Recht und Steuern

F4 Nr.1

F4 Nr.1
§§ 626, 666,675, 823 Abs. 2, 826 BGB, §§ 1, 32, 54 KWG, § 1 KAGG, § 266 StGBGeschäftsbesorgungsverträge über Finanzanlagen. Wichtige Kündigungsgründe:Fehlende Erlaubnisse, Umgehung der behördlichen Aufsicht, unzureichendeRechnungslegung, Untreue
Ein auf entgeltliche Platzierung und Verwaltung von Finanzanlagengerichteter Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrag ist einDauerschuldverhältnis, das entsprechend § 626 BGB aus wichtigem Grund fristlosgekündigt werden kann.
Wichtige Gründe sind unzureichende Rechnungslegung und fehlendeErlaubnisse des Treuhänders als Kreditinstitut oder als Finanzdienstleistersowie Umgehung der behördlichen Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz, demWertpapierhandelsgesetz und dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften. VomTreuhänder selbst ausgestellte Konto- und Depotauszüge sind mangels Aufsichtund weiterer Nachweise nicht überprüfbar und daher keine ordnungsmäßigeRechnungslegung.
Die für die Kündigung von Dienstverträgen gemäß § 626 Abs. 2 BGB geltendeAusschlussfrist von zwei Wochen ab Kenntnis gilt nicht ohne weiteres fürTreuhand- und Geschäftsbesorgungsverträge. Davon abgesehen kommt es für dieKenntnis von Unregelmäßigkeiten bei der Kontoführung nicht auf jede einzelneUnregelmäßigkeit, sondern auf den größeren Gesamtzusammenhang an. Kenntnis vonden deutschen Vorschriften über die Erlaubnispflicht und die behördlicheAufsicht wird von ausländischen Anlegern nicht erwartet.
Der Treuhänder ist aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zur Herausgabe desaus der Geschäftsbesorgung Erlangten gemäß §§ 675, 667 BGB verpflichtet.Daneben kommen deliktische Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGBi.V.m. § 266 StGB (Untreue) sowie § 826 BGB in Betracht. Für dieNachteilszufügung i.S.d. Untreuetatbestandes reicht es aus, wenn der Treuhänderdie ihm überlassenen Vermögenswerte nicht auf einem Sonderkonto oder -depotverwahrt und nicht ständig liquide Mittel bereithält, um den Ausgleich für dievereinnahmten Gelder herzustellen.
Schiedsgerichtgemäß Sondervereinbarung
Schiedsspruchvom 20.11.2000, RKS F 4 Nr. 1
Aus demSachverhalt:
Die in derSchweiz ansässigen Kläger verlangen von den Beklagten Auszahlung treuhänderischanvertrauter Finanzanlagen gemäß den in den Kontoauszügen der Beklagtenausgewiesenen Werten. Die Beklagten beschäftigten sich ab 1995 u.a. mit dertreuhänderischen Plazierung und Verwaltung von Finanzanlagen. Ausweislich dervon ihnen verwendeten Formulare für Treuhandaufträge vertrieben sieBeteiligungen an Investmentfonds, darunter solchen mit festverzinslichenSchuldverschreibungen („Bond Fund”) und Aktien („Equity Fund”) oderWachstumsanlagen („International Balanced Growth Fund”). Weiterhin boten sie„Private Vermögensverwaltung” für die Anlagegelder ihrer Kunden an. Weder dieBekl. zu 1 in Deutschland noch die Bekl. zu 2 in der Schweiz hat einestaatliche Zulassung für Bank- oder Investmentgeschäfte. Die Bekl. zu 2ist auch nicht als Finanzdienstleister gemäß § 1 Abs. 1a - 1b, § 32 d derNeufassung des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG) nach der 6. KWG-Novelle vom22.10.1997 zugelassen, mit der verschiedene EG-Richtlinien aus der Zeit vor denhier interessierenden Verträgen umgesetzt wurden(Wertpapierdienstleistungsrichtlinie vom 10.5.1993, Kapitaladäquanzrichtlinievom 15.3.1993, BCCI-Folgerichtlinie[i] vom 29.6.1995).Die Bekl. zu 1 hat ihren Betrieb auch nicht nach der (mit einer Anmeldefristbis 1.4.1998 versehenen) Übergangsregelung für vorher bestehende Unternehmengemäß § 64e KWG beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) angemeldet(vgl.Listen www.bakred.de). Ebenso ist keine Zweigstelleoder Repräsentanz der Bekl. zu 2 als eines ausländischenUnternehmens desEuropäischen Wirtschaftsraums gemäß §§ 53, 53a oder 53b KWG beim BAKredeingetragen (vgl. Listen www.bakred.de). Die von beiden Bekl.vermarkteten Fonds sind im übrigen nicht zum Investmentvertrieb nach dem Gesetzüber Kapitalanlagengesellschaften (KAGG) oder dem Auslandinvestmentgesetz(AuslInvestmG) zugelassen (vgl. Listen www.bakred.de). Ohne Eintragung derBekl. beim BAKred findet die für Wertpapierhandelsunternehmen nach demWertpapierhandelsgesetz (WpHG) vorgesehene Aufsicht durch dasBundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) praktisch nicht statt.Soweit ersichtlich werden die Wertpapiere der von den Bekl. plazierten und -zumindest mittelbar - verwalteten Fonds nicht gemäß dem Depotgesetz (DepotG)verwahrt.
