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CBAM - Das System der CO2-Grenzausgleichsabgabe

Die EU Generaldirektion TAXUD, Referat C2, hat zur Klärung von Fragen zwischenzeitlich ein Funktionspostfach taxud-cbam@ec.europa.eu eingerichtet. IT-Probleme können über die Mailadresse taxud-it-cbam@ec.europa.eu gemeldet werden.
Die in Deutschland zuständige Stelle, die DEHST beantwortet keine Einzelfragen, weil sie überlastet ist. Es steht lediglich ein allgemeines Kontaktformular zur Verfügung.


Update: Fristverlängerung der Abgabefrist

Die Abgabefrist des ersten CBAM-Berichts (4. Quartal 2023) wurde von der Europäischen Kommission erneut verlängert. Die ursprüngliche Regelung sah den 31. Januar 2024 vor. Aufgrund technischer Probleme konnten Unternehmen bisher eine Fristverlängerung von 30 Tagen beantragen. Diese Möglichkeit soll nun verlängert werden.
In ihrem aktuellen FAQ schreibt die Europäische Kommission (Seite 16) nun, dass die Option der Fristverlängerung zwischen dem 1. Februar und 31. März 2024 verfügbar ist.
Dies bedeutet also, dass die Unternehmen noch bis zum 31. März 2024 Zeit haben die Fristverlängerung im Portal zu beantragen. Danach haben diese 30 Tage Zeit, um ihren CBAM-Bericht für das vierte Quartal 2023 einzureichen.
Damit kann unter Umständen die Abgabe des ersten CBAM-Berichts zusammen mit der Abgabe des zweiten CBAM-Berichts (1. Quartal 2024 - Deadline 30.04.2024) fallen.

SIHK-Podcast: #GemeinsamInternational - Das CBAM-Einmaleins


Der Carbon Border Adjustment Mechanism wird neue Pflichten für Importeure von Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemittel und Wasserstoffe sowie bestimmter vor- und nachgelagerter Produkte in reiner oder verarbeiteter Form mit sich bringen. Werden diese Produkte von außerhalb der EU eingeführt, sind ab dem 1. Oktober 2023 diese Importe gesondert zu melden. Die erste – quartalsmäßige – Meldung ist Ende Januar 2024 abzugeben.

Die Informationen in diesem Artikel basieren auf dem jeweils aktuellen Stand des Gesetzgebungsprozesses und den daraus resultierenden Erkenntnissen. Sie wurden nach bestem Wissen zusammengestellt.


Hintergrund

Das CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) ist ein Schlüsselelement des „Fit for 55“-Pakets, welches im Juli 2021 von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Erklärtes Ziel ist, im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen die CO2-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zu reduzieren.
Das zentrale Klimaschutzinstrument hierfür bildet bereits seit 2005 der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) – mit dem Risiko, dass Unternehmen in bestimmten Sektoren und Teilsektoren aus Kostengründen ihre Produktion in andere Länder verlagern, sog. „Carbon Leakage“.
An dieser Stelle setzt der CBAM als unterstützender Mechanismus an: Unternehmen, die emissionsintensive Waren in die EU importieren, sollen verpflichtet werden, CBAM-Zertifikate zu erwerben, um die Differenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten Kohlenstoffpreis und dem höheren Preis der Kohlenstoffzertifikate im EU-Emissionshandelssystem auszugleichen. CBAM soll sicherstellen, dass Unternehmen in der EU nicht durch unfairen Wettbewerb benachteiligt werden, indem sie höhere Klimaschutzkosten tragen als Konkurrenten außerhalb der EU. Zudem sollen damit Anreize für Unternehmen in Drittländern geschaffen werden, ihre Emissionsreduzierungen zu beschleunigen, um auf dem EU-Markt zugreifen zu können.
Im Juli 2021 hat die Europäische Kommission den ersten Vorschlag zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichmechanismus vorgelegt. Seitdem haben sich sowohl der Europäische Rat als auch das EU-Parlament zu dem Gesetzesvorschlag beraten und am 13. Dezember 2022 mit der Kommission auf einen vorläufigen Verordnungsentwurf geeinigt (siehe Pressemitteilung des Europäischen Parlaments). Die endgültige Verordnung (EU) 2023/956 wurde am 16. Mai 2023 veröffentlicht.


