Weniger Pessimismus, aber mehr Belastungen

Dessau-Roßlau, 24. Mai 2023. Die Verunsicherung geht zurück, aber die Lage der Wirtschaft bleibt angespannt. Das ist die Botschaft der Unternehmen in der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg laut aktuellem Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK). 240 regionale Unternehmen wurden gefragt, wie sie Geschäftslage und Perspektiven einschätzen – Ergebnis: Wenn positive und negative Bewertungen gegeneinander gerechnet werden, hat sich die Stimmung in der Wirtschaft zu Anfang 2023 etwas verbessert: Das Geschäftsklima steigt insgesamt wieder auf ein weitgehend neutrales Niveau von jetzt 2,6 Punkten; zum Vergleich: Vor einem Jahr lag der Wert bei -5,3 Punkten.
„Nach dem Ende der Coronabeschränkungen hat der russische Angriff auf die Ukraine für neue Verwerfungen gesorgt“, kommentiert IHK-Konjunktur­experte Danny Bieräugel. „Stark gestiegene Kosten drücken die Erträge der Unternehmen, und die hohen Preise sorgen inzwischen für rückläufige Aufträge.“ Deshalb seien die Firmen zwar nicht mehr so pessimistisch wie noch vor Jahresfrist, breite Zuversicht sei aktuell aber noch nicht zu spüren, konstatiert Bieräugel. Sven Horn, Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Dessau-Roßlau, ergänzt: „Viele Branchen hatten mit hohen Preisen zu kämpfen, die Industrie war dabei sehr frühzeitig betroffen, denn ihr Energiebedarf ist hoch.“ Probleme in der Branche würden sich dabei zeitverzögert auch immer auf andere Branchen auswirken, so Horn. Johannes Rieder, Geschäftsführer der Thyrolf und Uhle GmbH aus Dessau-Roßlau, bestätigt die Herausforderungen für die heimische Industrie. „Viele Unternehmen halten sich mit neuen Aufträgen zurück, zu wenig klar ist oft der Ausblick“, so Rieder. Neben der unsicheren Nachfrage und den hohen Energie- und Rohstoffkosten seien es aber auch der Fachkräftemangel und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die die Industrie belasten.

Die Ergebnisse des IHK-Konjunkturberichtes im Einzelnen:

In der Industrie sorgt die Krise inzwischen für sinkende Umsätze. Verglichen mit dem Vorjahr wird die Geschäftslage deutlich schlechter bewertet, die Geschäftserwartungen aber haben sich aufgehellt. Damit hat sich das Bild gewandelt: Aus den Befürchtungen der Vergangenheit wurde belastende Gewissheit, die Risiken werden inzwischen aber einkalkuliert. Ein Großteil der Kostensteigerungen wurde weitergereicht – die daraus resultierenden gestiegenen Preise sorgen nun aber bei den Kunden für Zurückhaltung, was neue Aufträge betrifft.
Im Baugewerbe hat sich die Lagebewertung ebenfalls eingetrübt. Schon seit einigen Quartalen sind die Auftragseingänge rückläufig. Zu den hohen Preisen kommen hier deutlich gestiegene Kreditzinsen, die insbesondere den Wohnungsbau ausbremsen. Aufgrund großer Auftragspuffer wirkte sich dies lange Zeit eher auf die Erwartungen aus. Aktuell drücken inzwischen aber auch hier sinkende Umsätze auf die Lagebewertung.
Im Dienstleistungsgewerbe sorgt ein verbesserter Ausblick für eine sich insgesamt aufhellende Stimmung. Die Geschäftslage ist dabei auf dem Niveau von Anfang 2022. Aktuell werden nur noch moderate Umsatz- und Gewinn­verschlechterungen gemeldet. Mit dem Auftragsbestand sind rund 85 Prozent der befragten Unternehmen zufrieden. Ihre Geschäfts­erwartungen verbessern sich deutlich, sind aber per Saldo weiter negativ.
Der Handel wird weiterhin von der Inflation belastet. Das Geschäftsklima bleibt trotz leichter Aufhellung negativ. Die Inflation wirkt hier gleich von zwei Seiten – zum einen verschlechtert sich die Gewinnlage und zum anderen leidet der Umsatz, weil die reale Kaufkraft der Kunden sinkt. Für rund zwei Drittel der Unternehmen ist die Inlandsnachfrage aktuell ein großes Risiko. Die Geschäftserwartungen bleiben deutlich pessimistisch.
Im Verkehrsgewerbe gestaltet sich die Stabilisierung weiter schwierig. Der starke Preisanstieg bei Energie und Kraftstoffen nach Ausbruch des Ukraine-Krieges hat die Unternehmen belastet. Aktuell leidet insbesondere der Güterverkehr unter den Produktionsrückgängen im produzierenden Gewerbe. Über ein Drittel der befragten Unternehmen empfindet seinen Auftragsbestand als zu klein. Dennoch verbessern sich Lage und Erwartungen gegenüber den sehr schlechten Vorjahreswerten. Das Geschäftsklima erreicht wieder fast einen ausgeglichenen Wert auf der Nulllinie.