WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 6/2014
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AUFMACHER
wogegen es in anderen großen Volkswirt-
schaften im Schnitt rund 71 Prozent seien.
So müsse ein Soja-Bauer aus Mato Grosso
etwa 25 Prozent des Wertes seiner Ware für
den Transport zu einem Hafen aufbringen.
Zum Vergleich: Für einen Hersteller in Iowa/
USA sind es lediglich neun Prozent.
heimische Firmen
verwandeln chancen
Für Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff
stehen also große Herausforderungen an.
Rousseff ist genau wie Lula Mitglied der
„
Arbeiterpartei“. Brasilien wählt im
kommen-
den Oktober. Sollte
die amtierende Präsidentin wieder gewin-
nen, gehen Beobachter davon aus, dass der
von Lula eingeschlagene Kurs der Einkom-
menszuwächse und Umverteilung fortge-
setzt wird.
Ob mit Rousseff oder jemand anderem im
Präsidentenamt, Brasilien bleibt trotz der
Probleme ein interessantes Land für Unter-
nehmer. Auch aus Hessen gibt es viele Ver-
bindungen zum Amazonas-Staat. So baut
beispielsweise die Firma ContiTech aus Kar-
ben derzeit in Macaé für etwa 17 Millionen
Euro eine neue Fabrik zur Produktion von
Schläuchen, die bei der Förderung von Öl
und der Gewinnung von Gas ihren Einsatz
finden.
Macaé liegt gut 200 Kilometer nordöst-
lich von Rio, hat einen Seehafen und ist
wirtschaftlich sehr wichtig. Der Hafen ver-
bindet das Festland auch mit atlantischen
Ölfeldern. ContiTech geht davon aus, dass
Brasilien in den nächsten Jahrzehnten neue
Öl- und Gasvorkommen erschlie-
ßen wird. „Daher wird der
südamerikanische
Markt
für
u n s e r e
Schwimm-
und
Bohr-
schläuche sehr stark
wachsen“, sagt Matthias
Schönberg, Geschäftsbereichsleiter
ContiTech Fluid Technology. Rund 17 Mil-
lionen Euro investiert das Unternehmen in
die neue Fabrik in Macaé, Ende 2014 soll die
Produktion starten.
Ein anderes Unternehmen aus Hessen
leistet einen kleinen Beitrag, damit die Bra-
silianer sich vom Trauma des „Maracanaço“
Domonic Heitz
Freier Journalist
AUTOR
befreien können: Die Wisy AG aus Kefenrod
fertigt Produkte zur Regenwassernutzung.
Als das Maracanã vor vier Jahren für die
Weltmeisterschaft umgebaut wurde, ent-
schlossen sich die Projektverantwortlichen,
Regenwasser für die Versorgung im Stadion
zu nutzen, für sanitäre Anlagen und die
Rasenbewässerung. Hierfür lieferte Wisy 18
Filter, ein Auftrag über rund 100 000 Euro,
der für das Kefenroder Unternehmen zum
Prestigeobjekt wurde. „Unsere Beteiligung
am Stadionumbau ist ein idealer Werbeträ-
ger“, sagt Jan Maurer, Vorstandsmitglied der
Wisy AG.
In Brasilien wachse die Sorge um die
Umwelt, sagt Maurer, wovon Deutschland
als grünes Land auch wirtschaftlich profitie-
ren könne. Politik und Wirtschaft versuch-
ten, neue Konzepte in das größte südameri-
kanische Land zu holen. Bemerkenswert sei,
sagt Maurer, dass es dort vor allem die staat-
lichen Stellen seien, die vorangingen. Die
Geschäfte der Wisy AG in Brasilien bezeich-
net er als konstant wachsend. Aktuell werde
eine Coca-Cola-Fabrik gebaut, für die Wisy
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Filter liefere. Der Ablauf beim abge-
schlossenen Umbau des Maracanã-Stadions
sei absolut reibungslos verlaufen, sagt Mau-
rer.
Dort steigt am 13. Juli das Endspiel. Viele
Brasilianer hoffen, dass die eigene Mann-
schaft dann noch dabei ist und zum ersten
Mal im eigenen Land Weltmeister wird. Die
Seleção gehört zum Kreis der Favoriten und
hat das Zeug dazu, den sechsten Titel an den
Zuckerhut zu holen. Andere Mannschaften
sind aber in der Lage, die Brasilianer zu
schlagen. Zu den Geheimfavoriten auf den
Gewinn der Meisterschaft gehört ein alter
Bekannter: Uruguay.
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Grafik: Lyonn Redd