ImZusammenhang mit der von den Bekl. angebotenen „Privaten Vermögensverwaltung”haben diese u.a. mit einer durch D. in Virginia/USA auszuführendenAnlagestrategie geworben (z.B. „5 Stocks”, „5 Plus” oder „5/10 Strategie”). Diein diese Vermögensverwaltung gegebenen Gelder wurden (zumindest teilweise) andie Bank S. in San Diego/California/USA transferiert, allerdings nicht aufEinzelkonten oder Depots für bestimmte Treugeber, sondern auf einSammelkonto und Depot für die Bekl. (unter der Bezeichnung„Treuhandgemeinschaft, Attn. O.”, Account Number 631-79699-10 183). Dort wurde im September 1997 ein Fonds (im seinerzeit sechsstelligen US-$-Wert)mit Investments in verschiedene amerikanische Aktien und festverzinslichePapiere eingerichtet, der durch D. gesteuert wurde („managed by D.”). DieKunden der Bekl. wurden an der (angeblichen) Entwicklung dieses Fonds (auf demPapier) in der Form beteiligt, dass sie von den Bekl. erstellte Kontoauszügemit anteiligen Gutschriften erhielten. Was in der Folgezeit tatsächlich mit demInvestmentvermögen geschah, ist nicht durch Konto- oder Depotauszüge der Bankbelegt.
D. hat ebenfallskeine Bank- oder Depotkonzession. Die Gesellschaft ist gegenüber den Bekl. als„Registered Investment Advisors and Financial Consultants” aufgetreten. Siebeendete die Zusammenarbeit mit den Bekl. im November 1999 und untersagte ihnendie bisherige Werbung für gemeinsame Geschäfte.
Die Bekl.haben es im hiesigen Verfahren abgelehnt, Rechnung darüber zu legen, ob,wo und in welcher Höhe sie oder ihre Vertreter heute noch Kundengelderangelegt haben. Sie treten im Geschäftsverkehr als Unternehmensgruppe und unterwechselnden Bezeichnungen auf, die - wie sie erklärten - nach werblichenGesichtspunkten verwendet wurden.
Gegenstand derSchiedsklage sind die Finanzanlagen-Vermögenswerte der Schiedskläger. Nach demübereinstimmenden Vortrag der Parteien wurden die Einzel-Treuhandverträgejeweils zusammen mit dem Rahmen-Treuhandvertrag abgeschlossen, der in derFußzeile des Vordrucks als „Treuhand-Vertrag 5/96” bezeichnet ist. Darin heißtes, dass die Bekl. zu 1 die Anlagen im eigenen Namen und für fremde Rechnungverwalte, Privat- und Verwaltungskonten errichte und die Mittel im Wege derGemeinschaftsanlage mit den Bekl. zu 2 in den näher bezeichneten Zins-, Renten-oder Dividenden-Wertpapier-Fonds plaziere. Der Auftrag gelte für mindestensfünf Jahre. Die Haftung aus Vertrag und unerlaubter Handlung sei auf Vorsatzund grobe Fahrlässigkeit beschränkt und binnen sechs Monaten nachKenntnis des schädigenden Ereignisses durch eingeschriebenen Briefgeltend zu machen. Weiter wurden die Anwendbarkeit des deutschen BürgerlichenGesetzbuches (BGB), der Erfüllungsort und Gerichtsstand Hamburg sowieSchlichtungs- und Schiedsklauseln vereinbart. Am Schluss des Formulars wirddarauf hingewiesen, dass der öffentliche Fonds-Vertrieb erst für die Zukunftvorgesehen sei und dass mangels eigener Verwaltung und Anlageentscheidungen desTreuhänders die Bankenaufsicht nur am Sitz der Investmentmanager erfolge.
