Entlassung nach vorgetäuschter AU
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) hat entschieden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ihren hohen Beweiswert verliert, wenn der Arbeitgeber Zweifel an der Echtheit der Arbeitsunfähigkeit vorträgt. Der Arbeitnehmer muss dann weitere Umstände vortragen, die für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit sprechen.
In dem konkreten Fall hatte eine Schulsekretärin bei ihrer Arbeitgeberin, einer Grundschule, Urlaub für den 6. Juli 2023 beantragt. Bereits in einem Personalgespräch im September 2022 hatte die Schulleitung der Arbeitnehmerin mitgeteilt, dass am 6. Juli 2023 sowie an mehreren Tagen der Sommerferien 2023 kein Urlaub gewährt werden könne. Die Arbeitnehmerin bestand jedoch mehrmals auf Gewährung von Urlaub für den 6. Juli 2023, was die Arbeitgeberin ablehnte. Die Arbeitnehmerin meldete sich am 5. Juli 2023 krank und legte eine AU für drei Tage vor.
Am 6. Juli 2023 nahm die Arbeitnehmerin an einem Sportlehrgang teil. Die Arbeitgeberin erlangte hiervon Kenntnis und konfrontierte die Arbeitnehmerin mit dem Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitnehmerin teilte mit, dass ihre Ärztin ihr ein Medikament verschrieben habe, welches ihr schnell geholfen habe, sodass sie an dem Lehrgang teilnehmen konnte.
Die Arbeitgeberin kündigte anschließend das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, denn es bestünden Anhaltspunkte für den Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit. Die Arbeitnehmerin klagte dagegen und berief sich darauf, dass ihre Symptome psychosomatisch gewesen seien und sie sich auch in psychotherapeutischer Behandlung befinde.
In erster Instanz wies das Arbeitsgericht Osnabrück die Klage ab. Ein pauschaler Verweis auf die ausgestellte AU sei nicht ausreichend. Die Klägerin hätte u. a. erläutern müssen, welche Krankheiten und Einschränkungen vorgelegen hätten, und welches Medikament bewirkt hätte, dass sie zwar an dem Lehrgang teilnehmen, aber nicht arbeiten konnte. Im Berufsverfahren bestätige das LAG das erstinstanzliche Urteil. Die Klägerin sei ihrer Darlegungspflicht nicht ausreichend nachgekommen.
Zweifel an dem Beweiswert der AU hätten sich daraus ergeben, dass diese für einen Zeitraum ausgestellt worden sei, für den die Klägerin unstreitig zuvor Urlaub begehrt habe. Die Klägerin habe von Anfang an beabsichtigt, trotz ihrer bestehenden Arbeitsverpflichtung an dem Lehrgang teilzunehmen, denn für die Teilnahme an einem solchen Lehrgang sei eine Anmeldung nötig. Trotz der Ablehnung des Urlaubs habe sie diese Anmeldung nicht zurückgezogen (LAG Niedersachsen, Urt. V. 8. Juli 2024, Az. 15 SLa 127/24).