Neue EU-Methodik für kohlenstoffarmen Wasserstoff und kohlenstoffarme Kraftstoffe

Nach monatelangen Verhandlungen hat die EU-Kommission am 8. Juli ihren delegierten Rechtsakt zur Klassifizierung von kohlenstoffarmem Wasserstoff vorgelegt. Der Rechtsrahmen ergänzt damit die bestehende Regulierung für erneuerbaren Wasserstoff (RFNBO) und gilt ab Verabschiedung in den Mitgliedstaaten.
Künftig gilt Wasserstoff als kohlenstoffarm, wenn seine Herstellung und Nutzung mindestens 70 % weniger Treibhausgase verursacht als die fossile Referenz. Als Hauptquellen kommen dabei Strom aus Atomkraftwerken und Erdgas mit CO₂-Abscheidung (CCS) in Frage. Anders als beim RFNBO darf auch Strom aus dem Netz verwendet werden, auch wenn er nicht den strengen Herkunfts- und Zeitkriterien für erneuerbare Energien entspricht.
Die Berechnung der Emissionen wurde seit dem letzten Entwurf vom April 2025 überarbeitet: Der Standard-Wert für Erdgas wurde von 15,1 auf 5,1 g CO₂Äq/MJ gesenkt. Damit sind allerdings nur Emissionen bis zur EU-Grenze erfasst: Emissionen aus Verflüssigung, Transport und Regasifizierung von LNG müssen künftig nach den Regeln der Methanverordnung separat ausgewiesen werden. Eine ursprünglich vorgesehene automatische Erhöhung um 40 % bei unvollständiger Datenlage entfällt.
Auch bei der Strombilanzierung gibt es Änderungen: Die Treibhausgaswerte für Netzstrom basieren nun auf aktualisierten Zahlen aus dem Jahr 2023. Die Kommission hält an vier zulässigen Bilanzierungsmethoden fest, darunter die stundenbasierte Emissionsberechnung. Dies ist ein Schritt, der auf Druck Deutschlands Eingang in den Text fand.
Darüber hinaus unterscheidet die Verordnung zwischen Pipeline-Erdgas und LNG, letzterem werden höhere Emissionswerte zugewiesen. Dies ist eine Reaktion auf Analysen des Joint Research Centre (JRC), das sechs Importpfade mit 90 % Abdeckung der EU-LNG-Einfuhren untersucht hatte. Die Standardemissionswerte für andere fossile Inputs wurden gegenüber dem Entwurf aus dem April leicht gesenkt. Methanemissionen sollen künftig analog zur neuen EU-Methanverordnung bilanziert werden.
Zur Sicherung laufender Projekte ist eine sogenannte Grandfathering-Klausel geplant: Investitionen, die vor dem 5. August 2028 getätigt wurden, sollen bei künftigen Änderungen geschützt bleiben. Gleichzeitig kündigt die Kommission eine Revision im Jahr 2028 an. Dabei soll u. a. geprüft werden, ob regionale oder länderspezifische Standardwerte für fossile Inputs eingeführt werden können.
Eine gesonderte Methodik für wasserstoffbasierte Energieträger auf Basis von Kernenergie wird derzeit vorbereitet und soll 2026 zur Konsultation gestellt werden. Änderungen am grundsätzlichen Umgang mit Atomstrom sieht die jetzige Fassung nicht vor.
Der Rechtsakt geht nun zur Prüfung an das Europäische Parlament und den Rat. Die Frist beträgt zwei Monate, kann jedoch auf insgesamt vier Monate verlängert werden. Eine finale Entscheidung wird also bis spätestens Januar 2026 erwartet.
Quelle: DIHK
10.07.2025