Bürokratie: zügig radikal entschlacken!

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Barrierefreiheitsstärkungsgesetz oder auch die Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit 2: Hinter all diesen Regularien stecken zweifelsohne gute Absichten. Aber gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht, sondern oft sogar das Gegenteil davon. Besonders, wenn das Regelwerk lebensfremd daherkommt und seine Umsetzung für die Unternehmen unzumutbare Belastungen bedeutet. Bürokratische Auflagen und Berichts- und Dokumentationspflichten wachsen seit Jahren unverhältnismäßig. Das führt nicht nur in den Unternehmen zu extrem hohem Aufwand, sondern bindet auch immer mehr Arbeitskräfte in der Verwaltung. Und es hält zudem junge Menschen zunehmend davon ab, sich selbstständig zu machen.

Gemeinsam für eine „Gelingenskultur“

Regeln sollen Rechte und Pflichten festlegen, nicht unternehmerische Initiative abwürgen. Eine kommunale Verwaltung, oft erste Schnittstelle zwischen Unternehmen und Staat, die eine besondere Ermöglichungskultur lebt, könnte eine starke Partnerin der Wirtschaft sein: mit transparenten Verfahren, hilfsbereiten Ansprechpartnern, Online-Diensten und einer „Gelingenskultur“. Gegenüber der Politik plädierte die IHK Halle-Dessau auch 2024 vehement dafür, Strukturen und Prozesse zunächst zu entschlacken, zu verschlanken, radikal zu vereinfachen und erst danach zu digitalisieren. Etablierte Strukturen, komplexe Prozesse sowie Aufgaben auf den Prüfstand zu stellen, ist natürlich aufwendig. Doch jede Anstrengung lohnt, wenn Verwaltungsaufwand und Bürokratieauflagen sinken und so Ressourcen in Unternehmen und Verwaltung frei werden. Aufgabenkritik ist Trumpf!

„One in, one out“ reicht nicht!

Das EU-Bürokratieabbau-Motto „one in, one out“ will für den Erfüllungsaufwand, der mit neuen Regelungen einhergeht, den Erfüllungsaufwand bei bestehenden Regelungen um denselben Betrag reduzieren. Das heißt konkret: Ministerien, die Gesetzesvorhaben auf den Weg bringen, taxieren die damit verbundenen Kosten. Verglichen werden sie dann mit Entlastungen, die an anderer Stelle entstehen, weil dort staatliche Vorgaben entfallen. Diese Regelung verändert oder verbessert den Ist-Zustand allerdings nicht, sondern zementiert ihn. Hinzu kommt, dass die vielen Ausnahmen die gewünschte Wirkung verpuffen lassen. Denn die Vorgabe gilt zum Beispiel nicht, wenn höchstrichterliche Entscheidungen umgesetzt werden oder wenn Gesetze auf Vorgaben aus Brüssel beruhen. Um hier echte und wirkungsvolle Entlastung zu schaffen, muss der Erfüllungsaufwand insgesamt – über alle Ebenen – gesenkt werden. Vor allem muss die Regel gelten: Wenn es nicht notwendig ist, eine Regel zu erlassen, dann ist es notwendig, diese nicht zu erlassen!

Erste Ansätze sind da…

Seit 2024 soll ein Landesportal helfen, konsequent Bürokratie abzubauen. Mittels eines Online-Formulars können sogenannte Amtsschimmel, also Beispiele für ein Übermaß an Bürokratie, gemeldet werden. Gleichzeitige Verbesserungsvorschläge sind in diesem Zuge erwünscht. Bereits seit geraumer Zeit ist der eigentlich obligatorische KMU-Test bei Landesregelungen, die die Wirtschaft berühren, Teil des sachsen-anhaltischen Mittelstandsfördergesetzes. Die breite Anwendung der Ansätze ist allerdings noch nicht zu erkennen, ebenso wie die konsequente und transparente öffentliche Kommunikation der Ergebnisse des Tests in der Gesetzgebung. Hier wünschen wir uns mehr Schwung!