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CBAM - Das System der CO2-Grenzausgleichsabgabe

Der Carbon Border Adjustment Mechanism wird neue Pflichten für Importeure von Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemittel und Wasserstoffe sowie bestimmter vor- und nachgelagerter Produkte in reiner oder verarbeiteter Form mit sich bringen. Werden diese Produkte von außerhalb der EU eingeführt, sind ab dem 1. Oktober 2023 diese Importe gesondert zu melden. Die erste – quartalsmäßige – Meldung ist Ende Januar 2024 abzugeben.


VERANSTALTUNGSHINWEIS

Wie können sich Unternehmen auf die Einführung des Grenzausgleichs vorbereiten? Antworten auf diese Frage gibt ein kostenfreies Webinar am 27. September, 15-16.30 Uhr, das die IHKs Arnsberg, Hagen und Siegen gemeinsam veranstalten. Dort erhalten Sie einen Überblick über die gesetzlichen Anforderungen, den Ausgleichs-Mechanismus sowie Hilfestellungen zum praktischen Umgang mit dem Regelwerk.

Bitte melden Sie sich über den link https://events.sihk.de/WebinarCO2Grenzsteuer an.
Mit der Anmeldebestätigung erhalten Sie den Zugangslink zum Webinar.
 

 

Hintergrund

Das CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) ist ein Schlüsselelement des „Fit for 55“-Pakets, welches im Juli 2021 von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Erklärtes Ziel ist, im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen die CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu reduzieren.
Das zentrale Klimaschutzinstrument hierfür bildet bereits seit 2005 der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) – mit dem Risiko, dass Unternehmen in bestimmten Sektoren und Teilsektoren aus Kostengründen ihre Produktion in andere Länder verlagern, sog. „Carbon Leakage“.
An dieser Stelle setzt der CBAM als unterstützender Mechanismus an: Unternehmen, die emissionsintensive Waren in die EU importieren, sollen verpflichtet werden, CBAM-Zertifikate zu erwerben, um die Differenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten Kohlenstoffpreis und dem höheren Preis der Kohlenstoffzertifikate im EU-Emissionshandelssystem auszugleichen. CBAM soll sicherstellen, dass Unternehmen in der EU nicht durch unfairen Wettbewerb benachteiligt werden, indem sie höhere Klimaschutzkosten tragen als Konkurrenten außerhalb der EU. Zudem sollen damit Anreize für Unternehmen in Drittländern geschaffen werden, ihre Emissionsreduzierungen zu beschleunigen, um auf dem EU-Markt zugreifen zu können.
Im Juli 2021 hat die Europäische Kommission den ersten Vorschlag zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichmechanismus vorgelegt. Seitdem haben sich sowohl der Europäische Rat als auch das EU-Parlament zu dem Gesetzesvorschlag beraten und am 13. Dezember 2022 mit der Kommission auf einen vorläufigen Verordnungsentwurf geeinigt (siehe Pressemitteilung des Europäischen Parlaments). Die endgültige Verordnung (EU) 2023/956 wurde am 16. Mai 2023 veröffentlicht.


Veröffentlichung der Durchführungsverordnung

Am 17.08.2023 hat die EU-Kommission die CBAM-Durchführungsverordnung veröffentlicht, die die detaillierten Berichtspflichten für den Übergangszeitraum darlegt. Diesser Übergangszeitraum beginnt am 1. Oktober 2023 und geht bis Ende 2025.

Die EU-Kommission hat zeitgleich Leitlinien für EU-Einführer und Nicht-EU-Anlagen veröffentlicht sowie eine xls-Vorlage zur CBAM-Kommunikation innerhalb der Lieferketten.

Wie von der Deutschen Industrie- und Handelskammer gefordert, plant die EU-Kommision ein IT-Tool, welches den Unternehmen die CBAM-Umsetzung erleichtern soll.

