Der Bekannte Versender


Grundlagen

Luftfrachtsicherheit: Der Bekannte Versender seit 29. April 2013
Luftfrachtsendungen sollen in besonderer Weise gegen unbefugte Zugriffe Dritter geschützt werden. Nur als sicher eingestufte Luftfracht darf an Fluggesellschaften übergeben werden. Um die Lieferkette zu sichern, muss entweder die Fracht einmalig vor der Anlieferung an den Abgangsflughafen durch den Spediteur (Reglementierter Beauftragter) untersucht werden oder der Verlader verfügt über eine Zulassung durch das Luftfahrtbundesamt als Bekannter Versender. Dessen Fracht gilt als sicher. Am 29. April 2013 ist die Altregelung entfallen, nach der man Bekannter Versender durch die Abgabe einer Sicherheitserklärung werden konnte.

Behördliche Zulassung als Bekannter Versender

Voraussetzungen
Wenn die Luftfracht nicht von Dritten untersucht werden soll, muss der Verlader über eine behördliche Zulassung als Bekannter Versender verfügen. Unternehmen, die in Deutschland einen Betriebsstandort als behördlichen Bekannten Versender zertifizieren lassen möchten, müssen ein Sicherheitsprogramm einreichen (s. Punkt 6.4.1.1 S.2 EU VO 185/2010). Zur Erleichterung und Standardisierung der Verfahren hat das LBA ein Muster zur Erstellung eines Sicherheitsprogramms für Bekannte Versender herausgegeben. Das Muster muss direkt beim Luftfahrt-Bundesamt angefordert werden, es gilt als Verschlusssache und muss vertraulich behandelt werden. Die Inhalte des unternehmensspezifischen Versender-Sicherheitsprogramms können Sie der Webseite des LBA (www.lba.de) entnehmen. Hier werden nur einige wesentliche Eckpunkte dargestellt.
Beauftragter für Sicherheit
Es muss ein Sicherheitsbeauftragter (offiziell: Beauftragter für Sicherheit) pro Betriebsstätte benannt werden. Bei dieser Person handelt es sich um den zentralen verantwortlichen für die Luftfrachtsicherheit im Unternehmen. Luftfracht darf nur als "sicher" abgefertigt werden, wenn der Beauftragte für Sicherheit vor Ort in der Betriebsstätte (oder in Ausnahmefällen kurzfristig verfügbar) ist. Deswegen muss auch ein Vertreter bestellt werden. Beauftragte für Sicherheit (und die Stellvertreter) müssen eine zur Zeit 35-stündige Schulung von einem durch das LBA zugelassenen Ausbilder erhalten haben. Voraussetzung für die Teilnahme an der Schulung ist eine positiv beschiedene Zuverlässigkeitsüberprüfung nach §7 Luftsicherheitsgesetz durch die Landesluftfahrtbehörde. Es handelt sich dabei um eine Sicherheitsüberprüfung, diese kann mehrere Wochen dauern.
Die Haftung des Sicherheitsbeauftragten ist vergleichbar der Haftung des Gefahrgutbeauftragten. Jährlich muss der Beauftragte für Sicherheit ein internes Sicherheitsaudit durchführen.

Zuverlässige Mitarbeiter und identifizierbare Luftfracht
Alle im Bereich der Luftsicherheit tätigen Unternehmen müssen ihr Personal nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 schulen. Das gilt auch für Geschäftsführer, Betriebsräte und Mitarbeiter von Fremdfirmen wie beispielsweise Reinigungsdiensten. Für einige Personen ist ein Zertifizierungsnachweis erforderlich. Grundsätzlich sind immer Schulungen notwendig, wenn Personen mit identifizierbarer Luftfracht in Kontakt kommen können. Es wird von identifizierbarer Luftfracht gesprochen, wenn ein Produkt innerhalb des Unternehmens eindeutig dem Luftfrachtversand zugeordnet werden kann. Unter Umständen müssen also auch Mitarbeiter aus der Produktion unterrichtet/geschult werden.
Beispiel: Es werden zehn baugleiche Lautsprecher produziert und es ist allgemein im Unternehmen bekannt, dass drei davon per Luftfracht verschickt werden. Da aber erst beim Verpacken entschieden wird, welcher tatsächlich per Luftfracht verschickt wird, werden die Lautsprecher in diesem Fall auch erst beim Verpacken zu identifizierbarer Luftfracht.
Identifizierbare Luftfracht muss manipulationssicher verpackt und verschlossen gelagert werden. Hier werden häufig Metallkäfige empfohlen. Personal muss auch bei der Einstellung überprüft werden, die Sicherheits- und Frachtprozesse müssen geschildert werden. Es soll zwischen eigengefertigter Ware und Handelsware unterschieden werden. Verstöße stellen nach dem Luftfahrtsicherheitsgesetz Ordnungswidrigkeiten dar. Bußgelder werden in der Regel zunächst gegen das Unternehmen verhängt.
Behördliche Zulassung: Antragstellung
Der Ablauf der Antragstellung hat sich mehrfach geändert, die genauen Prozeduren finden Sie auf den Webseiten des LBA. Der Aufwand ist erheblich. Je nach Unternehmensstruktur kann die Implementierung des Bekannten Versenders mehrere Monate in Anspruch nehmen. Für die behördliche Zulassung werden Gebühren verlangt , deren Höhe allerdings noch nicht feststeht, da bisher keine Gebührenverordnung in Kraft getreten ist. Es wird keine nachträglichen Rückberechnungen geben. Berechnet werden neben den (zukünftigen) Gebühren anteilige Kosten der Vor-Ort-Kontrolle, wie z. B. Fahrtkosten, Übernachtung. Die Höhe der Auslagen ergibt sich aus dem Bundesreisekostengesetz.
Das LBA weist darauf hin, dass die notwendigen Prüfungen und Vor-Ort-Kontrollen nach der Reihenfolge des Posteinganges der Sicherheitsprogramme erfolgen werden. Die bekannten Versender wenden sich für weitere Fragen bitte an das zuständige Sachgebiet im Referat B 6 „Luftsicherheit”. Der neue Status als zugelassener Bekannter Versender gilt ab dem Zeitpunkt der Eintragung des Unternehmens durch das LBA in eine EU-Datenbank. Nach der Zulassung zum Bekannten Versender müssen dem LBA Änderungen 10 Arbeitstage vorher mitgeteilt werden. Umzüge müssen drei Monate vorab mitgeteilt und vom LBA genehmigt werden!