Die Kl. zu 1zeichneten am 3.2.1997 den (Einzel-)Treuhandauftrag No. 04943 an die Bekl. zu1. Danach sollten von bar in der Schweiz an H. übergebenen 247.000 CHFmindestens 100.000 US-$ für „Private Vermögensverwaltung D.” zuzüglich Agio6,25% angelegt werden.
Die Höhe desersteren Teilbetrages orientierte sich an der damaligen Vorgabe für dieEinrichtung eines Einzelkontos zur Vermögensverwaltung D. Am 12.2.1997 wurdeder Barbetrag auf das im Treuhandauftrag-Formular so genannte „Treuhandkonto”bei der Dresdner Bank in Hamburg eingezahlt und dort mit 284.173,50 DMgutgeschrieben. Mit Schreiben vom 15.2.1997 bestätigte die Bekl. zu 1. den Kl.zu 1 den Geldeingang und die Verabredung, dass ein privates Einzelkonto bei D.eröffnet werden sollte. Die Schiedskläger seien die Erstzeichner im Rahmen derVerbindung zu D. Da die Kontoeröffnung bei D. voraussichtlich erst Ende Aprilmöglich sei, werde das Geld so lange bei der Dresdner Bank angelegt. Unter dem21.4.1997 bestätigte die Bekl. zu 1 die Anlage von 154.687,50 DM für „PrivateVermögensverwaltung D.” zuzüglich Agio, zusammen 165.000 DM. Die Beteiligungbeginne am 1.3.1997.Die Bekl. wiesen mit einem - eigenen - Kontoauszug vom31.12.1997 unter der Bezeichnung Treuhandgemeinschaft eine mit 2,1 %verzinsliche Anlage des DM-Betrages bis Mitte September 1997 und einanschließendes Investment in amerikanischen Aktien und festverzinslichen Wertenaus. In der Kopfzeile des Auszugs wird vor der Kunden-Nummer Bezug genommen aufdas „Sammelkonto Nr. 631-79699-10 183” (die Nummer des oben erwähnten Kontosbei der Bank S.)
Schon damalsentwickelten sich Auseinandersetzungen der Kl. mit den Bekl. Es wurdebeanstandet, daß das Geld nicht zeitgerecht in die Vermögensverwaltung D. undnicht auf ein Einzelkonto gelangt sei und dass nicht regelmäßig Abrechnungenbzw. Kontoauszüge erteilt würden. Mit Schreiben vom 19.11.1998 unter derBezeichnung „Investment Group” wurden für die Zukunft monatliche Auszügezugesagt. Auch weiterhin wurde aber nur in Form von selbst erstelltenKontoauszügen der Bekl. abgerechnet, teilweise monatlich, z.T. unregelmäßig ingrößeren Zeitabständen. Dass D. die Zusammenarbeit mit den Bekl. im November1999 aufgekündigt hatte, teilten diese den Kl. nicht mit.
Am 13.12.1999kündigten die Kl. ihre Anlagen fristlos, mit gleichzeitigerZahlungsaufforderung, wegen erheblicher Unregelmäßigkeiten, insbesondere nichtfristgerechter, nicht auf Einzelkonto gebuchter und nicht regelmäßigabgerechneter Anlage sowie wegen der verschwiegenen Management-Kündigung durchD. Daraufhin bestätigten die Bekl. mit Kontoauszug IV. Quartal 1999 einen Wertdes Wertpapier-Investments per 31.12.1999 für die Kl. in Höhe von 101.604,57US-$ = (bei einem Umrechnungskurs von 2,1) 213.369,59 DM. Mit Schreibenvom 18.1.2000 bestätigten die Bekl. den Eingang der Kündigung: „Aufgrund derAnlagestruktur (5 Stock + Hebel)” könne der Vertrag aber erst zum 30.6.2000aufgelöst werden. Die Kl. interpretieren die Formulierung „Hebel” dahin, dassdas Sammelkonto-Vermögen durch die Bekl. beliehen worden sei und deswegen nichtausgekehrt werden könne. Lt. Kontoauszug der Bekl. vom 18.9.2000 soll die -noch nicht ausgekehrte - Anlage im 1. Halbjahr 2000 auf 107.802,45 US-$angewachsen sein.