Veröffentlichung der Durchführungsverordnung

Am 17.08.2023 hat die EU-Kommission die CBAM-Durchführungsverordnung veröffentlicht, die die detaillierten Berichtspflichten für den Übergangszeitraum darlegt. Dieser Übergangszeitraum beginnt am 1. Oktober 2023 und geht bis Ende 2025.

Die EU-Kommission hat zeitgleich Leitlinien für EU-Einführer und Nicht-EU-Anlagen veröffentlicht sowie eine xls-Vorlage zur CBAM-Kommunikation innerhalb der Lieferketten.

Wie von der Deutschen Industrie- und Handelskammer gefordert, plant die EU-Kommision ein IT-Tool, welches den Unternehmen die CBAM-Umsetzung erleichtern soll.

Auf der Webseite https://customs-taxation.learning.europa.eu/ sind digitale Schulungsmaterialien veröffentlicht.
Nachstehend die Links zu den oben genannten Veröffentlichungen:
Quelle: u. a. DIHK

Anwendungsbereich

CBAM betrifft den Import der in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführten Waren (ab Seite 40 der Verordnung). Die Produkte werden über den HS-Code oder ihrer Kombinierten Nomenklatur (KN) klassifiziert:
Betroffen sind
  • —Eisen und Stahl Kapitel 72
    mit Ausnahme einzelner Waren der Position 7202, nämlich: 7202 2X, 7202 30, 7202 50, 7202 70-7202 9980
  • —Waren aus Eisen und Stahl Kapitel 73: Erfasst sind die Positionen 7301-7311, 7318, 7326.
    Ausgenommen sind folglich 7312-7317 sowie 7319-7325
  • —Aluminium und Waren daraus Kapitel 76: erfasst sind 7601, 7603-7614, 7616.
    Ausgenommen sind folglich 7602 und 7615
  • —Eisenerz 2601 1200;  Wasserstoff 2804 1000;
  • Elektrizität 2716
  • —Zement: 2507 0080, 2523
  • —Ammoniak 2814, Kaliumnitrat 2834 21 00, Düngemittel 3102 und 3105
Die Kapitel 72, 73 und 76 umfassen auch einige nachgelagerte Produkte, wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl (Position 7318 und 7326) oder Aluminium. Entscheidend sind also die ersten vier bzw. sechs Ziffern der beim Import verwendeten Warennummer. Ist diese in Anhang I genannt, ist die Ware erfasst. Die nachfolgenden Ziffern spielen keine Rolle mehr. Mit einer Ausweitung dieser Liste ist ab 2026 zu rechnen.
Von CBAM erfasst sind grundsätzlich nur Anmeldungen von betroffenen Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Um Umgehungen zu vermeiden, gilt CBAM zudem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse aus diesen Waren im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung.
Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich
  • Kleinsendungen: Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, deren Gesamtwert je Sendung aber 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren für den persönlichen Gebrauch sowie
  • Waren mit Ursprung in den in Anhang III Abschnitt A aufgeführten Ländern und Hoheitsgebieten (insbesondere Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island)
Es gibt also keine Ausnahmeregeln für Unternehmen mit wenigen Importen, nach der bisherigen Fassung der Verordnung müssten alle melden, selbst Privatpersonen.
Wichtig:
Der Ursprung der eingeführten Waren muss künftig bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Union.

Vorbereitung im Unternehmen

Falls ja:
  • Festlegung der innerbetrieblichen Zuständigkeiten für die Prüfung und Einhaltung der Meldepflichten. Je nach Bedeutung/Menge dieser Importe hat das Thema eine sehr unterschiedliche Priorität für die einzelnen Unternehmen
  • Übergangszeitraum: Zusammenstellung der Importe nach Ursprungsland, ggf. Produktionsstätte. Technischen Rahmen der Meldung und maßgebliche Standardwerte zusammenstellen.
  • Abstimmung mit Lieferanten hinsichtlich der Kalkulation der CO2-Emissionen. Große ausländische Hersteller beschäftigen sich bereits mit dem Thema. Vieles ist aber noch unklar und dürfte dauern. Falls keine Werte vorliegen oder sich der Aufwand nicht lohnt, können Standardwerte verwendet werden. Diese liegen noch nicht vor.
  • Wann lohnt sich eine Berechnung/exakte Ermittlung gemäß Anhang IV der Verordnung, wann ist die Verwendung (höherer) Standardwerte sinnvoller?
  • Informationen zu diesem Thema verfolgen, es gibt noch erheblichen Klärungsbedarf und wird sich auch noch vieles ändern.
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie den nichtpräferenziellen Ursprung dieser Waren kennen. Unbekannter Ursprung geht nicht mehr.

