Informationen zum Handelsvertreterrecht

Der Handelsvertreter als Absatzmittler ist betriebswirtschaftlich einer der wichtigsten Absatzkanäle vom Hersteller zum Endverkäufer.

Begriff des Handelsvertreters

Gemäß § 84 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer (im Sinne von § 84 I 2 HGB) im Wesentlichen frei seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Im Gegensatz zum Angestellten ist der Handelsvertreter nicht in eine fremde Arbeitsorganisation eingebunden. Eine Mindestarbeitszeit, einen obligatorischen Tagesplan und festgelegtes Arbeitspensum existiert nicht. Der selbständige Handelsvertreter kann sowohl eine natürliche Person sein, als auch eine Handelsgesellschaft. Erfüllt ein Absatzmittler sämtliche Voraussetzungen des § 84 I 1 HGB, ohne jedoch selbständig zu sein, ist er nicht Handelsvertreter des Unternehmers. Der Handelsvertreter kann bei seiner Tätigkeit auch Untervertreter sein. Ein Handelsvertreterverhältnis besteht auch dann, wenn eine Bestellung als Untervertreter unter den Hauptvertreter erfolgt ist.

Vermittlung oder Abschluss von Geschäften für den anderen Unternehmer ist Aufgabe des Handelsvertreters. Wer im eigenen Namen Geschäfte abschließt, ist somit nicht Handelsvertreter. Um welche Art von Geschäften es sich handelt, ist ohne Bedeutung. Vermittlung ist die über das bloße Schaffen von Kundenkontakten hinausgehende Förderung von Geschäftsabschlüssen des Unternehmers mit Kunden durch Einwirkung auf diesen.

Beim Abschluss von Geschäften vollzieht der Handelsvertreter neben der Vermittlung auch den Abschluss im Namen des Unternehmers. Der Handelsvertreter benötigt dazu eine Handlungsvollmacht im Sinne von §§ 55 I, 54, 91 I HGB. Dauerhaftigkeit bedeutet, dass der Handelsvertreter ständig mit der Wahrnehmung der Geschäfte des anderen Unternehmers betraut sein muss. Der Handelsvertreter wird wiederholt im Rahmen eines einheitlichen Rechtsverhältnisses für den Unternehmer tätig. Im Gegensatz dazu wird beispielsweise der Handelsmakler im Rahmen von mehreren Einzelaufträgen (wiederholt) tätig.

Handelsvertretervertrag

Der Handelsvertretervertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, auf den die Spezialvorschriften der §§ 84 bis 92 c HGB anwendbar sind. Darüber hinaus finden die §§ 611, 675 ff. BGB Anwendung, da der Vertrag den Charakter einer Geschäftsbesorgung hat.

Der Handelsvertretervertrag kann formfrei geschlossen werden, jedoch kann gemäß § 85 S.1 HGB jeder Vertragspartner die Aufnahme des Vertragsinhalts in eine Urkunde verlangen. Dies empfiehlt sich allerdings zu Beweiszwecken.

Pflichten des Handelsvertreters

Der Handelsvertreter hat gemäß § 86 HGB die Pflicht, sich um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften zu bemühen und dabei die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen. Er hat dem Unternehmer über abgeschlossene oder vermittelte Geschäfte zu berichten, Geheimnisse des Unternehmers vertraulich zu behandeln, von ihm bereitgestellte Gegenstände pfleglich zu behandeln und Interessen des Unternehmers zu wahren.

Für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Kunden haftet der Handelsvertreter normalerweise nicht. Er kann jedoch eine Einstandspflicht für die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Geschäft (Delkredere) übernehmen. Dann steht ihm allerdings grundsätzlich eine besondere Provision zu.

Pflichten des Unternehmers

Gemäß § 87 I HGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter Provision zu zahlen, sofern das Geschäft (auch) durch die Tätigkeit des Handelsvertreters zum Abschluss gekommen ist. Die Höhe der Provision bestimmt sich nach Vereinbarung, gegebenenfalls nach dem üblichen Satz.

Darüber hinaus hat der Handelsvertreter nach § 86a HGB Anspruch auf Unterstützung, d.h. der Unternehmer muss ihm für seine Arbeit die erforderlichen Unterlagen (Werbedrucksachen, Allgemeine Geschäftsbedingungen etc.) und Muster zur Verfügung stellen und ihn mit allen erforderlichen Nachrichten versehen. Im übrigen trifft den Unternehmer eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Belange des Handelsvertreters.