Imvereinbarungsgemäß vorangegangenen Schlichtungsverfahren hat die Bekl. zu 1vorgetragen: Sie sei ohne Verstoß gegen das KWG nur bei derabrechnungstechnischen Betreuung der Treuhandangelegenheiten der Bekl. zu 2 alsderen Gehilfin tätig geworden. Die Fehler in der Abwicklung der Anlagen seiender Anfangsphase zuzuschreiben und im Gesamtergebnis bedeutungslos. Das durchD. gesteuerte Sammelkonto bzw. -depot in den USA sei aufgrund Beschlusses derBekl. zu 2 teilweise beliehen worden, um mit einem „Investmenthebel (Einsatz inSchuldverschreibungen)” mehr Rendite zu erzielen. - In derSchlichtungsverhandlung haben die Bekl. auf Fragen nach dem Verbleib desAnlagevermögens einschließlich der damit angeblich erworbenen Wertpapieregeantwortet: Das, was mit dem Geld nach der Anlage auf dem Sammelkontopassiere, brauche den einzelnen Treugeber nicht zu interessieren. Dieserbekomme ja seine (von den Bekl. erstellten) Kontoauszüge (Protokoll vom19.9.2000). - Das Schlichtungsverfahren ist erfolglos geblieben, nachdem dieBekl. in den Einigungsgesprächen keine konkrete Zahlung, Forderungsabtretungoder Sicherheitsleistung angeboten haben.
ImSchiedsverfahren ist am 20.9.2000 verhandelt worden. Vor Eintritt in diemündliche Verhandlung hat der Prozeßbevollmächtigte der Bekl. im Termin seinMandat unter Hinweis auf interne Schwierigkeiten niedergelegt und erklärt, daßdie Bekl. nicht zur Sache verhandeln werden. Das Schiedsgericht hat daraufhin -in Kenntnis der vorbeschriebenen Gesamtumstände - beschlossen, das Verfahrengemäß § 1048 Abs. 3 ZPO weiterzuführen.
Aus denGründen:
Die Kl. könnenvon den Bekl. als Gesamtschuldnern Auszahlung der Finanzanlagen verlangen. DieAnsprüche sind bereits aus Vertrag begründet. Bei den treuhandvertraglichen,auf die entgeltliche Plazierung und Verwaltung von Finanzanlagen gerichtetenVereinbarungen handelt es sich um Geschäftsbesorgungsverträge i.S.v. § 675 BGB(Palandt/Thomas BGB, 57. Aufl. § 675 Rd-Nr. 6 „Anlagevermittlung”,„Treuhandvertrag”, Rd-Nrn. 7, 19 „Vermögens­verwaltung”,„Wertpapiergeschäfte”). Die Verträge sind auch wirksam. Soweit die Bekl.Finanzanlagen unter Verstoß gegen die deutschen Vorschriften desKreditwesengesetzes und möglicherweise des Wertpapierhandelsgesetzes sowie desGesetzes über Kapital­anlage­gesellschaften oder des Auslandsinvestmentgesetzesungenehmigt plaziert und verwaltet haben, handelt es sich dabei nicht umVerstöße i.S.d. § 134 BGB, die zur materiellen Nichtigkeit der Verträge führen,sondern um die Verletzung von Ordnungsvorschriften (Palandt/Heinrichs BGB § 134Rd-Nrn. 8, 11). Auch soweit im Rahmen-Treuhandvertrag von „Einlagen” die Redeist, sind die Verträge nicht gemäß § 134 BGB nichtig wegen erschwerterBarabhebungs-Verfügbarkeit gemäß § 3 Nr. 3 KWG (Verbot des Einlagengeschäfts,wenn die Verfügung über die Einlagen durch Barabhebung ausgeschlossen odererheblich erschwert ist - Palandt/Heinrichs aaO. Rd-Nr. 20). Die hiervereinbarten Einzahlungen zum Erwerb von Finanzanlagen mit spekulativemCharakter sind keine Einlagen i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG wieSichteinlagen, befristete Einlagen oder Spareinlagen, die stattdessenvorwiegend durch die Kapitalüberlassung gegen Entgelt oder eine gewisseVerfügbarkeit und relative Sicherheit charakterisiert werden (BGH Urt.v.9.3.1995 III ZR 55/94 BGHZ 129,90 = MDR 1995, 1227).
Die Bekl. alsdie mit der Geschäftsbesorgung beauftragten Treuhänder haben alles aus derGeschäftsbesorgung Erlangte gemäß § 675 i.V.m. 667 BGB an die Kl. alsauftraggebende Treugeber herauszugeben. Nach den von den Bekl. selbsterstellten Kontoauszügen hat das Schiedsgericht davon auszugehen, daß die Bekl.die dort aufgeführten und hier eingeklagten Anlagewerte bei derGeschäftsbesorgung für die Kl. erlangt haben.
