Unfall auf dem Weg zur Tankstelle kein Arbeitsunfall

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat klargestellt, dass ein Unfall auf dem Weg zur Tankstelle, um Benzin für die Weiterfahrt zur Arbeit zu tanken, nicht als Arbeitsunfall gilt.
In dem konkreten Fall ging es um eine Auszubildende, die an einem Morgen im März 2021 einen Weg von 18 km von ihrem Wohnort zu ihrer Ausbildungsstätte fahren wollte. Da das Benzin in ihrem Motorrad für die Strecke nicht mehr reichte, wollte sie zuvor noch zu einer in der entgegengesetzten Richtung liegenden Tankstelle fahren. Auf dem Weg dorthin musste sie trotz Fahrens auf einer Vorfahrtstraße einem von rechts kommenden Pkw ausweichen. Dabei stürzte sie, fiel auf ihr rechtes Bein und musste im Krankenhaus behandelt werden. Die erlittene Knie- und Unterschenkelprellung führte zu einer mehrwöchigen Arbeitsunfähigkeit.
Die Auszubildende versuchte in der Folge den Unfall als Arbeitsunfall geltend zu machen. Nachdem die Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung eine Anerkennung als Arbeitsunfall abgelehnt hatte und auch ein Widerspruch erfolglos blieb, erhob die Auszubildende Klage zu dem Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie machte geltend, dass sie angeblich erst beim Anfahren festgestellt hätte, dass das im Tank vorhandene Benzin nicht ausgereicht hätte, um zu ihrer Arbeitsstelle zu fahren. Ihr Bruder hätte am Vorabend zwar das Motorrad benutzt und so viel Kraftstoff verbraucht, dass der Weg zur Ausbildungsstätte nicht mehr erreichbar war, davon hätte sie aber nichts gewusst. Da ihrer Ansicht nach die notwendige Betankung unvorhersehbar gewesen sei, sei dies auch ausnahmsweise in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung miteinzubeziehen. Die Fahrt zur Tankstelle sei daher eine Vorbereitungshandlung zum Erreichen der Arbeitsstätte gewesen.
Die Klage vor dem SG blieb erfolglos. Das SG urteilte, dass das Tanken eine rein privatwirtschaftliche Maßnahme sei, die nicht von der Wegeunfallversicherung erfasst sei. Der Unfall habe sich zudem auf dem Weg in die entgegengesetzte Richtung ereignet und nicht auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeit. Der hohe Benzinverbrauch des Bruders am Vorabend sei ferner kein außergewöhnlicher Umstand, der für eine Einbeziehung des Tankens in den Schutzbereich sprechen würde.
Von dem LSG wurde diese Entscheidung in der Folge bestätigt. Auch die Behauptung, der Verbrauch des Benzins durch ihren Bruder sei – weil angeblich nicht erkannt – einem Benzindiebstahl vergleichbar, verfing nicht. Es sei nach dem LSG bereits nicht positiv festgestellt worden, dass die Tankfüllung nicht ausreichend gewesen sei. Selbst wenn man dies unterstellen würde, läge die Unterbindung der Fahrzeugnutzung am Vorabend allein in der Risikosphäre der Versicherten. Gerade der nicht vorsorgende Versicherte solle hier nicht vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26. September 2024, Az.: L 10 U 3706/21).
14.05.2025