Auf der Webseite https://customs-taxation.learning.europa.eu/ sollen digitale Schulungsmaterialien veröffentlicht werden. Auf dieser Webseite werden gleichfalls Webinare zu den betroffenen Produktgruppen angeboten:
15.09.2023
Zement
28.09.2023
Elektrizität
21.09.2023
Aluminium
03.10.2023
Wasserstoff
26.09.2023
Düngemittel
05.10.2023
Eisen und Stahl
Nachstehend die Links zu den oben genannten Veröffentlichungen:
Quelle: DIHK
 
Die Informationen in diesem Artikel basieren auf dem aktuellen Stand des Gesetzgebungsprozesses und wurden nach bestem Wissen zusammengestellt.

Anwendungsbereich

CBAM betrifft den Import der in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführten Waren (ab Seite 90 der Verordnung). Die Produkte werden über den HS-Code oder ihrer Kombinierten Nomenklatur (KN) klassifiziert:
  • Aluminium:
    7601, 7603 – 7608, 76090000, 7610, 76110000, 7612, 76130000, 7614, 7616
  • Eisen und Stahl:
    7301, 7302, 770300, 7304 – 7311, 7318, 7326
  • Düngemittel:
    28080000, 2814, 28342100, 3102, 3105
  • Strom:
    27160000
  • Wasserstoff:
    28041000
  • Zement:
    25231000, 25070080, 25232100, 25232900, 25233000, 25239000
Die Kapitel 72, 73 und 76 umfassen auch einige nachgelagerte Produkte, wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl (Position 7318 und 7326) oder Aluminium. Entscheidend sind also die ersten vier bzw. sechs Ziffern der beim Import verwendeten Warennummer. Ist diese in Anhang I genannt, ist die Ware erfasst. Die nachfolgenden Ziffern spielen keine Rolle mehr. Mit einer Ausweitung dieser Liste ist ab 2026 zu rechnen.
Von CBAM erfasst sind grundsätzlich nur Anmeldungen von betroffenen Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Um Umgehungen zu vermeiden, gilt CBAM zudem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse aus diesen Waren im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung.
Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich
  • Kleinsendungen: Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, deren Gesamtwert je Sendung aber 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren für den persönlichen Gebrauch sowie
  • Waren mit Ursprung in den in Anhang III Abschnitt A aufgeführten Ländern und Hoheitsgebieten (insbesondere Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island)
Es gibt also keine Ausnahmeregeln für Unternehmen mit wenigen Importen, nach der bisherigen Fassung der Verordnung müssten alle melden, selbst Privatpersonen.
Wichtig:
Der Ursprung der eingeführten Waren muss künftig bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Union.

Pflichten für Unternehmen

Schrittweise Einführung bis Ende 2025

Vom 1. Oktober 2023  bis zum 31. Dezember 2025 gilt eine Übergangsfrist, (insbesondere Art. 32 und 35 (1) und (2) betreffend). Während dieses Zeitraumes beschränken sich die Verpflichtungen der Importeure auf folgende Tatbestände:
  • Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind
  • Pflicht zur quartalsweisen Vorlage eines „CBAM-Berichts“ spätestens einen Monat nach Quartalsende mit folgenden Angaben:
  • die Gesamtmenge jeder Warenart, ausgedrückt in Megawattstunden bei Elektrizität und in Tonnen bei anderen Waren, angegeben für jede Anlage, die die Waren im Ursprungsland herstellt;
  • die tatsächlichen eingebetteten Gesamtemissionen, ausgedrückt in Tonnen CO2e-Emissionen pro Megawattstunde Elektrizität oder für andere Waren in Tonnen CO2e-Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach der in Anhang IV beschriebenen Methode;
    Alternative: Verwendung von Standardwerten, bereitgestellt von der EU-Kommission
  • die gesamten indirekten Emissionen, (alternativ Verwendung von Standardwerten)
  • den CO2-Preis, der in einem Ursprungsland für die in den eingeführten Gütern enthaltenen Emissionen zu zahlen ist, unter Berücksichtigung einschlägiger Rabatte oder sonstiger Formen des Ausgleichs.
Diese Meldepflichten gelten nicht für die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen aus dem Verfahren der passiven Veredelung (Artikel 259 UZK) sowie Rückwaren im Sinne von Artikel 203 UZK.
Finanziellen Ausgleichszahlungen müssen in diesem Zeitraum noch keine entrichtet werden.
 