Danach hat er willkürliche Maßnahmen zu unterlassen, die den Provisionsanspruch des Handelsvertreters vereiteln. Bei Bezirks- oder Kundenkreisvertretern (Handelsvertreter, die aufgrund vertraglicher Vereinbarung -exklusiv- einem bestimmten räumlichen oder personellen Gebiet zugewiesen sind) kommt es gemäß § 87 II HGB nicht auf die Mitursächlichkeit an, sondern lediglich darauf, ob der Geschäftsabschluss mit Personen aus seinem Bezirk oder Kundenkreis zustande gekommen ist.

Beendigung des Vertragsverhältnisses und Ausgleichsanspruch

Das Vertragsverhältnis endet - soweit nicht durch Aufhebung, Tod, Insolvenz oder Zeitablauf des befristeten Vertrages - durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung.

Die außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 89a HGB verlangt das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein solcher ist nur dann gegeben, wenn Kündigungsgrund die Verletzung vertraglicher Pflichten ist oder ‘außergewöhnliche Umstände’ den Ausspruch der fristlosen Kündigung als verhältnismäßig rechtfertigen.
Beispiele: schuldhafte Untätigkeit des Handelsvertreters, Aufnahme einer größeren Bestellung als vom Kunden tatsächlich bestellt, wiederholtes Nichtbefolgen von „Weisungen“ des Unternehmers. Die ordentliche Kündigung erfolgt gemäß der Frist des § 89 HGB.

Dem Handelsvertreter kann bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB gegen den Unternehmer zustehen. Dem Handelsvertreter ist ein Ausgleich dafür zu schaffen, dass er dem Unternehmer Kundschaft zugeführt hat, mit der dieser zu seinem Nutzen weitere Geschäfte abschließt, ohne dass der ausgeschiedene Handelsvertreter noch Provision beanspruchen kann.

Die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch liegen allerdings erst dann vor, wenn der Unternehmer aus den Geschäftsverbindungen, die der Handelsvertreter (neu) hergestellt oder wesentlich erweitert hat, noch erhebliche Vorteile zieht. Dabei wird auf den zu erwartenden Umfang weiterer Geschäfte abgestellt.

Der Handelsvertreter muss dabei durch die Beendigung des Vertragsverhältnisses die Provisionsansprüche verlieren, die er ohne Beendigung künftig gehabt hätte. Außerdem muss die Zahlung eines Ausgleiches der Billigkeit entsprechen, d.h. der Prüfung aller Umstände des Einzelfalles standhalten (Anspuchskürzungen nach Einbeziehung der zur Vertragsbeendigung führenden Gründe sind möglich). Der Provisionsanspruch ist jedoch nach § 89b III HGB ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter selbst gekündigt hat (sofern der Unternehmer nicht Anlass dazu gegeben hat), wenn er den wichtigen Grund (s.o.) für die vom Unternehmer ausgesprochene fristlose Kündigung gesetzt hat, oder wenn einvernehmlich Vertragsübernahme durch einen anderen Handelsvertreter erfolgt.
Die Höhe der Provision beträgt höchstens eine Jahresprovision nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Der Anspruch muss binnen eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden. Der Ausgleichsanspruch bzw. eine Beschränkung des Ausgleiches kann im Voraus oder vor Beendigung des Vertragsverhältnisses vertraglich nicht ausgeschlossen werden.

Wettbewerbsabrede

Der Handelsvertreter und der Unternehmer können wirksam ein Wettbewerbsverbot vereinbaren. Sofern dies nicht geregelt wird, umfasst die Verpflichtung seitens des Handelsvertreters zur Wahrung der Interessen des Unternehmers das Verbot, während der Vertragszeit für ein Konkurrenzunternehmen des Unternehmers tätig zu werden.

Für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses bedarf jede Wettbewerbsabrede gemäß § 90a HGB der Schriftform. Sofern wirksam ein Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, hat der Unternehmer dem Handelsvertreter angemessene Entschädigung nach § 90a I 3 HGB zu zahlen. Die Dauer des Wettbewerbsverbotes ist gesetzlich auf zwei Jahre beschränkt. Anders lautende Vereinbarungen sind in dieser Beziehung unwirksam und auf die gesetzliche Bestimmung umzudeuten.
Quelle: eigene Recherchen; IHK zu Leipzig