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WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 9/2014
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AUFMACHER
Ausflüge in ländliche Regionen,
sind jederzeit
kleine Höhepunkte im Alltag. Außerdem bieten
sie die Möglichkeit, die Umgebung zu erkunden.
oder „Landurlaub“. Alle Angebotsformen
und –themen sind gemeint, sofern sie außer-
halb der städtischen Ballungsräume und vor
allem in kleineren Gemeinden bis zu 5.000
Einwohnern stattfinden.
Anbieter, Vermarkter, Politik, Verwaltung
und Regionalentwicklung stehen dabei gro-
ßen Herausforderungen gegenüber: Infolge
von Bevölkerungsrückgang und Landflucht
ist die Grundversorgung vieler Regionen
gefährdet. Es mangelt an Fachkräften. Die
Natur- und Kulturlandschaft wandelt sich,
die Interessen von Tourismus, Landwirt-
schaft und Energiewirtschaft sind auszu-
gleichen. Professionelles Wirtschaften und
Kooperationen werden durch die sehr klein-
teilige Anbieterstruktur erschwert. Im
öffentlichen wie im privaten Bereich
herrscht ein regelrechter Investitionsstau.
Professioneller Vertrieb findet noch zu
wenig statt. Die Organisationsstrukturen im
öffentlichen Tourismusmarketing sind oft
nicht an den Aufgaben orientiert und oft
wenig aufeinander abgestimmt.
Die zehn Handlungsfelder
Fachwelt und Praktiker stimmen überein:
Tourismus in ländlichen Räumen hat große
Potenziale. Anbieter, Vermarkter, Politik und
Verwaltung müssen sich dabei zehn über-
greifenden Handlungsfeldern stellen:
Nachhaltige touristische Entwicklung
ländlicher Lebensräume:
Die natürlichen
Grundlagen müssen erhalten werden,
regionale Identität als Grundlage für
Standortqualität und touristische Attrak-
tivität muss gestärkt werden. Touristische
Belange können noch stärker in Dorfent-
wicklungsprogramme einfließen, lokale
Identität ist im Produkt aufzugreifen.
Produktinszenierung:
Qualität und vor
allem Erlebnisse für die jeweiligen The-
men und Zielgruppen müssen entwickelt
werden. Dabei geht es vor allem um den
emotionalen „Reason Why“ - „Storytel-
ling“ gewinnt im dichten Wettbewerb an
Bedeutung.
Auf- und Ausbau von Netzwerken:
Nur
so können Wertschöpfungsketten verlän-
gert werden. Vor allem kleine Partner
profitieren hiervon. Gerade im ländlichen
Raum gilt: Ohne die Ausrichtung an tou-
ristischen Strategien der Bundesländer
und Destinationen, dauerhafte Finanzie-
rung und aktives Management geht es
dabei nicht.
Infrastruktur und Investitionsmanage-
ment:
Egal ob Re- oder Neuinvestition,
gerade öffentliche Investitionen müssen
unter der Prämisse realisiert werden,
Folgeinvestitionen und Anbietervernet-
zung zu ermöglichen. Wegenetze müssen
dauerhaft unterhalten werden.
Markenbildung:
Je nach Potenzial ist das
regionale Tourismusmarketing gefordert,
Destinations- oder themen- beziehungs-
weise zielgruppenkonforme Programm-
marken zu führen. Marken sorgen für
Vertrauen beim Gast, Sicherheit für den
Unternehmer vor Ort und Effizienz im
Marketing.
Kommunikation und Vertrieb:
Weg vom
eigenen Vertrieb, hin zu Kooperationen
mit privaten Partnerlösungen im Online-
Vertrieb ist angesagt. Steuerung des (mar-
kenkonformen) regionalen Vertriebs,
Qualifizierung der Anbieter, Gestaltung
vertriebsfertiger Angebote und Kommu-
nikation einzigartiger Inhalte bleiben
Aufgabe der Destination Management
Organisation (DOM).
Organisationsstrukturen:
Die Zukunft
gehört aufgabenorientierten statt hierar-
chischen Ansätzen. Auf (inter)kommuna-
ler Ebene muss die Handlungsfähigkeit
gesichert werden. Kooperationen und
Integrationen sind unausweichlich. Leis-
tungsträger sind dauerhaft organisato-
risch und finanziell einzubinden. Steuerer
regionaler touristischer Entwicklungen
bleiben die DMO.
Fachkräftesicherung und -professiona-
lisierung:
Gefordert sind die strategische
und branchenübergreifende Einbezie-
hung in regionale Tourismusstrategien.
Bedarfsorientiertes Recruiting, Qualifizie-
rung und Motivation ebenso wie die
gezielte Entwicklung identitätsbildender
und branchenübergreifender Wirtschafts-
kreisläufe sind Schlüsselansätze.
Mobilität:
Öffentliche Alltags- und indi-
viduelle Freizeitmobilität können im Tou-
rismus verknüpft werden. Gäste und
Anbieter können hier in die Finanzierung
einbezogen werden.
Barrierefreiheit:
Über regionale Entwick-
lungsansätze können vollständige Ange-
botsketten und die Integration in regio-
nale (Marken-)Strategien erreicht werden.
Thematische Ansätze mit Aufbau von
Kristallisationspunkten markieren einen
der Schlüsselansätze.
Integrierte Entwicklungs-
ansätze gefragt
Die Zeit segmentspezifischer Entwick-
lungsansätze ist abgelaufen. Ländliche
Tourismusentwicklung ist künftig noch
enger an allgemeine regionale Entwicklun-
gen anzukoppeln. Eine idealtypische Chro-
nologie in der Bearbeitung des „Manage-
mentbaukastens“ aus den zehn Handlungs-
feldern mit ihren Lösungsansätzen gibt es
nicht. Gefordert sind jeweils individuelle
Lösungen und Verknüpfungen, vor allem
aber – mit Blick auf die teils dramatische
Finanzierungslage in Kommunen und
Landkreisen – der aktive Einbezug auch
privatwirtschaftlichen Wissens, ebenso wie
finanzieller Ressourcen in das ländliche
Tourismussystem.
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