Oase im Einetal
Seit 1989 betreiben Annett und Andreas Malik die Gaststätte am Waldbad in Alterode unweit von Hettstedt. Wer hierherkommt, liebt gutes bürgerliches Essen, eine familiäre Atmosphäre und die Abgeschiedenheit im Grünen.
Wenn der Gaststättenbetrieb ruht, wird Andreas Malik vom Koch zum Gärtner. Liebevoll kümmert er sich um seine Hortensien, Schmucklilien, Geranien und Oleander. Er dreht mit der Gießkanne seine Runden, greift zur Schere, um verwelkte Blüten oder trockene Äste zurückzuschneiden. Die zahlreichen Blumen und Sträucher rund um die Terrasse der „Gaststätte am Waldbad“ machen den Ort zu etwas Besonderem, zu einer blühenden Oase inmitten des ohnehin abgelegenen Einetals im Harzer Vorland. „Die Leute kommen, um gut zu essen und sich bei uns wohlzufühlen“, sagt der 57-Jährige. „Küche und Ambiente gehören bei uns einfach zusammen.“
Konsum-Kommisionäre im real existierenden Gastronomiebetrieb
Vor über 30 Jahren, im Januar 1989, haben Andeas Malik und seine Frau Annett einen Entschluss gefasst: Der gelernte Koch und die Restaurantfachfrau wollten sich selbstständig machen. Schnell war ein Objekt ins Auge gefasst, das die Gemeinde Alterode, die heute zur Stadt Arnstein gehört, zur Pacht ausgeschrieben hatte: das ehemalige Wirtschaftsgebäude des angrenzenden Freibads samt des zum Grundstück gehörenden Wohnhauses. Die Maliks bewarben sich und erhielten den Zuschlag – von November 1989 bis April 1990 betrieben sie das Restaurant als Kommissionäre der Konsum-Genossenschaft. „Wir hatten zu Beginn nicht einmal ein Telefon“, erinnert sich Andreas Malik. „Da können Sie nicht einfach in der nächsten Brauerei anrufen und Bier ordern.“ Als Gastwirt in der DDR habe man oft mehr Zeit damit verbracht, Ware zu organisieren, als im Restaurant zu arbeiten.
Mit der D-Mark kam erstmal die Flaute
Im Frühjahr 1990 kündigte Konsum den Vertrag, die Maliks wurden in die Marktwirtschaft entlassen und pachteten das Objekt nun direkt von der Gemeinde. Die Einführung der D-Mark wurde sehnsüchtig erwartet, doch gerade sie bescherte dem Restaurant die bis heute einzige große Flaute: „Mit einem Schlag blieben die Gäste aus“, erzählt Andreas Malik. „Keiner wollte die neuen Münzen und Scheine in die Gaststätte tragen – essen und trinken konnte man ja schließlich auch zuhause.“ Zwei Dinge hielten die Maliks zu dieser Zeit über Wasser: ihr Kiosk, aus dem sie Snacks und Getränke an die Freibadbesucher verkauften, und die Unterstützung der IHK, die drei Auszubildende aus ehemaligen HO-Gaststätten vermittelte und einen Großteil der Lohnkosten übernahm. Malik: „Das hat uns bis zum Sommer 1991 gerettet, und von da an ging es wieder bergauf.“
Ob Strindberg oder Hirschbraten – Gäste schätzen die konstant hohe Qualität
Seit 1998 sind die Maliks keine Pächter mehr, sie haben die Gaststätte von der Gemeinde erworben. Heute werden sie von zwei Mitarbeitern – einer Küchenhilfe und einer Serviererin – unterstützt. Und die brauchen sie dringend, denn das Restaurant ist stets gut gefüllt, an den Wochenenden sogar ausgebucht. „Wer nicht reserviert hat, muss meist sehr lange warten oder unverrichteter Dinge wieder gehen“, sagt Andreas Malik. Die Gäste kommen keineswegs nur aus der näheren Umgebung, viele nehmen mehrere Stunden Autofahrt in Kauf und verbinden ihren Tagesausflug mit einem Abstecher zur Gaststätte am Waldbad. Die Maliks kennen inzwischen viele von ihnen persönlich und wissen deshalb auch, was die Besucher an ihnen schätzen: gute Hausmannskost in beständig hoher Qualität – vom Strindberg-Steak bis zum Hirschbraten – und eine beinahe familiäre Atmosphäre. Gekocht wird mit regionalen und saisonalen Zutaten: „Lamm oder Spargel gibt es bei uns nur im Frühjahr, Pilze nur im Herbst“, sagt Andreas Malik. „Bei uns wird alles frisch verarbeitet, deshalb stehen auch nicht vierzig Gerichte auf der Karte.“
„Unsere Gäste schätzen beides – gute Küche und familiäre Atmosphäre.“
Andreas Malik
Corona und überhaupt: Wie geht es weiter?
Dreißig Jahre nach der Währungsunion liegt es diesmal nicht an der Zurückhaltung beim Geldausgeben, sondern am Lockdown infolge der Coronakrise, dass die Gäste schlagartig ausgeblieben sind. Doch die Maliks haben gut gewirtschaftet und die Wochen der Schließung finanziell passabel überstanden. „Ich muss hier mal eine Lanze für die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung brechen“, sagt Andreas Malik. „Die Senkung der Umsatzsteuer bei Speisen von 19 auf sieben Prozent bis Mitte 2021 hilft uns sehr – das muss man auch mal anerkennen statt immer nur zu meckern.“ Dennoch bleiben Unsicherheiten, etwa bei den Planungen für Weihnachten und Silvester: Wieviele Gäste dürfen zusammen feiern? Sind Buffets erlaubt? Wie sieht es mit Tanzveranstaltungen aus? Malik: „Das werden wir alles kurzfristig entscheiden müssen und hoffen dabei sehr auf das Verständnis unserer Kunden.“
Die erste Speisekarte des Restaurants 1989. In der Preisstufe D III kostete ein Pils 56 Pfennige und eine Rinderroulade 4,70 Mark.
© Gaststätte am Waldbad
Etwa zehn Jahre noch wird Andreas Malik in der Küche stehen und sich um das Wohl seiner Gäste kümmern. Eine Nachfolge innerhalb der Familie gibt es nicht – die beiden Kinder hat es in andere Branchen gezogen. Und ob sich zu gegebener Zeit ein engagierter Wirt findet, der die Gaststätte am Waldbad weiterbetreibt, steht in den Sternen. Wer also in den Genuss des legendären Strindbergs aus dem Einetal kommen will, der sollte nicht allzu lange warten.
Gaststätte am Waldbad
Gegründet:
1989
Standort:
Arnstein (OT Alterode)
Mitarbeiter:
4
Zahl der Gäste:
rund 20.000 (2019)
Umsatz:
325.000 Euro (2019)
Gegründet:
1989
Standort:
Arnstein (OT Alterode)
Mitarbeiter:
4
Zahl der Gäste:
rund 20.000 (2019)
Umsatz:
325.000 Euro (2019)
Matthias Münch