Die Legende lebt

Die Flaschen mit der roten Haube krönten in der DDR so manche Feier. Mit 17 bis 23 Ostmark war Rotkäppchen-Sekt aus Freyburg an der Unstrut ein Luxusgut. Fast hätte die legendäre Marke, deren Wurzeln 165 Jahre zurückreichen, die Wende nicht überstanden – doch nach einem Management-Buy-out 1993 gelang eine einzigartige Erfolgsgeschichte.
„Was viele vielleicht nicht wissen: Das Geburtsjahr des Familienunternehmens Rotkäppchen- Mumm ist 1856. Damals haben unsere Gründerväter die Wurzeln gelegt, heute würde man das sicherlich als Start-up bezeichnen“, betont Christof Queisser, Chef des Marktführers Rotkäppchen-Mumm stolz. Bereits um 1885 trank man in allen preußischen Offizierskasinos den Schaumwein aus dem Herzen von Sachsen-Anhalt. Richtig Fahrt nahm die Erfolgsgeschichte dann 1894 auf, als die Marke Rotkäppchen geboren wurde – eigentlich Ergebnis eines Rechtsstreits aufgrund des neuen „Gesetzes zum Schutz der Warenzeichen“. Namensgeber war die rote Kappe auf der Flasche. 1901 stattete die Freyburger Firma sogar die erste deutsche Expedition an den Südpol mit Sekt-Proviant aus. Der kaiserliche Gaumen Wilhelms II. wurde ebenfalls mit Rotkäppchen- Sekt benetzt.

Regional verwurzelt

Die lange Unternehmensgeschichte hätte ihn eines gelehrt, so Queisser: „Bei uns hat Innovation schon immer Tradition. Unser Blick geht nach vorn, dabei sind wir extrem werteorientiert.“ Die regionale Verbundenheit habe bis heute große Bedeutung. „Rotkäppchen- Sekt kommt aus Freyburg, hier schlägt das Herz der Marke. Wir sind ein Familienunternehmen und seit vielen Generationen in unserer Heimatregion tief verwurzelt. Daran wird sich auch nichts ändern“, so der CEO. Und dies gelte nicht nur für Freyburg: „Schauen Sie an unsere Standorte nach Eltville, Breisach oder Nordhausen. Auch dort sind wir verwurzelt.“ Auszubilden gehört für ihn ebenfalls zur Verpflichtung für die Region. Außerdem habe man in Freyburg eine der modernsten Produktionsanlagen geschaffen: „Unser Standort Freyburg ist absolute Weltspitze, das finden Sie so kein zweites Mal.“

Starke Frauen auf allen Ebenen

Ob die Entwicklung während der DDR-Zeit die Firmenkultur immer noch beeinflusse? „Ganz eindeutig: Durch starke Frauen auf allen Ebenen des Unternehmens“, unterstreicht Queisser. „Wir leben eine gute Mischung aus gesundem Pragmatismus und weitsichtiger Planung. Ganz tief ist sicherlich das Macher- Gen in uns verankert. Heute sind wir eine sehr gute Kombination aus unterschiedlichsten kulturellen Erfahrungen und Einflüssen. Was ein wichtiger Erfolgsfaktor ist: Wir sprechen miteinander immer auf Augenhöhe!“ Rotkäppchen-Mumm sei im allerbesten Sinne ein Familienunternehmen: „Wir haben kurze Entscheidungswege, können schnell agieren.“

Keine Kurzarbeit, großer Digitalsprung

In der Corona-Krise habe das Unternehmen zusammengehalten und die Zeit genutzt, wie Queisser erklärt. „Bei der tagtäglichen Zusammenarbeit in Videokonferenzen oder dem Ausbau unserer Ludwig von Kapff-Online- Shops haben wir Riesenschritte gemacht. Außerdem haben wir einen ganz neuen Geschäftsbereich für die Ansprache der Endverbraucher gestartet“, sagt er. „Was aber für uns von Anfang an feststand: Kurzarbeit wird es bei uns nicht geben.“ Die Zukunft aber werde noch digitaler, schneller. Weitere Herausforderungen? „Steigende Preise für Rohstoffe, die Energiewende und vor allem die globale Klimakrise sind sicherlich die wichtigsten Themen, für die wir in den nächsten Jahren unbedingt Lösungen finden müssen.“ Dabei setzt Queisser vor allem auf sein Team: „Letztendlich sind es die Menschen bei Rotkäppchen- Mumm, die maßgeblich zum Erfolg beitragen.“

Der Fragebogen: Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH

Am Markt seit ...?