Offene Fragen zu den Meldepflichten ab Oktober 2023:
  1. Wie und wo soll gemeldet werden? Form und Adressat der Meldung; voraussichtlich soll die Meldung direkt an die EU-Kommission gehen
  2. Berechnung der Emissionen: Die Daten zu den eingebetteten Emissionen liegen zumindest kurzfristig nicht vor. Hier werden sicherlich Standardwerte verwendet werden. Diese Werte liegen noch nicht vor.
 
Implementierungsphase ab 2026

Mit Ablauf der Übergangsphase ab 2026 gelten weitergehende Verpflichtungen für Importeure:
  • Beantragung einer CBAM-Anmeldeberechtigung als „zugelassener Anmelder“ am Ort der Niederlassung. Die betroffenen Waren dürfen dann nur noch von „zugelassenen Anmeldern“ in das Zollgebiet der Union eingeführt werden.
  • Berechnung der eingebetteten direkten und indirekten Emissionen der Einfuhrware in die EU.
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM-Behörde, die zur Deckung der eingebetteten direkten und voraussichtlich auch indirekten Emissionen erforderlich sind.
  • Abgabe einer jährlichen CBAM-Erklärung bis zum 31.05. jeden Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Güter verbundenen Emissionen.
  • Überprüfung der Angaben der CBAM-Erklärung durch eine akkreditierte Prüfstelle (aktuell noch unklar, wer hierfür zuständig sein wird).
Die genauen Anforderungen und Prozesse im Rahmen der Meldepflichten sind noch nicht abschließend festgelegt; sie  können sich im Laufe des EU-Gesetzgebungsprozesses ändern.
Vor Ablauf des Übergangszeitraums wird die Kommission prüfen, ob der Anwendungsbereich auf andere Güter, einschließlich organischer Chemikalien und Polymere, ausgedehnt werden soll. Bis 2030 dann sollen alle Güter einbezogen werden, die unter den EU-Emissionshandel fallen. Gleichzeitig wird die Methode für das Erheben indirekter Emissionen überprüft und die Möglichkeit, mehr nachgelagerte Produkte einzubeziehen.
Die Europäische Kommission will bis Ende 2027 eine vollständige Überprüfung der CBAM vornehmen. Dabei sollen auch mögliche Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen über den Klimawandel sowie die Auswirkungen auf die Einfuhren aus Entwicklungsländern, insbesondere aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs), berücksichtigt werden.
 

Vorbereitung im Unternehmen

Falls ja:
  • Festlegung der innerbetrieblichen Zuständigkeiten für die Prüfung und Einhaltung der Meldepflichten. Je nach Bedeutung/Menge dieser Importe hat das Thema eine sehr unterschiedliche Priorität für die einzelnen Unternehmen
  • Übergangszeitraum: Zusammenstellung der Importe nach Ursprungsland, ggf. Produktionsstätte. Technischen Rahmen der Meldung und maßgebliche Standardwerte zusammenstellen.
  • Abstimmung mit Lieferanten hinsichtlich der Kalkulation der CO2-Emissionen. Große ausländische Hersteller beschäftigen sich bereits mit dem Thema. Vieles ist aber noch unklar und dürfte dauern. Falls keine Werte vorliegen oder sich der Aufwand nicht lohnt, können Standardwerte verwendet werden. Diese liegen noch nicht vor.
  • Wann lohnt sich eine Berechnung/exakte Ermittlung gemäß Anhang IV der Verordnung, wann ist die Verwendung (höherer) Standardwerte sinnvoller?
  • Informationen zu diesem Thema verfolgen, es gibt noch erheblichen Klärungsbedarf und wird sich auch noch vieles ändern.
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie den nichtpräferenziellen Ursprung dieser Waren kennen. Unbekannter Ursprung geht nicht mehr.

26.07.2023
23.08.2023
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