Pflichten für Unternehmen


Übergangsphase bis Ende 2025

Vom 1. Oktober 2023 bis zum 31. Dezember 2025 gilt eine Übergangsfrist, (insbesondere Art. 32 und 35 (1) und (2) betreffend). In diesem Zeitraum sollen Daten und Erfahrungen gesammelt werden, um die Abläufe für die Implementierungsphase praxisgerecht gestalten zu können.

Finanziellen Ausgleichszahlungen müssen in diesem Zeitraum noch keine entrichtet werden.

Auch gelten die Meldepflichten nicht für die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen aus dem Verfahren der passiven Veredelung (Artikel 259 UZK) sowie Rückwaren im Sinne von Artikel 203 UZK.

In der Importzollanmeldung müssen keine Angaben zu CBAM gemacht werden. Vorgesehen ist, dass der  Importeur von seiner CBAM-Meldepflicht durch den Zollbescheid informiert wird. → Information der Zollverwaltung

Verpflichtungen der Importeure:
  • Registrierung im vorläufigen CBAM-Register

    Das vorläufige CBAM-Register (provisional CBAM registry) wurde inzwischen freigeschaltet. Hier eine Anleitung zum CBAM-Register und hier diesbezügliche Informationen der EU-Kommission.

    Der Zugang zum Register muss durch die national zuständige Behörde freigeschaltet werden. Kurz vor Jahresende 2023 wurde diese nun auch in Deutschland offiziell benannt, es ist die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt).
    Die DEHSt bietet Informationen zu CBAM selbst und zur Teilnahme. Informationen, wie der Zugang zum Register erfolgen wird, müssen noch ergänzt werden. Einzelfragen werden dort aktuell nicht beantwortet.
  • Berechnung und Dokumentation
    der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind


    Hierfür sind die entsprechenden Angaben der ausländischen Hersteller erforderlich. Zur Verdeutlichung und Hilfestellung, welche Angaben der Importeur benötigt, sind von der TAXUD Leitlinien und eine xls-Vorlage erstellt worden.

    Die unterschiedlichen Berechnungsmethoden sind in Artikel 4 der Durchführungsverordnung aufgeführt. Für die ersten drei Quartalsberichte, also für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2024, sind Schätzungen oder Standardwerte zulässig.

    Anhang IV der Durchführungsverordnung führt (ab Seite 181 Amtsblatt/Seite 88 PDF-Dokument) die vom berichtspflichtigen Anmelder beim Anlagenbetreiber abzufragenden Daten auf. Dazu gehören

    a) die Angaben zum Produktionsort (geografische Koordinaten)
    b) das Produktionsverfahren
    c) die spezifischen direkten grauen Emissionen (je KN-Code)
    d) die indirekten grauen Emissionen und
    e) weitere sektorspezifische Angaben.
  • Quartalsweise Vorlage eines CBAM-Berichtes

