Recht und Steuern

A3 Nr. 34

A 3 Nr. 34 
Das Recht auf rechtliches Gehör gilt nicht nur im staatlichen, sondern gleichermaßen im schiedsrichterlichen Verfahren. Es verlangt, dass die Parteien die entscheidungserheblichen Sachverhaltselemente rechtzeitig kennen, sie Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, und dass ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden. Hinweispflichten hat das Schiedsgericht nur ausnahmsweise, wenn der betroffenen Partei durch Unterlassung Sachvortrag abgeschnitten würde. Ein Anspruch darauf, die Rechtsauffassung des Schiedsgerichts vorab zu kennen, besteht nur, wenn es von einer geäußerten oder sonst erkenntlich gemachten Auffassung abweicht und die Parteien im Vertrauen auf die ursprüngliche Äußerung von weiterem Vortrag abgesehen haben.
OLG München Beschl.v. 14.3.2011 – 34 Sch 08/10; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2011, 159, 165 = RKS A 3 Nr. 34
Aus den Gründen:
Das Recht auf rechtliches Gehör gilt nicht nur im staatlichen Verfahren, sondern gleichermaßen im schiedsrichterlichen Verfahren (§ 1042 Abs. 1 ZPO). Allerdings begründen die Verfahrensgesetze im staatlichen Bereich richterliche Aufklärungs- und Hinweispflichten, die weit über den Rahmen des Art. 103 GG hinausgehen (Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rd-Nr. 1298). Hinweispflichten  werden indes durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht begründet (Lachmann aaO.; BGHZ 85, 288/291 = RKS A 3 Nr. 9; OLG Stuttgart SchiedsVZ 2011, 49 ). Zwar kann je nach Einzelfall die Verletzung von Hinweispflichten eine Gehörsverletzung darstellen und gegebenenfalls gegen den ordre public verstoßen, wenn der betroffenen Partei hierdurch Sachvortrag abgeschnitten wird. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gibt aber keinen Anspruch darauf, vorab die Rechtsauffassung des Gerichts kennen zu lernen (OLG Stuttgart aaO. m.w.N.). Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Richter ohne vorherigen Hinweis von einer bereits geäußerten oder sonst erkenntlich gemachten Rechtsansicht abweicht und die Parteien im Vertrauen auf die ursprüngliche Äußerung davon abgesehen haben, weiter vorzutragen (OLG Stuttgart SchiedsVZ 2011, 49/53f). Ganz allgemein verlangt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass den Parteien die Sachverhaltselemente, die der Entscheidung zu Grunde gelegt werden, rechtzeitig bekannt sind, sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern, ferner, dass die Äußerungen der Parteien zur Kenntnis genommen werden, soweit sie nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben müssen oder können (Lachmann Rn. 1299).
Das Recht auf rechtliches Gehör ist allerdings dann verletzt, wenn deutlich wird, dass Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (Lachmann Rnr. 1354; dazu BVerfG NJW 1999, 1387, 1388).
Das Schiedsgericht war der Auffassung, die Antragsgegnerin habe ihre Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrechte verloren. Ob diese Rechtsansicht im Vollstreckbarerklärungsverfahren inhaltlich überprüfbar und zutreffend ist, bedarf keiner Erörterung. Die Rechtsansicht des Schiedsgerichts zu Grunde gelegt kam es jedenfalls auf Mängel nicht an. Dann musste sich das Schiedsgericht mit einzelnen Mängeln auch nicht auseinandersetzen.