Pressemeldung

Hohe Energiepreise belasten südwestfälische Industrie

Eine Umfrage der südwestfälischen Industrie- und Handelskammern Arnsberg, Hagen und Siegen unter 497 Industrieunternehmen zeigt: 42 Prozent der Industrieunternehmen in Südwestfalen sind aufgrund der hohen Energie- und Kraftstoffpreise bereits in ihrer Existenz bedroht oder halten eine Gefährdung bei einer dauerhaft hohen Belastung für wahrscheinlich.
„Das Herzstück der südwestfälischen Wirtschaft leidet weiter unter den im internationalen Vergleich zu hohen Energiepreisen. Der Kostendruck, insbesondere auf die energieintensive Industrie, ist immens”, kommentiert Ralf Stoffels, Präsident der SIHK zu Hagen, ein zentrales Ergebnis der gemeinsamen Befragung.
Die hohen Energiepreise tragen erheblich zur Unsicherheit über die Zukunft des Wirtschaftsstandortes bei. 17 Prozent der Industrieunternehmen ziehen Standortverlagerungen oder Teilverlagerungen konkret in Erwägung. Walter Viegener, Präsident der IHK Siegen:
„Dass jeder sechste Industriebetrieb aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen konkret über Verlagerungen nachdenkt, ist mehr als besorgniserregend. Wir befürchten, dass aus der politisch gewollten Dekarbonisierung letztlich eine Deindustrialisierung wird. Ein Beleg: Die Inlandsinvestitionen sind eher zurückhaltend bei einer gleichzeitig steigenden Investitionsbereitschaft im Ausland.“
Vor allem die USA sei ein Zielland für mehr Investitionen. Das zeigen aktuelle Daten der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Neben vorteilhaften Standortfaktoren wie günstigeren Energiepreisen und der Größe eines einheitlichen Marktes ziehe auch der von der US-Regierung aufgesetzte Inflation Reduction Act (IRA) zusätzliche Investitionen an.
„Eine alarmierende Entwicklung. Jede Verlagerung von Produktionen verringert die Wertschöpfung in Südwestfalen und gefährdet Arbeitsplätze und Wohlstand. Die deutsche Politik muss für Entlastungen sorgen, aber nicht mit weiteren bürokratischen Subventionen, sondern mit einer Senkung der Steuer- und Abgabenlast“, fordert Andreas Rother, Präsident der IHK Arnsberg. Schließlich sei Deutschland mittlerweile Hochsteuerland für Unternehmen.
Die Zweifel an der Wirksamkeit der staatlichen Preisbremsen haben sich bislang bestätigt. 78 Prozent der südwestfälischen Industrieunternehmen spüren durch die Energiepreisbremsen bisher keine finanzielle Entlastung. Von den 22 Prozent, die eine finanzielle Entlastung spüren, nimmt nur etwa die Hälfte der Unternehmen diese Entlastung auch als Stabilisator der Geschäftslage wahr.
„Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht! Der Unmut über die Ausgestaltung ist groß. Starr und bürokratisch statt nachvollziehbar und transparent kommen die Regelungen daher und verfehlen offenkundig die gewünschte durchschlagende Wirkung”, so Walter Viegener.
Entscheidende Konstruktionsfehler seien unter anderem die verlangten massiven Gewinneinbrüche und der Bezug auf ein einziges Referenzjahr.  Auch zahlreiche Kommentare der Unternehmen zielen in diese Stoßrichtung. Die deutliche Mehrheit beklagt den erheblichen bürokratischen Aufwand und das komplizierte Verfahren. Mehrere Unternehmen geben zudem zu bedenken, dass die Preise wesentlich stärker sinken müssten, um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.
Auf das von Bundeswirtschaftsminister Habeck vorgelegte Konzept für die Entlastung der Industrie blickt die südwestfälische Wirtschaft skeptisch. Andreas Rother:
„Die Befürchtung ist leider sehr groß, dass bei der Ausgestaltung des Industriestrompreises genau dieselben Fehler gemacht werden wie bei den Energiepreisbremsen.“
Einerseits sei der Empfängerkreis des sogenannten Brückenstrompreises sehr eng definiert. Andererseits dürfte dem vorliegenden Modell nach dem praktischen Nutzen durch zahlreiche Vorgaben, zum Beispiel zur Transformation und zu Standortgarantien, noch weiter eingeschränkt werden.
„An zahlreichen Betrieben, für die ein wettbewerbsfähiger Strompreis existenziell ist, dürfte dieses Modell vorbeigehen. Wir brauchen aber zügig tragfähige Lösungen und am besten ein in Europa gemeinsam gut austariertes Gesamtkonzept“, fordert Ralf Stoffels.
31. Mai 2023