Aus dem Wohnzimmer in die Welt

Auch in Sachsen-Anhalt gibt es Gründungsstorys, die klingen wie aus dem Start-up-Lehrbuch: An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) entstand die Idee für ein Ultraschallmessgerät, das in der Herzchirurgie die Bildung gefährlicher Mikroblasen überwacht. Es folgte die Ausgründung, statt der Garage wurde ein Wohnzimmer zur ersten Firmenzentrale. Inzwischen setzt der „Bubble Counter“ der GAMPT mbH aus Merseburg international den Goldstandard.
„Unser Gründungsprodukt gehört nach wie vor zu unseren wichtigsten Standbeinen. Inzwischen haben wir die vierte Gerätegeneration herausgebracht“, erklärt Dr. Grit Oblonczek, Marketing & Sales Director der GAMPT mbH – Gesellschaft für angewandte medizinische Physik und Technik. Weitere Bereiche wie Ultraschallmesstechnik für Industrieanwendungen oder für die universitäre Ausbildung sind in den letzten 23 Jahren hinzugekommen. 
Das Segment der Ausbildungsgeräte beispielsweise entstand, weil die MLU und die Hochschule Anhalt mit der Bitte nach entsprechenden Produkten an das Unternehmen herangetreten seien: „Für ihre Studenten brauchen sie Geräte, die verständlich aufgebaut sind.“ Weil andere Hochschulen diesen Bedarf ebenfalls anmeldeten, wurde ein neuer Geschäftszweig daraus. „In Deutschland stehen in nahezu alle Universitäten und Hochschulen Geräte und Versuchsaufbauten von uns, um Anwendungen der Ultraschalltechnik in Medizin, Physik und Werkstoffwissenschaft zu trainieren.“

Forschung an neuen Diagnoseverfahren

„In unserem Kerngeschäft, der medizinischen Messtechnik, sind wir in etliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu neuen Diagnoseverfahren eingebunden“, unterstreicht Oblonczek. Dabei wolle die Firma in neue Gebiete der medizinischen Diagnostik vorstoßen, „in denen bisher kein Ultraschall eingesetzt wird.“ Laut Oblonczek laufen derzeit eine Reihe klinischer Studien. Das letzte „große Ding“ war eine neue medizinische Diagnosemethode zur risikofreien Hirndruckmessung mit Ultraschall (THED), eine Kooperation mit Wissenschaftlern der Charité Universitätsmedizin Berlin.

Lokal verwurzelt, made in Germany

„Unsere Produkte sind made by GAMPT in Germany, wir lassen nichts im Ausland produzieren“, betont Oblonczek. Die Zulieferer kommen bevorzugt aus der Region rund um Merseburg. Rein produktionstechnisch könnte das Unternehmen aber überall sitzen. „Wir sind in Merseburg, weil wir hier sein wollen. Wir kommen aus der Region, haben hier unsere Ausbildung gemacht und ein großes Netzwerk.“ Nicht zuletzt eröffne sich durch die Hochschule Merseburg und die MLU ein interessantes Fachkräftereservoir.

Gründergeist nicht verloren

„Wir sind in einer Wohnung gestartet, das Bad war die Werkstatt, im Wohnzimmer wurden Ideen entwickelt“, erinnert sich Oblonczek. Den Spirit aus der Start-up-Zeit habe man mitgenommen – und das Erfolgsgeheimnis für innovative Ideen: „Wir hören unseren Kunden zu, nehmen ihre Anliegen und ihr Feedback ernst. Uns ist wichtig, öfter die Perspektive zu wechseln, um Probleme zu lösen. Wir reagieren schnell, legen Wert auf persönliche Betreuung.“ Die müsse nicht vor Ort stattfinden: GAMPT hat die Corona-Krise genutzt und ein TV-Studio gebaut, um Onlinepräsentationen live durchzuführen. „Auch abends, wenn ein Kunde aus den USA Unterstützung braucht“, berichtet Oblonczek. „Unser Motto: Unmögliches wird gleich erledigt, Wunder dauern etwas länger.“

Der Fragebogen: GAMPT mbH

Am Markt seit ...?