Dievereinbarte fünfjährige Vertragsdauer steht den Zahlungsansprüchen der Kl.nicht entgegen, weil diese die Verträge aus wichtigem Grund wirksam fristlosgekündigt haben. Die Treuhand- und Geschäftsbesorgungsverhältnisse sind alsDauerschuldverhältnisse in entsprechender Anwendung von § 626 BGB aus wichtigemGrund fristlos kündbar (Palandt/Heinrichs BGB § 675 Rd-Nr. 31, § 626 Rd-Nr. 1).Wichtige Kündigungsgründe hatten die Kl. in mehrfacher Hinsicht. Das gilt zunächstfür die festgestellten Unregelmäßigkeiten bei den Kontoauszügen der Bekl., diedem für das Finanzanlagen-Geschäft wichtigen Zweck der Rechnungslegung dienen(§ 675 i.V.m. § 666 BGB).
Einselbständiger wichtiger Grund ist auch die den Kl. von den Bekl. verschwiegene,von D. ausgesprochene Kündigung der - die Anlagen charakterisierenden -Zusammenarbeit zwischen D. und den Bekl.
Einweiterer wichtiger Kündigungsgrund ist, daß den Bekl. die für dasFinanzanlagengeschäft unentbehrliche Seriosität fehlt. Sie sind nämlich vonDeutschland aus ohne Anmeldung oder Konzession als Kreditinstitut oderFinanzdienstleister gemäß § 1 Abs. 1 - 1b, § 32, § 53 - 53b, § 64e KWG (i.d.F.ab 1998) und damit auch praktisch ohne Aufsicht nach demWertpapierhandelsgesetz tätig und offerieren, plazieren und verwaltenFinanzinstrumente i.S.v. §1 Abs. 11 KWG. Um solche Finanzinstrumente handelt essich u.a. bei Investment-Beteiligungen an Aktienfonds undSchuldverschreibungs-Fonds (§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 KWG), wie sie von den Bekl.vermarktet wurden. Eine Investmentfonds-Beteiligung wurde nicht nur unterentsprechender Bezeichnung an den Kl. zu 2 verkauft. Auch bei den für alleKläger unter der Bezeichnung „Private Vermögensverwaltung” plaziertenBeteiligungen an dem in den USA anfangs (angeblich) durch D. gesteuertenSammelkonto und -depot kann nach den hiesigen Feststellungen davon ausgegangenwerden, daß es sich inhaltlich um ungenehmigt von den Bekl. bescheinigteAnteile an einem Investmentfonds handelt, der von ihnen in ihrem eigenengemeinschaftlichen Namen im Wege der Risikomischung i.S.v. § 1 KAGG, § 1AuslInvestmG angelegt wurde. Soweit aus dem einzig zur Verfügung gestelltenamerikanischen Bankauszug vom September 1997 ersichtlich, wirkte D. (alsInvestment Advisor and Financial Consultant) bei der Verwaltung des Fonds(soweit überhaupt) nur im Namen und für gemeinsame Rechnung der beiden Bekl.mit. Die bisherigen Erkenntnisse über die wechselnd und z.T. gemeinschaftlichverwendeten Unternehmensbezeichnungen der Bekl. lassen bei der Bezeichnung„--Treuhandgemeinschaft” auf sie beide schließen. Eine Verwaltung des Vermögensdurch D. im Namen und für Rechnung der einzelnen Kl. ist nicht erkennbar. DieAnteile für diese werden nach den hiesigen Erkenntnissen nur durch die von denBekl. erstellten Vertragsunterlagen und aus Hamburg versandten Kontoauszügebescheinigt und verwaltet. Nach diesen Feststellungen ist davon auszugehen, daßdie Bekl. das nur Kreditinstituten vorbehaltene Investmentgeschäft ohneErlaubnis gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KWG, § 1 KAGG von Deutschland aus betreiben.
