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WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 9/2014
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Scharfe Kritik an Ausgabenpolitik
der Bundesregierung
IHK-Vollversammlung befasst sich intensiv mit Finanz- und Steuerpolitik.
Von GabrIele reInartz
D
eutschland hat kein Ein-
nahmen-, sondern ein
Ausgabenproblem“. Rai-
ner Kambeck, Bereichsleiter
Steuern und Finanzen beim
Deutschen Industrie- und Han-
delskammertag (DIHK), war
eigens aus Berlin zur zweiten
Sitzung der neu gewählten Voll-
versammlung nach Friedberg
angereist und übte deutliche
Kritik an der Ausgabenpolitik
der Bundesregierung. Jüngsten
Steuerschätzungen zufolge stei-
gen die Einnahmen des Bundes
bis 2019 insgesamt um 19 Pro-
zent. „Zudem sollte die Konsoli-
dierung der Haushalte bald
erfolgen, denn noch sind die
Zinsen günstig“, sagte er. Die
Finanzpolitik sieht vor, dass der
Bund bis 2016 und die Länder
bis 2020 ihre Haushalte ausglei-
chen und keine weiteren Schul-
den machen. Kambecks Fazit:
Es gibt zurzeit nur wenig
finanziellen Spielraum für große
Steuerreformen. Trotzdem ist
die geplante Nullverschuldung
des Bundeshaushaltes ab 2015
eine Wegmarke.“
In puncto Gewerbesteuer
forderte der DIHK-Vertreter, die
Gewerbesteuer durch eine kom-
munale Gewinnsteuer mit Hebe-
satzrecht zu ersetzen. Bei der
Erbschaftsteuer setze sich der
DIHK weiterhin intensiv für eine
Verschonung des Betriebsver-
mögens ein. Kambeck kritisier-
te, dass es bisher keine konkre-
ten Maßnahmen gäbe, um die
Wettbewerbsfähigkeit der deut-
schen Unternehmen zu stärken.
Eine Möglichkeit wäre, die steu-
erlichen Rahmenbedingungen
für Forschung und Entwicklung
zu verbessern und bei Umstruk-
turierungen keine Grunder-
werbsteuer anzusetzen.
Auch IHK-Hauptgeschäfts-
führer Matthias Leder griff in
seinem Bericht über die jüngste
Sitzung des Finanz- und Steuer-
ausschusses das Thema „Schul-
denpolitik“ auf: „Hessen hat
mehr Einnahmen als Bayern und
Baden-Württemberg, dafür aber
auch mehr Schulden. Warum
fährt Hessen bei vielen Ausga-
ben mit einer S-Klasse vor, wenn
es sich eigentlich nur eine
C-Klasse leisten kann?“, stellte
er in den Raum. Seit 50 Jahren
sei der Finanzbedarf für Kom-
munen nicht definiert. Dies
würde demnächst mit der kom-
munalen Finanzreform endlich
geregelt. „Doch von einer Erhö-
hung der Finanzzuweisung der
Länder an die Kommunen ist
nicht zwingend auszugehen“,
sagte Leder. Kommunen und das
Land Hessen wiesen sich gegen-
seitig die Schuld zu. „Die Anrei-
ze sind falsch gesetzt“, resümier-
te der Hauptgeschäftsführer.
Im Vorfeld des umfangrei-
chen Steuerteils hatte IHK-Prä-
sident Rainer Schwarz über
seine ersten Amtstermine refe-
riert. Darüber hinaus hatte er die
in der konstituierenden Sitzung
im April nicht anwesenden
Vollversammlungs-Mitglieder
Heinz-Jörg Ebert, Adolf Roth,
Bernd Ulrich, Jürgen Vitt, Horst
Watz, Peter Will und Peter Wolf
per Handschlag auf Vertraulich-
keit verpflichtet.
Neuer Ausschuss für
Handelsinteressen
Erhard Krug vom IHK-
Geschäftsbereich Standortpolitik
informierte über den Nutzen des
neuen Handels- und Mittel-
standsausschusses, zu dessen
Vorsitzenden Jochen Ruths auf
der konstituierenden Sitzung
Anfang April 2014 gewählt wor-
Der aus Berlin angereiste DIHK-Vertreter
rainer Kambeck informiert über
Steuerthemen, die Unternehmer brennend interessieren.
Fotos: I. Jakob Diedolph