1856, als Moritz und Julius Kloss mit ihrem Freund Carl Foerster in Freyburg eine Weinhandlung gründeten.

Zahl der Beschäftigten?

997 im Jahr 2020.

Wird ausgebildet?

Immer, aktuell rund 60 Auszubildende und Trainees. Zudem können alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Rotkäppchen-Mumm Academy ihr Wissen vertiefen – das Konzept ist ein neuer Weg in der Branche.

Das Unternehmen hat sich entwickelt zum ...?

Marktführer im Sekt-, Wein- und Spirituosenbereich mit Marken wie Rotkäppchen, Geldermann, Mumm, aber auch Chantré, Echter Nordhäuser oder Mariacron. Das Unternehmen hat neun Standorte, davon je einen in Italien und in Österreich. Am Stammsitz Freyburg (Unstrut) wurde in den letzten Jahren kontinuierlich investiert.

Umsatz?

1,2 Milliarden Euro Gesamtumsatz 2020 (inklusive Sekt- und Alkoholsteuer, ohne Mehrwertsteuer), aufgeteilt auf die drei Geschäftsfelder Sekt & Co. – 594 Millionen Euro (Vorjahr: 584 Millionen Euro); Wein – 228 Millionen Euro (Vorjahr: 183 Millionen Euro) sowie Spirituosen – 378 Millionen Euro (Vorjahr: 347 Millionen Euro).

Prognose?

Mit „Eigenständigkeit, Weitsicht und Mut“ auch in Zukunft Qualität und nachhaltiges Wachstum sichern. Die Herausforderung Digitalisierung will Rotkäppchen- Mumm in allen Bereichen tatkräftig angehen.

In der Region engagiert durch ...?

Ein kultureller Leuchtturm in der Region ist das Sektival mit zahlreichen Konzerten, Lesungen und Kabarettabenden. Lokale Veranstaltungen wie das Freyburger Winzerfest werden ebenfalls unterstützt. Großer Wert wird auf Zusammenarbeit mit Betrieben aus der Region gelegt. Einen besonderen Besuchermagneten stellt die historische Rotkäppchen Sektkellerei dar. Derzeit werden rund zehn Millionen Euro in ein neues Besucherzentrum investiert. Die Rotkäppchen-Markenwelt soll im Frühjahr 2023 als Highlight öffnen.

Was bedeutet Corporate Social Responsibility (CSR, Übernahme von ökologischer, ökonomischer, sozialer Verantwortung) für das Unternehmen?

Der Marktführer will Maßstäbe setzen. So garantiert ein Verhaltenskodex einen fairen Umgang. Ein Lieferantenkodex legt die Verhaltensweisen im Geschäftsverkehr fest. Bestandteile aller Lieferverträge sind regelmäßige Audits und Qualitätsspezifikationen. Nicht zuletzt wird stetig an der Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks gearbeitet – zum Beispiel durch aktive Frachtraumoptimierung. Außerdem werden die Produkte nach International Featured Standards Food (IFS Food) zertifiziert. Besonders engagiert sich das Unternehmen für die Prävention von übermäßigem Alkoholkonsum und unterstützt Initiativen, die sich für den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol einsetzen – speziell im Jugendalter.
Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH
Sektkellereistraße 5
06632 Freyburg (Unstrut)
Tel. 034464-340
www.rotkaeppchen-mumm.de
Mehr Informationen und weitere Geschichten unter www.halle.ihk.de, Nr. 5018712