Recht und Steuern

A3 Nr. 24

A3 Nr. 24
§§ 2, 9c GmbHG, § 1053 Abs. 3 ZPO, § 779 BGB - GmbH-Gründung durch Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut statt notarieller Beurkundung?
Sofern die Wirksamkeit von Erklärungen eine notarielle Beurkundung erfordert, wird diese bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut durch die Aufnahme der Erklärungen der Parteien in den Schiedsspruch ersetzt.
Ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut setzt aber voraus, daß sich die Parteien innerhalb eines schiedsrichterlichen Verfahrens über einen Streit vergleichen, also gegenseitig nachgeben.. Er darf nicht zur Umgehung gesetzlicher Formvorschriften dienen.
OLG München Beschl.v. 26.7.2005 - 31Wx 50/05; GmbH-Rundschau 2005, 1568 =
RKS A 3 Nr. 24
Aus den Gründen:
Mit Schriftsatz vom 24.1.2005 meldete der Beteiligte A.K. die Eintragung der K.K.-GmbH zum Handelsregister an. Statt eines notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages legte er einen von der Schiedsrichterin M.H. „in dem schiedsrichterlichen Verfahren des Herrn K.K. und des Herrn A.K. wegen gesellschaftsrechtlicher Angelegenheit“ erlassenen „Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut“ vom 21.1.2005 vor , der die (privatschriftliche) Satzung der K.K.-GmbH enthielt. A.K. war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der K.K.-GmbH. K.K. verkaufte mit Vertrag vom selben Tage sein einzelkaufmännisches Unternehmen an die GmbH mit dem Recht zur Firmenfortführung. A.K. berief sich auf § 1053 Abs. 3 ZPO. Danach wird, soweit die Wirksamkeit von Erklärungen eine notarielle Beurkundung (wie lt. § 2 GmbHG für den Gesellschaftsvertrag) erfordert, diese bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut durch die Aufnahme der Erklärung der Parteien in den Schiedsspruch ersetzt. Das Registergericht wies den Eintragungsantrag zurück. Beschwerde und weitere Beschwerde hatten keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
Die weitere Beschwerde ist zulässig, sie ist als im Namen der Vorgesellschaft eingelegt anzusehen (vgl. BGH v. 24.10.1988 -II ZB 7/88 - BGHZ 105, 324 = GmbHR 1989, 25; v.20.2.1989 - II ZB 10/88 BGHZ 107, 1 [2] = GmbHR 1989, 250; v. 16.3.1992 - II ZB 17/91 BGHZ 117, 323 [325ff.] = GmbHR 1992, 451; BayObLG v. 22.6.1995 - 3 Z BR 71/95 DB 1995, 1801 = GmbHR 1995, 722; Baumbach/Fastrich GmbHG 17. Aufl. § 9c Rz. 2a).
Sie ist aber unbegründet. Das Registergericht hat die Anmeldung mit Recht zurückgewiesen.
Ist eine Gesellschaft nicht ordnungsmäßig errichtet und angemeldet, so hat das Registergericht die Eintragung abzulehnen (§ 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG). Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG bedarf der Geselllschaftsvertrag der notariellen Form. Der mit notarieller Urkunde vom 17.5.2005 für vollstreckbar erklärte Schiedsspruch vom 21.1.2005 erfüllt die Voraussetzungen der notariellen Beurkundung nicht. Hieran ändert auch § 1053 Abs. 3 ZPO nichts, auf die sich der Beschwerdeführer bei der Anmeldung der Gesellschaft und im Beschwerdeverfahren wiederholt berufen hat.
Nach dieser Bestimmung wird die für die Wirksamkeit von Erklärungen erforderliche notarielle Beurkundung bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut durch die Aufnahme der Erklärungen der Parteien in den Schiedsspruch ersetzt. Es kann offen bleiben, ob die formalen
OLG München 26.7.2005 RKS A 3 Nr. 24 S. 2
Voraussetzungen für den Eintritt der Ersetzungswirkung des § 1053 Abs. 3 ZPO in dem zu beurteilenden Verfahren erfüllt sind. Denn bei dem vorliegenden Sachverhalt ist bereits der Anwendungsbereich des § 1053 Abs. 3 ZPO unter mehrfachen Gesichtspunkten nicht erfüllt. Dies Bestimmung kommt nur zur Anwendung, wenn im Rahmen eines schiedsrichterlichen Verfahrens ein Vergleich niedergelegt werden soll.