1998. Das auf Ultraschallmesstechnik spezialisierte Unternehmen wurde von fünf Mitarbeitern des Instituts für Medizinische Physik und Biophysik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) gegründet. Die erste Firmenzentrale war ein Wohnzimmer. 

Zahl der Beschäftigten?

23, inklusive eines Dual-Studenten.

Wird ausgebildet?

Nein, der Schwerpunkt liegt auf Hochschulabsolventen. Das Unternehmen ist in den dualen Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen, Spezialisierung Mechatronik, der Hochschule Merseburg eingebunden. Dabei handelt es sich um ein Hochschulstudium mit integriertem Praxisteil. Meist wird pro Jahr ein Platz vergeben. Außerdem werden Bachelor- und Masterarbeiten sowie Hochschulpraktika vor allem aus dem Bereich Medizintechnik betreut, darunter von Studierenden der Hochschule Merseburg, Friedrich-Schiller-Universität Jena, MLU, Hochschule Anhalt/Standort Köthen und Universität Leipzig.

Das Unternehmen hat sich entwickelt zu ...?

Einem kompetenten Anbieter von Komplettlösungen im Bereich Ultraschallmesstechnik für spezielle Anwendungen. Das Gründungsprodukt „Bubble Counter“ gilt international als Goldstandard für die Analyse und Detektion von Mikroblasen bei Herzoperationen, wenn der Blutkreislauf über eine Herz-Lungen-Maschine geleitet wird. Zu den zahlreichen Forschungspartnern gehört vor allem die Charité Berlin. Mit einer Exportquote von über 70 Prozent sind die Messgeräte des Unternehmens für Medizin, Industrie und Ausbildung auf allen Kontinenten im Einsatz.

Umsatz?

Ca. 1,4 Millionen Euro pro Jahr.

Prognose?

Der positive Trend setzt sich fort, speziell durch neue Projekte im Segment medizinischer Diagnoseverfahren, aber genauso in den Bereichen Industrie, Ausbildung sowie Qualitätsmessung von Sensoren. Eine neue Sparte Labortechnik steht vor dem Start. Erstes Produkt ist ein Ultraschall-Dopplergerät, das FluidoScope, für verschiedenartige Messungen im Labor wie zum Beispiel Fluss- und Streumessungen.

In der Region engagiert durch ...?

Spezielle Erlebnisprogramme sollen Schüler, vor allem Mädchen, für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Natur- und Technikwissenschaften) begeistern – darunter regelmäßige Projekttage für Schüler und Schülerinnen, gemeinsam mit dem Salinetechnikum Halle und der Landesschule Pforta. Praktische Vorlesungen finden gemeinsam mit dem Lehrstuhl Sensorik der Hochschule Merseburg statt.

Was bedeutet Corporate Social Responsibility (CSR, Übernahme von ökologischer, ökonomischer, sozialer Verantwortung) für das Unternehmen?

50 Prozent des Strombedarfs deckt eine eigene Photovoltaikanlage, der Fuhrpark wird auf E-Mobilität umgestellt. Fluide Arbeits- und Gleitzeitmodelle werden an individuelle familiäre Bedürfnisse angepasst, Eltern erhalten Zuschüsse zum Kindergartenbeitrag. Um Arbeitsplätze zu sichern, wird bevorzugt mit lokalen Firmen und Zulieferern zusammengearbeitet.
Kontakt:
GAMPT Gesellschaft für Angewandte Medizinische Physik und Technik mbH
Hallesche Straße 99F
06217 Merseburg
Telefon: +49 (0) 3461 278 691-0
www.gampt.de
Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau
Franckestr. 5
06110 Halle (Saale)

Tel: 0345 21 26-0
Fax: 0345 21 26-105
E-Mail: info@halle.ihk.de