Bekannter Versender als Muss?

Der Status als Bekannter Versender ist keine Voraussetzung, um Luftfrachtsendungen zu befördern. Für die üblichen Post- und Kuriersendungen wird der Status in der Regel ohnehin nicht verlangt, da die KEP-Dienste alle Sendungen untersuchen. Wer also bislang von seinem Post- oder Kurierdienst nicht zur Abgabe einer solchen Erklärung aufgefordert worden ist, sollte auch künftig nicht Bekannter Versender werden müssen.
Der Nachteil als „unbekannter Versender” besteht darin, dass die Sendung vom Reglementierten Beauftragten untersucht werden muss. Dies wird häufig in Rechnung gestellt und kann zu Zeitverzögerungen führen, muss es aber nicht. Hier herrscht große Unsicherheit. Welchen Aufwand das darstellt, hängt auch davon ab, ob Waren einfach geröntgt werden können oder ob sie zu groß dafür sind bzw. die Röntgenbilder ausgewertet werden können. Wenn dies nicht möglich ist, ist eine manuelle Untersuchung der Fracht erforderlich. Ob dies eine Option ist, hängt auch davon ab, ob Waren aufgepackt werden dürfen oder ob das nicht vorstellbar ist. Tatsächlich hängt es von den individuellen Verhältnissen im Unternehmen und der Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Reglementierten Beauftragten ab, ob der Status des Bekannten Versenders sinnvoll ist oder nicht. Prüfen Sie die Voraussetzungen für das interne Sicherheitsprogramm und den damit verbundenen Aufwand (Sicherheitsplan, Schulungsmaßnahmen, Sicherheitsbeauftragter, geänderte Abläufe u. a.). Unserer Einschätzung nach kommt für viele Unternehmen der Bekannte Versender nicht mehr in Frage. Zentral für die Entscheidung sind nach den bisherigen Erfahrungen folgende beiden Punkte:
1. Wie wichtig ist ein schneller und zuverlässiger Versand von Luftfrachtsendungen (ohne KEP-Dienste).
2. Kann die eigene Ware von Sicherheitstechniken (röntgen o.ä.) untersucht werden oder muss diese aufgepackt und manuell untersucht werden (handsearch). Ist dies tolerierbar?

Bekannter Versender und AEO

Wenn ein Unternehmen bereits zugelassener Wirtschaftsbeteiligter ist (insbesondere AEO-S oder -F), hat es einen hohen Teil an Anforderungen erfüllt, die auch das Luftfahrt-Bundesamt als Zulassungsvoraussetzung zum Bekannten Versender sieht. Zwar ist die gegenseitige Anerkennung der Sicherheitsstati bisher nicht gegeben. Die EU-Kommission hat jedoch die ZollkodexDVO (Verordnung (EWG) Nr. 2454/93) geändert, um die Verweise auf die für die Luftfahrt geltenden Vorschriften einschließlich der Anerkennung des Status des bekannten Versenders, der auch für den AEO von Belang ist, zu aktualisieren, den Umfang der Anerkennung der gemeinsamen Anforderungen zwischen den jeweiligen Programmen festzulegen und den erforderlichen Informationsaustausch zwischen Zoll- und Luftfahrtbehörden zu ermöglichen. Damit soll über eine Angleichung der Programme eine gegenseitige Anerkennung möglich werden.
Stand: 2019