WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 3/2014
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AUFMACHER
hohe Bauqualität abliefern. Die Fixkosten
sind also recht hoch. Trotz dieser strategi-
schen Ausrichtung und einer geringen Ren-
tabilitätserwartung lässt sich der Baupreis
im nach wie vor sehr großen Wettbewerb
und unter dem starken Konkurrenzdruck
nicht immer durchsetzen“, bedauert Redant.
Hart umkämpfter
Infrastrukturbereich
Otfried Heineck steht der Situation im
Kommunalbau deutlich kritischer gegen-
über. Weil die Auftragsvergabe für Infra-
strukturmaßnahmen von der Finanzkraft
und stabilen Haushaltslage der Kommunen
abhängt und deren Kassen in der Regel
chronisch leer sind, spricht der Geschäfts-
führer des Ingenieurbüros Ohlsen in Grün-
berg von einem Sanierungsstau. Er sieht es
als problematisch für die nachfolgenden
Generationen an, dass die Kommunen von
der Substanz leben.
„
Die späte Auftragsvergabe durch die
Kommunen schafft nicht nur Unsicher-
heit bei der betrieblichen Planung, son-
dern die ‚verlorene Zeit‘ stellt ein Risiko
für jedes Unternehmen dar.“
Monika Heineck, Geschäftsführerin
Ingenieurbüro Ohlsen GmbH, Niederlas-
sung Lauterbach
„
Viele Kommunen stehen unter dem Ret-
tungsschirm des Landes Hessen. Sie sind mit
der Erneuerung und Instandhaltung der
Infrastruktur – vor allem in ländlichen
Gebieten – sehr zurückhaltend. Doch genau
dort schlägt der demografische Wandel
durch“, sagt er. Heineck kritisiert außerdem,
dass sich die stabile Konjunktur nicht in
dem Maße bemerkbar mache, wie es von den
Politikern vor den Wahlen im Land und
Bund angekündigt wurde. Die unzureichen-
den Investitionen seitens der Kommunen
würden den Wettbewerb unter den Auftrag-
nehmern nur noch verschärfen und letztlich
den Ingenieurbüros jenseits der Großstädte
Personal entziehen. „Hervorragend qualifi-
zierte Ingenieure zieht es in die Ballungs-
räume, ins Ausland oder zu Bauunterneh-
men und Behörden.“
Ein weiteres Problem: Die Kommunen
beschließen ihre Haushalte erst im Frühjahr
eines Jahres und vergeben dadurch ihre
Aufträge recht spät. „Dies schafft nicht nur
Unsicherheit bei der betrieblichen Planung,
sondern die ‚verlorene Zeit‘ stellt ein Risiko
für jedes Unternehmen dar.“ Hoffnungen
setzt Heineck auf den starken Wohnungs-
bau, dass er auch für die Bereiche Tiefbau
und Infrastruktur Investitionen anstößt.
„
Wir bilden unser Personal permanent wei-
ter. Darin liegt für uns die Chance, auch bei
hochkomplexen Projekten unsere Wettbe-
werbsfähigkeit am umkämpften Markt zu
sichern.“
Zu den größten, vom Ingenieurbüro Ohl-
sen umgesetzten Projekten in den vergange-
nen fünf Jahren gehört die Erneuerung der
Licher Straße in Gießen. Die Planung musste
aufgrund der Vorgaben durch das Konjunk-
turpaket innerhalb von neun Monaten und
die Umsetzung innerhalb von 20 Monaten
erfolgen und mit vielen Beteiligten abge-
stimmt werden. „Zeitweise haben bis zu
zehn Mitarbeiter von uns gleichzeitig am
Projekt gearbeitet“, erzählt Heineck.
Zu den Kunden des Ingenieurbüros zäh-
len auch namhafte Industriebetriebe aus der
Region. Für sie plant und überwacht die
Ohlsen GmbH die Sanierungen der Kanalin-
frastruktur während des laufenden Betriebs.
Lupp setzt auf klassisches
Baugeschäft
Das Bauunternehmen Adolf Lupp aus
Nidda zeigt sich gegenüber den Investitio-
nen im Infrastrukturbereich ebenfalls ver-
halten. „Durch den Investitionsstau der letz-
ten Jahre und der gegenwärtig guten wirt-
schaftlichen Entwicklung sollte sich die
Auftragslage allerdings positiv entwickeln“,
sagt Geschäftsführer Thomas Lupp. Er hofft,
dass die gestiegenen Steuereinnahmen und
die Tatsache, dass die Kommunen die Not-
wendigkeit einer guten technischen Infra-
struktur erkannt haben, diesen Sektor vor-
anbringen. „Wie sich aber die notwendige
Sparpolitik der öffentlichen Haushalte mit
dem überfälligen Investitionsbedarf ver-
trägt, wird sich noch zeigen.“ Problematisch
für die konjunkturelle Entwicklung ist seiner
Meinung nach die europäische Staatsschul-
denkrise sowie die steigenden Energie- und
Rohstoffpreise. Beides könnte einen drohen-
den Konsumrückgang und damit einen
Abschwung der derzeit guten Konjunktur
auslösen.
Trotz allem bleibt Lupp relativ gelassen,
denn seine Firma ist breit aufgestellt. Anders
als viele große Baukonzerne, die sich aus
dem klassischen Geschäft verabschiedet
haben und zu Engineering- und Servicekon-
zernen umstrukturiert wurden, setzt die
Firma Lupp seit 104 Jahren auf das Bauge-
Der neue Firmensitz der Leica Camera AG in Wetzlar, der Leitz-Park, gebaut von der Adolf Lupp GmbH
&
Co. KG aus Nidda.
Foto: Lupp