Zwarkönnte es sich alternativ um ein Finanzkommissionsgeschäft handeln, wenn dieBekl. die Aktien und Schuldverschreibungen über S. und das amerikanische Kontoim eigenen Namen und unmittelbar für Rechnung der einzelnen Kl. erworbenhätten; hierfür wäre gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 KWG ebenfalls eine Bankkonzessionerforderlich. Die von den Bekl. erstellten Auszüge mit den für dieverschiedenen Kl. gleichen Ausgangsdaten sprechen jedoch für das vorbeschriebeneInvestmentgeschäft und gegen eine individuelle Zuordnung des Wertpapiererwerbsin den USA. Davon abgesehen würde es für Veräußerungen an die Anleger noch ander Erfüllung fehlen, solange die Wertpapiere bei der amerikanischen Bank nurfür die Bekl. verwahrt und von diesen nicht übereignet werden.
Dementsprechendhandelt es sich auch nicht nur um nach § 1 Abs. 1a KWG konzessionsbedürftigeFinanzdienstleistungsgeschäfte in der Form der Anlagevermittlung (Nr. 1) oder derAbschlußvermittlung im fremden Namen (Nr. 2, § 2 Abs. 6 Nr. 8). Für dieFinanzdienstleistung der Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten imWege des Eigenhandels für andere (§ 1 Abs. 1a Nr. 4) ist ebenfalls keineVeräußerung der durch die Bekl. erworbenen Wertpapiere an die Kl. ersichtlich.Für die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen mitEntscheidungsspielraum (Finanzportfolio-verwaltung, Nr. 3) fehlt esgleichermaßen an einzelnen, in Bankdepots für die Kunden zu verwahrendenWertpapiervermögen. Die eigene Ausgabe der Fondsanteile selbst wird bereitsdurch § 1 Abs. 1 Nr. 6 KWG erfaßt. Allenfalls könnte dann eineFinanzportfolioverwaltung als ebenfalls konzessionsbedürftigeFinanzdienstleistung vorliegen, wenn die Bekl. gegenüber der das Sammelkontound -depot führenden amerikanischen Bank die Treuhandbeziehungen zu deneinzelnen Kl. namentlich und beitragsanteilig offengelegt haben; dann würde essich trotz der verwendeten Kurzbezeichnung um eine Konto- und Depotführung imfremden Namen für verschiedene Mitglieder einer Personengruppe bzw. Familiehandeln (Jung/Schleicher Neue gesetzliche Regelungen für Finanzdienstleister,S. 55 unter Hinweis auf Bundesrats-Drucksache 963/96 S. 66; BAKred,Informationsblatt 1/99 für inländische Unternehmen imFinanzdienstleistungssektor, S. 5).
Derwichtige Grund zur fristlosen Kündigung der Treuhand- undGeschäftsbesorgungsverträge wird noch dadurch verstärkt, daß das Betreiben vonBankgeschäften ebenso wie das Erbringen von Finanzdienstleistungen ohneErlaubnis nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG die objektiven Voraussetzungen einerStrafbarkeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG erfüllt, soweit die gesetzlicheVertreterin O. und der faktische Geschäftsführer H. (§ 14 StGB) in oder vonDeutschland aus agieren (§ 3 StGB; ansonsten vgl. § 7 Abs. 2 StGB). Insubjektiver Hinsicht sprechen die verklausulierten Hinweise am Schluß desRahmen-Formularvertrags für eine von den Verantwortlichen der Bekl. gewollteUmgehung der Konzessionspflicht, auch wenn diese Hinweise für die Kunden nichtohne weiteres durchschaubar waren.
ImGegensatz zu der Auffassung der Bekl. kann es den Kl. nicht egal sein, ob, wound wie ihr Vermögen für sie angelegt und verwaltet wird, sei es unter Be- oderMißachtung der Gesetze. Die Kl. brauchen sich nicht auf die von den Bekl.selbst erstellten Kontoauszüge verweisen zu lassen. Diese sind mangels weitererNachweise oder behördlicher Aufsicht nicht überprüfbar und das Papier nichtwert, wenn nach Pflichtverstößen der Treuhänder das Anlagevermögen nicht mehrzur Verfügung steht.
DieKündigungsgründe sind nicht verwirkt. Die für die Kündigung von Dienstverträgengemäß § 626 Abs. 2 BGB geltende Ausschlußfrist von zwei Wochen ab Kenntnis kannauf andere Dauerschuldverhältnisse nicht ohne weiteres übertragen werden(Palandt/Putzo BGB § 626 Rd-Nr. 21). Davon abgesehen kommt es für die Kenntnisvon den Unregelmäßigkeiten bei den Kontoauszügen nicht auf jede einzelneUnregelmäßigkeit, sondern auf einen größeren Gesamtzusammenhang an. Ebenso warbei der Kündigung von D. gegenüber den Bekl. abzuwarten, ob und welcheKonsequenzen daraus für eine geordnete Abwicklung der Anlagen gezogen wurden.Der Verstoß der Bekl. gegen die Konzessionsvorschriften konnte als weitererKündigungsgrund nachgeschoben werden; von den ausländischen Anlegern kann - imUnterschied zu den Verantwortlichen der Bekl.- keine eigene Kenntnis derspeziellen deutschen Gesetze erwartet werden.