Das Registergericht hatte zu Recht Zweifel daran, daß hier ein schiedsrichterliches Verfahren mit einem erkennbaren Streitgegenstand vorliegt, welches einen Rechtsstreit zwischen dem weiteren Beteiligten A.K. einerseits und dem Verkäufer des einzelkaufmännischen Unternehmens K.K. andererseits lösen soll. In dem hier den Gerichten unterbreiteten Verfahren fehlt es bereits an einer kontradiktorischen Parteienstellung in Bezug auf die Satzung der anzumeldenden GmbH. Das von den Parteien durchgeführte schiedsrichterliche Verfahren hatte gerade nicht den Unternehmenskaufvertrag zwischen der anzumeldenden GmbH und dem Einzelkaufmann K.K. zum Gegenstand. Dieser Vertrag wurde zwar am gleichen Tag geschlossen wie der beurkundete Schiedsspruch, folgte ihm aber zeitlich nach. Über den Untenehmenskaufvertrag bestand zwischen den Parteien kein Streit, der auf diesem Wege hätte beigelegt werden müssen. Gegenstand des Schiedsspruchs war ausschließlich der Inhalt der Satzung der zu errichtenden GmbH. Von dem Inhalt der Satzung war der Verkäufer des einzelkaufmännischen Unternehmens K.K. sachlich nicht berührt; denn er hielt keine Geschäftsanteile und war auch an der Geschäftsführung nicht beteiligt. Vielmehr war allein der weitere Beteiligte A.K. als Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH vorgesehen. Die Einbeziehung des Verkäufers K.K. in das Verfahren der Satzungserrichtung war willkürlich und ohne sachlichen Hintergrund. Die Vermutung, daß der Weg eines schiedsrichterlichen Verfahrens hier offenkundig nur zm Schein zur Umgehung der notariellen Beurkundungsvorschriften gewählt worden ist, wird auch dadurch erhärtet, daß die berufene Schiedsrichterin eine für ein echtes Schiedsverfahren realitätsferne Vergütung von 10 Euro versprochen erhalten hat und diese nur dann verdient war, wenn der Schiedsspruch auch tatsächlich erlassen wurde. Nach alledem liegt in Bezug auf den Abschluß des Gesellschaftsvertrages der zu gründenden GmbH keine Schiedsvereinbarung i.S.d. § 1029 ZPO vor, die Ausgangspunkt für ein formales Schiedsverfahren hätte sein können. Die Schiedsvereinbarung des Unternehmenskaufvertrags bezieht sich nur auf diesen und nicht auf die gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung der angemeldeten GmbH.
Ungeachtet vorstehender Erwägungen tritt die Ersetzungswirkung des § 1053 Abs. 3 ZPO auch deshalb nicht ein, weil dem Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt kein Vergleich zugrunde liegt. Ein Vergleich liegt nur vor, wenn es sich um einen Vertrag handelt, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (§ 779 Abs. 1 BGB). Ein solches vertragliches Nachgeben seitens des Verkäufers des einzelkaufmännischen Unternehmens, K.K., im Rahmen eines Schiedsverfahrens ist nicht erkennbar. Zwar trägt die zu gründende GmbH seinen Namen. Die Gestattung hierzu beruht aber allein auf § 10 des Unternehmenskaufvertrages vom 21.1.2005, in welchem der Verkäufer insbesondere die Firmierung „K.K.-GmbH“ gestattet. Das Schiedsverfahren hatte nur die Satzung der zu gründenden GmbH zum Gegenstand, die den Verkäufer und Namensgeber der Gesellschaft aber sachlich und rechtlich nicht berührte. Ein Nachgeben im Rahmen des Schiedsverfahrens durch den Verkäufer ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil die Kosten des Schiedsspruchs allein von dem weiteren Beteiligten, A.K., getragen worden und nicht wie bei einem Vergleich wahrscheinlich gequotelt worden sind.
Für die Anwendbarkeit der Ersetzungswirkung des § 1053 Abs. 3 ZPO kann auf das Tatbestandsmerkmal des Vergleichs nicht verzichtet werden; denn die sachliche Rechtfertigung dieser Vorschrift ist, daß zur Ermöglichung eines verfahrensabschließenden Vertrags in
OLG München 26.7.2005 RKS A 3 Nr. 24 S. 3
schiedsrichterlichen Verfahren ausnahmsweise die notarielle Beurkundung entgegen materiellrechtlicher Vorgaben entfallen kann. Für eine weite Auslegung von § 1053 Abs. 3 ZPO besteht kein Bedürfnis. Vielmehr ist die Vorschrift eng auszulegen (vgl. Zöller/Geimer ZPO 25. Aufl. § 1053 Rz. 7), weil sonst die nach materiellem Recht vorgesehenen Formvorschriften umgangen werden könnten.
Nachdem für die Eintragung der GmbH ein wesentliches Hindernis besteht, erfolgte die Zurückweisung der Anmeldung zu Recht.