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WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 11/2014
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AUFMACHER
und Curricula wurden mit den nigerianischen
Partnern abgestimmt. Wir können zum Beispiel
jemanden, der Technical Facility Management
lernen will, nicht fragen, wie eine Heizung
funktioniert, weil es Heizungen in Nigeria
schlichtweg nicht gibt. Die Themen müssen also
stimmen. Unsere Partner geben uns auch eine
Rückmeldung dahingehend, ob eine Frage zu
leicht oder zu schwierig ist.
Entscheidend für unsere Berufsbildungspart-
nerschaft ist, dass die nigerianischen Partner es
als ihr eigenes Projekt ansehen, nur dann kann
es erfolgreich sein. Das Projekt muss dem
Bedarf und der Infrastruktur in Nigeria gerecht
werden, ansonsten ist es nicht nachhaltig und
motiviert die Unternehmen auch nicht, mitzu-
machen. Wir können nur die Expertise liefern.
Die Partnerorganisationen müssen sich eben-
falls engagieren. Und das machen sie, sie sind
sehr motiviert.
Frau Ehlen, wie viele Trainer und Jugend-
liche wollen Sie ausbilden?
Unser Ziel ist es, 120 Trainer und 180 Azubis an
den drei Standorten bis Ende 2015 auszubilden,
und dabei vor Ort nachhaltige Strukturen zu
schaffen.
...
und wie alt sind die Azubis?
Es handelt sich um junge Frauen und Männer
bis etwa Mitte 20. Der Anteil der Frauen ist
Wie weit sind Sie heute mit den ToT-
Maßnahmen, Herr Malzacher?
Die ToT wurden und werden derzeit noch durch-
geführt. Auch die eigentliche Ausbildung hat
schon begonnen. Angefangen haben wir
zunächst mit den Berufsbildern Industrial
Mechanics und Industrial Electronics. Im Som-
mer ist die Ausbildung zum Technical Facility
Manager und Office Administrator angelaufen.
Die nigerianischen Trainer, die von uns schon
ausgebildet wurden, führen die Maßnahmen
jetzt durch. Begleitet werden sie dabei noch
von den deutschen Experten; sie schauen in die
Betriebe rein und bieten bei Bedarf ihre Unter-
stützung an. Schließlich wollen wir eine nach-
haltige Wirkung erzielen. Bis Projektende soll
eine kritische Masse an nigerianischen Ausbil-
dern geschult werden, die die Ausbildung in
Eigenverantwortung fortführen können.
Herr Münch, wer sind Ihre nigeriani-
schen Partner?
Zwei Verbände und drei lokale Kammern aus
unseren Projektregionen. Eine Kammer und zwei
Verbände haben ihren Sitz in Lagos, eine Kammer
in Abuja und die andere in Abeokuta. Diese Insti-
tutionen sollen bei der dualen Ausbildung die
Rolle übernehmen, die wir als IHK in Deutschland
haben. In jeder dieser fünf Institutionen gibt es
einen Projektverantwortlichen. Auch sie werden
von uns geschult, damit sie die Maßnahmen
nach Projektende weiterführen und eigenständig
weiterentwickeln können.
Wir haben vor Ort auch einen Kollegen, der alles
koordiniert. Stephen Kehinde Awoyele ist Nige-
rianer, hat zwölf Jahre in Deutschland gelebt,
studiert und gearbeitet. Er kennt beide Kulturen
und auch die duale Ausbildung.
Wir arbeiten von Beginn an mit André Rönne,
dem Delegierten der Deutschen Wirtschaft in
Lagos, zusammen. Ziel war es, dem Mangel an
geschultem Fachpersonal entgegenzuwirken.
Frau Ehlen, wer wird denn als Auszubil-
dender genommen?
Die jungen Leute müssen vorab einen schriftli-
chen Eingangstest bestehen: Dieser fragt fach-
liches Verständnis, aber auch mathematische
Grund- und Englischkenntnisse ab. In Nigeria
ist die Aussagekraft der Zeugnisse sehr unter-
schiedlich und daher nicht miteinander ver-
gleichbar. Die Eingangstests wurden von den-
selben deutschen Experten konzipiert, die auch
die Curricula entwickelt haben. Eingangstests
DER MENSCH IST
DIE BESTE MEDIZIN
DES MENSCHEN.“
(
nigerianisches Sprichwort)
Informieren sich regelmäßig vor Ort:
Joachim
Münch (3. v. li. hinten), Elke Ehlen (2. v. li.
vorne) und Robert Malzächer (3. v. re. vorne).
Rechts neben Münch, André Rönne.
Foto: privat