Diefristlosen Kündigungen sind auch insoweit wirksam, als sie vom Kl. zu 1 für diezugunsten seiner Enkel abgeschlossenen Verträge erklärt wurden. Mangelsgegenteiliger Vereinbarungen kann bei den Verträgen zugunsten Dritter gemäß §328 BGB das Gestaltungsrecht der Kündigung durch den Versprechensempfängeranstelle des begünstigten Dritten ausgeübt werden (Palandt/Heinrichs BGB § 328Rd-Nr. 6, § 335 Rd-Nr. 2).
Die nachdem Stand Ende Dezember 1999 eingeklagten Anlagebeträge sind in der Folgezeitnicht im Wert gesunken. Aus den nachgereichten Kontoauszügen ergibt sich eineWertsteigerung des Investment-Sammelkontos und -depots während des 1. Halbjahrs2000. Nach den Kontoauszügen ist auch kein Abzug für eine Beleihung zugunstender Kl. vorzunehmen. Im übrigen ist auch weder ersichtlich noch von den Bekl.dargetan, daß den Kl. eine Beleihung oder sonstige Zahlungen außerhalb desKontos gutgebracht wurden.
DieBekl. sind aus den Treuhand- und Geschäftsbesorgungsverträgen alsGesamtschuldner i.S.v. § 427 BGB zur Herausgabe des aus der GeschäftsbesorgungErlangten gemäß §§ 675, 667 BGB verpflichtet. Außerden bestehen deliktischeSchadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB - Untreue;diese Vorschrift ist ein Schutzgesetz (Palandt/Thomas BGB § 823 Rd-Nr.149). Untreue liegt vor, wenn jemand die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumteBefugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, mißbraucht (Mißbrauchstatbestand)oder die ihm kraft Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegendePflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt (Treubruchtatbestand)und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteilzufügt. Nach den gesamten Umständen ist darauf zu schließen, daß dieVerantwortlichen der Bekl. zumindest den Treubruchtatbestand verwirklichthaben. Die Gesamtwürdigung des Verhaltens der Bekl. seit denVertragskündigungen bis zum jetzigen Verfahren läßt nach der Überzeugung desSchiedsgerichts den Schluß zu, daß die den Kl. zustehenden Finanzanlagenderzeit nicht in der durch das Treuhandverhältnis gebotenen Weise zur Auskehrungfrei zur Verfügung stehen und daß dies auf einer mindestens bedingtvorsätzlichen, d.h. billigend in Kauf genommenen Verletzung derVermögensbetreuungspflicht der Verantwortlichen der Bekl. beruht. Bei dieserSchlußfolgerung berücksichtigt das Schiedsgericht den Umstand, daß die Kl. vonden Bekl. bereits viele Monate lang hingehalten werden, obwohl es sich der Artnach um täglich liquidierbare Wertpapierfonds-Anlagen handelt. Weiter fälltauf, daß die Bekl. zugleich jegliche Rechnungslegung mit Originalunterlagenüber das Vermögen auf dem amerikanischen Sammelbankkonto und -depot unterlassenund entsprechende Fragen im hiesigen Verfahren von sich gewiesen haben. Füreine pflichtwidrige Nachteilszufügung reicht es aus, wenn die Bekl. dieihnen treuhänderisch überlassenen Vermögenswerte einerseits nicht oder nichtmehr auf einem Sonderkonto oder -depot verwahren und andererseits nichtzugleich ständig flüssige Mittel bereithalten, um stets den Ausgleich für dievereinnahmten Gelder herzustellen (Dreher/Tröndle StGB, 47. Aufl., § 266 Rd-Nr.14). Ein Nachteil könnte auch die bloße Belastung des Vermögens mit einerVerbindlichkeit oder die Verwendung von Treuhandgeldern zur Sicherung füreigene Kredite sein. Selbst eine vorübergehende Gefährdung des Anspruchs aufHerausgabe des treuhänderisch Erlangten genügt als Nachteilszufügung für dieStrafbarkeit (Dreher/Tröndle aaO. Rd-Nr. 16).