    Jeweils einen Monat nach Quartalsenden, also erstmalig Ende Januar 2024, muss eine Meldung im CBAM-Register durch den Importeur bzw. einem Vertreter erfolgen. Folgende Angaben sind erforderlich:
    -   die Gesamtmenge jeder Warenart, ausgedrückt in Megawattstunden bei Elektrizität und in Tonnen bei anderen Waren, angegeben für jede Anlage, die die Waren im Ursprungsland herstellt;
    -   die tatsächlichen eingebetteten Gesamtemissionen, ausgedrückt in Tonnen CO2e-Emissionen pro Megawattstunde Elektrizität oder für andere Waren in Tonnen CO2e-Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach der in Anhang III bzw. in der Durchführungsverordnung beschriebenen Methode, sowie die gesamten indirekten Emissionen;
    -   Alternative: Verwendung von Standardwerten bis 30.6.2024, bereitgestellt von der EU-Kommission Ende Dezember 2023 →  Diese wurden am 22.12.2023 veröffentlicht unter Default values transitional period.pdf (europa.eu)
    -   die erforderlichen Daten des ausländischen Lieferanten finden sich in Anhang IV der Durchführungsverordnung (Inhalt der empfohlenen Mitteilung von Anlagenbetreibern an berichtspflichtige Anmelder)
    -   sofern vorhanden, den CO2-Preis, der in einem Ursprungsland für die in den eingeführten Gütern enthaltenen Emissionen zu zahlen ist, unter Berücksichtigung einschlägiger Rabatte oder sonstiger Formen des Ausgleichs
Nach wie vor gibt es Unklarheiten, welche Daten genau in welcher Form benötigt werden.
Im Bereich Guidance sind Leitlinien für EU-Importeure, für ausländische Produzenten (Anlagenbetreiber) sowie ein Berechnungsschema (Excel-Template) enthalten.
Erforderliche Daten vom Lieferanten sind in Anhang IV der Durchführungsverordnung zusammengestellt.

 Implementierungsphase ab 2026

Mit Ablauf der Übergangsphase ab 2026 gelten weitergehende Verpflichtungen für Importeure:
  • Beantragung einer CBAM-Anmeldeberechtigung als „zugelassener Anmelder“ am Ort der Niederlassung. Die betroffenen Waren dürfen dann nur noch von „zugelassenen Anmeldern“ in das Zollgebiet der Union eingeführt werden.
  • Berechnung der eingebetteten direkten und indirekten Emissionen der Einfuhrware in die EU.
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM-Behörde, die zur Deckung der eingebetteten direkten und voraussichtlich auch indirekten Emissionen erforderlich sind.
  • Abgabe einer jährlichen CBAM-Erklärung bis zum 31.05. jeden Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Güter verbundenen Emissionen.
  • Überprüfung der Angaben der CBAM-Erklärung durch eine akkreditierte Prüfstelle (aktuell noch unklar, wer hierfür zuständig sein wird).
Die genauen Anforderungen und Prozesse im Rahmen der Meldepflichten sind noch nicht abschließend festgelegt; sie  können sich im Laufe des EU-Gesetzgebungsprozesses ändern.
Vor Ablauf des Übergangszeitraums wird die Kommission prüfen, ob der Anwendungsbereich auf andere Güter, einschließlich organischer Chemikalien und Polymere, ausgedehnt werden soll. Bis 2030 dann sollen alle Güter einbezogen werden, die unter den EU-Emissionshandel fallen. Gleichzeitig wird die Methode für das Erheben indirekter Emissionen überprüft und die Möglichkeit, mehr nachgelagerte Produkte einzubeziehen.
Die Europäische Kommission will bis Ende 2027 eine vollständige Überprüfung der CBAM vornehmen. Dabei sollen auch mögliche Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen über den Klimawandel sowie die Auswirkungen auf die Einfuhren aus Entwicklungsländern, insbesondere aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs), berücksichtigt werden.
 

Informationen der Europäischen Kommission zum Carbon Border Adjustment Mechanism



Veranstaltungen


29. April 2024
IHK-Update International: "CBAM in der Praxis: Erfahrungsbericht & Handlungsempfehlungen"
Von 15:00 bis  ca. 16:30 Uhr wird in der IHK Mittleres Ruhrgebiet in Vorträgen und Gesprächsrunden auf die praktischen Herausforderungen im Zusammenhang mit CBAM eingegangen. Berichtspflichten, Handlungsbedarf und Compliance sind die Themen, ergänzt werden diese durch Berechnungsbeispiele. Die Veranstaltung wird unterstützt durch die Ruhr IHKn (IHK zu Essen, IHK zu Dortmund, SIHK zu Hagen, Niederrheinische IHK).
Weitere Informationen und Anmeldung

Weitere Webinar-Angebote aus dem IHK-Netzwerk sind auf der Webseite des DIHK zu finden.
12.04.2024 No