EU-Freihandelsabkommen mit Vietnam

Zum 1. August 2020 ist das gemeinsame Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Vietnam in Kraft getreten. Nachfolgend finden Sie Informationen zu den wichtigsten Änderungen bei den Präferenzen und Zöllen sowie zu den Übergangsregelungen.

1. Zollabbau

Durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam werden mehr als 99 Prozent der Zölle für Ursprungswaren abgebaut. Über die Marktzutrittsdatenbank können Sie die aktuelle Zollhöhe in Vietnam prüfen.

Zeitplan Vietnams für EU-Ursprungserzeugnisse

Vietnam verpflichtet sich bei Inkrafttreten des Abkommens für 65 Prozent der EU-Erzeugnisse den Zoll bei der Einfuhr sofort abzuschaffen. Im Laufe von zehn Jahren folgen, bis auf wenige Ausnahmen, alle weiteren Erzeugnisse (siehe auch Zeitplan Vietnam Appendix 2-A-2, ab Seite 672). Fast alle Maschinenbauerzeugnisse können beispielsweise direkt nach Abschluss des Abkommens zollfrei nach Vietnam eingeführt werden. Die restlichen Maschinenbauerzeugnisse folgen nach fünf Jahren. Daneben werden circa 50 Prozent aller Pharmazeutika zollfrei ab Inkrafttreten, der Rest wird spätestens nach sieben Jahren zollfrei. Im Bereich Kraftfahrzeuge und -teile kommt die vollständige Zollfreiheit nach zehn Jahren. Lediglich für sensible Agrarprodukte, unter anderem Reis, Pilze oder Thunfisch, bleiben Zollkontingente bestehen.
Zollsenkungen nach Kapiteln (Quelle: DG Trade)
Zollsatz ohne Freihandelsabkommen
Zollsatz ab Inkrafttreten
Tiere, landwirtschaftliche Erzeugnisse (Kap. 1-24)
0-55 Prozent
Zollfreiheit je nach Produkt bei Inkrafttreten oder nach 5, 7, 10 oder 15 Jahren oder Kontingente
Chemie, Pharmazeutika (Kap. 25-38)
0-25 Prozent
bei einigen Kapiteln zollfrei ab Inkrafttreten, ansonsten nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren
Kunststoffe, Leder- und Holzwaren (Kap. 39-49)
0-35 Prozent
Zollfreiheit nach 3, 5, 7 oder 10 Jahren
Textil, Bekleidung (Kap. 50-67)
0-30 Prozent
circa 70 Prozent zollfrei ab Inkrafttreten, für den Rest nach 3, 5 oder 7 Jahren
Steine, Keramik, Porzellan etc. (Kap. 68-83)
0-45 Prozent
Zollfreiheit je nach Produkt bei Inkrafttreten oder nach 5, 7, 10 Jahren
Maschinen, Elektronik (Kap. 84-85)
0-30 Prozent
Großteil bei Inkrafttreten zollfrei, für den Rest nach 5 oder 7 Jahren
Beförderungsmittel (Kap. 86-89)
0-78 Prozent
Zollfreiheit 10 Jahre nach Inkrafttreten
Instrumente, Messgeräte (Kap. 90-93)
0-25 Prozent
Großteil bei Inkrafttreten zollfrei
Möbel, Sonstiges (Kap. 94-97)
0-25 Prozent
Zollfreiheit nach 3 Jahren

Zeitplan der EU für vietnamesische Ursprungserzeugnisse

Die EU schafft den Zoll für 84 Prozent der vietnamesischen Ursprungswaren mit Inkrafttreten des Abkommens ab. Innerhalb von sieben Jahren werden die übrigen Zölle abgebaut sein (siehe auch Zeitplan EU Appendix 2-A-1, ab Seite 169 ). Es ist sichergestellt, dass die Importzölle der EU in keinem Fall höher sind, als die APS-Zölle. Das wäre theoretisch zu Beginn möglich, wenn die Abbaustufen durch das Abkommen kleiner sind, als die Differenz zwischen dem Drittlandszollsatz und dem APS-Zollsatz.
Für wenige landwirtschaftliche Produkte wie Reis, Mais, Knoblauch, Champignons, Zucker und hoch zuckerhaltige Produkte, Maniokstärke, Surimi und Thunfischkonserven bleiben Kontingente bestehen.
Die verschiedenen Abbaustufen entnehmen Sie den allgemeinen Bestimmungen (Annex 2-A), ab Seite 162.

2. Ursprungsregeln

Bedingung für eine zollfreie Einfuhr ist der Ursprung der Erzeugnisse in einer der beiden Volkswirtschaften. Die Ursprungsregeln ähneln den Regeln des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU gegenüber Entwicklungsländern wie auch jenen, die in anderen Handelsabkommen, beispielsweise Singapur , Anwendung finden. Die Ursprungsregeln sind im Ursprungsprotokoll (Annex II, ab S. 1.341) festgelegt. Meist wird ein Positionswechsel auf 4-steller Ebene für Vormaterialien ohne Ursprung oder alternativ je nach Ware eine Wertschöpfungsregel zwischen 40 und 70 Prozent verlangt. Für manche Warengruppen ist der 6-Steller ausschlaggebend.

Kumulierung

Das Freihandelsabkommen sieht zwei Kumulierungsmöglichkeiten vor: die bilaterale Kumulierung zwischen der EU und Vietnam sowie die ASEAN-Kumulierung. Bereits im Abkommen der EU mit Singapur ist die Möglichkeit der ASEAN-Kumulierung vorgesehen. Ziel der EU ist es, einheitliche Regeln zur Kumulierung mit den zehn ASEAN (Association of Southeast Asian Nations)-Staaten (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) zu verhandeln. Das bedeutet, dass in Vietnam gefertigte Güter auch dann zollfrei wären, wenn ihre Teile aus anderen Staaten des ASEAN-Verbundes stammten, mit denen die EU ein Abkommen hat.
Weitere Verhandlungen mit Mitgliedern der ASEAN gibt es derzeit mit Indonesien. Das Freihandelsabkommen mit Singapur (EUSFTA) ist im November 2019 in Kraft getreten.

3. Ursprungsnachweise

3.1 Ursprungsnachweise ausgestellt in der EU

Präferenznachweis für alle Warensendungen ist die Ursprungserklärung auf der Rechnung. Diese hat den üblichen Wortlaut. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro darf nur ein Registrierter Exporteur (REX) eine Ursprungserklärung ausstellen. EU-Exporteure müssen sich also bei ihrer zuständigen Zollbehörde (in Deutschland das zuständige Hauptzollamt) als REX registrieren lassen, wenn sie die Zollvorteile des EU-Vietnam-Abkommens nutzen wollen. Bereits bestehende REX-Registrierungen gelten automatisch auch für Vietnam. Der Zoll informiert auf seiner Website ausführlich über den REX.

3.2 Ursprungsnachweise ausgestellt in Vietnam

Für vietnamesische Ausführer gilt als Präferenznachweis bis zu einem Warenwert von 6.000 Euro gleichfalls die Ursprungserklärung. Ab einem Warenwert von 6.000 Euro ist eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 auszustellen. Eine Umstellung auf das REX-System ist möglich. Das bisherige APS-System gilt für einen Zeitraum von zwei Jahren parallel weiter. In einer Fachmeldung des Zolls sind die Details dargestellt.

3.3 Vietnam auf Lieferantenerklärungen

Vietnam kann auf Lieferantenerklärungen genannt werden, da das Abkommen am 12. Juni 2020 im Amtsblatt der EU L186 veröffentlicht worden ist.
Quelle: DIHK, IHK zu Stuttgart