Imübrigen ist die die Bank- oder Finanzdienstleister-Konzessionsvorschriftenmißachtende Anlage bereits vermögensgefährdend und damit nachteilig imvorstehenden Sinne. Von dieser Strafbarkeit konnten sich die Verantwortlichenauch nicht durch den formularmäßigen Hinweis freizeichnen, daß mangels eigenerVerwaltung und Anlageentscheidungen der Bekl. die Bankenaufsicht nur am Sitzder Investmentmanager erfolge. Denn im Gegensatz dazu wurde tatsächlich eineBanken- oder Finanzdienstleisteraufsicht über die Anlagegeschäfte der Kl.gerade umgangen. So wurde die Aufsicht schon umgangen bei den Entscheidungender Bekl. über die Annahme der Kundengelder und über deren Verwendung oderTransferierung ins Ausland zwecks unkontrollierbarer Anlage auf einemInvestment-Sammelkonto statt auf getrennten Konten im fremden Namen. Ebensoumgangen wurde die Aufsicht über die hiesige Verwaltung der Anlagen,insbesondere über die Zuordnung von angeblichen Sammelkonto-Erträgen auf dieeinzelnen Kunden mittels in Hamburg selbst erstellter Kontoauszüge. Im übrigenist für den Untreuetatbestand unerheblich, ob der Treuhänder im eigenen oderfremden Namen handelt (Dreher/Tröndle StGB § 266 Rd-Nr. 6, 18, 19). BeimTreubruch kommt es auch nicht darauf an, ob der Treuhandvertrag zivilrechtlichwirksam ist (aaO. Rd-Nr. 9).
Soweit dieTatbestandsmerkmale der Treuhand und Vermögensbetreuungspflicht bei denSchiedsbeklagten als juristische Personen vorliegen, genügt dies gemäß § 14StGB für die Strafbarkeit eines Organs (O) oder geschäftsleitenden Vertreters(H). Nach § 830 S. 1, § 840 Abs. 1 BGB ist bei einer von mehreren gemeinschaftlichbegangenen unerlaubten Handlung jeder für den Schaden als Gesamtschuldnerverantwortlich, so hier die beiden Bekl. bei der Untreue durch diegemeinschaftlich für beide handelnden Vertreter. Auf die im Rahmenvertragvereinbarte Haftungsbegrenzung auf vorsätzliche und grob fahrlässige unerlaubteHandlungen kommt es nach Bejahung des Vorsatzes nicht an.
Die imRahmen-Treuhandvertrag enthaltene Regelung, daß Schadensersatzansprücheinnerhalb einer Ausschlußfrist von sechs Monaten nach Kenntnis vom schädigendenEreignis durch eingeschriebenen Brief geltend zu machen sind, ist unwirksamwegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 16 AGBG. Danach ist eine formularmäßigeBestimmung unwirksam, durch die Anzeigen, die dem Formularverwender gegenüberabzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondereZugangserfordernisse gebunden werden. Abgesehen davon fehlt es an der von denBekl. zu beweisenden Kenntnis der Kl. von dem schädigenden Ereignis. Diese sindbisher auf Schlußfolgerungen angewiesen, während die Bekl. in ihrenKontoauszügen noch die eingeklagten Vermögenswerte beziffern.
DieForderungen sind weiter aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826BGB begründet. Insoweit gelten die Ausführungen zur Untreue und zurGesamtschuld sinngemäß.
Ob weitereAnsprüche aus § 826 BGB wegen überhöht abgerechneter Kosten bestehen (BGHUrt.v. 23.9.1999 III ZR 214/98 MDR 1999, 1518 betr. „Churning”) kanndahinstehen, weil sie hier nicht geltend gemacht wurden.
[i]Anmerkungzu S. 1: Die BCCI-Richtlinie vom 29.6.1995 (ABl. EG vom 18.7.1995 Nr. L 168),benannt nach der Bank of Credit and Commerce International, bezweckt dieVerbesserung der Transparenz insbesondere von Gruppen von Finanzunternehmen undder behördlichen Aufsicht über solche Gruppen. Sie wurde umgesetzt durch die 6.KWG-Novelle vom 22.10.1997 (BGBl. I S. 2518) und das 3.Finanzmarktförderungsgesetz vom 24.3.1998 (BGBl. I S. 529), durch dieu.a. das KWG, das Wertpapierhandelsgesetz, das Börsengesetz, das Gesetzüber Kapitalanlagegesellschaften und das Auslandsinvestmentgesetz geändertwurden (siehe Fischer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, München 2000,Einführung Rd-Nr. 35).