 1037 Abs. 1 und 2, nicht aber auf § 1037 Abs. 3 ZPO.