Seite 39 - Wirtschaftsmagazin

SONDERTHEMA STRAUSSWIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 6/2014
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Tages- oder Urlaubspension untergebrach-
ten Hunde – eine der Besonderheiten, die der
Carlshof neben der Einkehr zum Äppelwoi
zu bieten hat.
Empfangen werde ich von der Besitzerin
des ehemals landwirtschaftlichen Hofs, Dani
Müller. Sie erzählt denn auch, dass in den
Räumen des alten Bruchsteingemäuers
immer eine Gastwirtschaft in Betrieb war.
Wir fahren zum Bäuerchen“, hieß es
damals. Die Vorbesitzer gaben Hof und
Wirtschaft aus gesundheitlichen Gründen
vor etwa zwölf Jahren auf und verpachteten
beides weiter. Bevor Müller das Anwesen
Anfang 2011 kaufte, stand es fünf Jahre leer.
Bereits wenige Wochen später eröffnete sie
nach ersten Sanierungsmaßnahmen ihre
Pension für Kleintiere. Im Mai 2012 erwei-
terte sie ihr Angebot mit der Straußwirt-
schaft in Richtung Gastronomie, zunächst
im Innenhof, heute auf der Gartenterrasse
mit stabilem Zeltdach und Blick auf die
Apfelbäume, deren Früchte gekeltert in Krü-
gen und Gläsern ausgeschenkt werden.
Zwischen den Bäumen und angrenzenden
Gehegen tummeln sich Schafe, Enten und
Kaninchen, die in ihrem bisherigen Zuhause
nicht mehr bleiben konnten. So wird der
Carlshof in seiner Kombination aus Strauß-
wirtschaft und Gnadenhof zu einer Begeg-
nungsstätte für Groß und Klein – ein beson-
deres Anliegen der Besitzerin. Zu guter Letzt
kann man die besonders urig umgestaltete
ehemalige Scheune als Ort für Seminare und
Feiern buchen. Selbst veranstaltet Müller mit
Kooperationspartnern eine Veranstaltungs-
reihe unter dem Motto „Mensch und Tier –
ein Geben und Geben“ sowie Ferienspiele.
Vor Übernahme des Carlshofs war Dani
Müller als Werbetexterin, anschließend als
Leiterin eines Gnadenhofs in Florstadt tätig.
Woher hat sie das Handwerkszeug für Tier-
pflege, Gastronomie und Kelterei? „Über
Berufserfahrung, Weiterbildungsmaßnah-
men und letztlich durch ‚learning by doing‘“,
schildert sie schmunzelnd. Dazu gehörte
auch das Scheren der Schafe: Auf einer
Internetplattform erstand sie eine gebrauch-
te Schafschermaschine … und legte einfach
mal los, brauchte zwei Stunden für vier
Schafe – ein Vielfaches länger als eine
Expertin oder ein Experte. Eine Freundin auf
Geschäftsreise nahm die Wolle mit nach
Berlin zur Weiterverarbeitung und brachte
ein gestricktes Läppchen zurück mit dem
Kuschelfaktor eines akoPads … die Wollfa-
sern waren zu kurz geschoren worden. Für
die nächste Schur sucht Müller dann doch
lieber eine/n Fachmann oder -frau.
Und es gibt noch eine andere schöne
Geschichte vom diesjährigen 1. Mai, dem
ersten Tag ihrer Straußwirtschaft in 2014.
Ein Gast brachte einen Krimi mit, bestehend
aus vier Kurzgeschichten. Eine der Geschich-
ten heißt „Der Nagel“ von Arndt Reuning –
und spielt auf dem Carlshof. Mittlerweile hat
sich Müller von dem Autor die Rechte zum
Nachdruck geben lassen und wird den Band
in frischer Gestaltung – auch in Sachen Gra-
fik ist sie fit – als Give-Away auflegen.
Die größte Herausforderung ist, die
Leute hierher zu locken“, erzählt mir die
vielfach talentierte Eigentümerin. Sie erlebt
immer wieder: wer im Laisbachtal landet,
findet es traumhaft schön. Einerseits mit
ihrem Ideenreichtum und andererseits durch
regionale Aktivitäten, wie der Gründung
einer Anbieterkooperation im Regionalpark
Niddaroute, soll dieser Landstrich bekannter
werden.
Wer zur Straußwirtschaft kommt, muss
im Übrigen keine schlafenden Hunde wek-
ken … an den Tagen mit Service muss Nie-
mand klingeln, das Gartentor zur Strauß-
wirtschaft ist weit geöffnet.
Zum Carlshof
Kapellenstraße 9
63691
Ranstadt/Bellmuth
Öffnungszeiten
Mai bis August an allen Sonn- und Feier-
tagen zwischen 11.00 und 18.00 Uhr
KONTAKT
Aufsteller weisen auf offene Schänken
und ihr aktuelles Angebot hin.
Foto: Dani
Die „Bonifatiusscheune“ in Wippenbach öffnet nur
auf Anfrage ihre Tore und hebt sich mit ihrem Trau-
zimmer von anderen Betreibern an.
Foto: M. Müller
Iris Jakob-Diedolph
AUTORIN
Gemütliches Ambiente, meist rustikal,
zeichnet Straußwirtschaften aus.
Foto: Dani