10. Forschung und Branchen

Sie haben bis zum 30. Juni 2025 die Möglichkeit, Ihre Interessen in den Meinungsbildungsprozess einzubringen. Teilen Sie uns Ihre Anmerkungen zu den gewünschten Themenkomplexen mit unter: beteiligungen@gera.ihk.de.

10.1 Industrie:
Standort stärken, Wettbewerb sichern

Als Treiber von Forschung und Entwicklung, Vorreiter beim Einsatz von Klima- und Umwelttechnologien sowie maßgebliches Glied von Wertschöpfungsketten prägt die Industrie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung am Standort Deutschland und in Europa entscheidend. Sie ist bedeutender Arbeitgeber und Ausbilder und sichert durch ihre Produktivität hierzulande gut bezahlte Arbeitsplätze.
Der industrielle Kern ist zudem Grundlage für das Netzwerk Industrie am Standort Deutschland – ein enger Verbund von Produzenten, Zulieferern und Dienstleistern mit Start-Ups, kleinen und mittelständischen Unternehmen und der Großindustrie. Das Netzwerk Industrie steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen wie der digitalen und grünen Transformation und dem demografischen Wandel, die Geschäftsmodelle unter Druck setzen und neue Prozesse, Produkte und Dienstleistungen erfordern. Hinzu kommen neben einer schwierigen konjunkturellen Lage in der Industrie auch wachsende strukturelle Defizite am Standort Deutschland. Dazu gehören schleppende Planungs- und Genehmigungsverfahren, hohe Energiekosten, aber auch eine Fülle von bürokratischen Auflagen. Der heimische Standort verliert an Attraktivität. Die Folge ist, dass notwendige Investitionen, gerade im Netzwerk Industrie, unterbleiben oder an anderen Standorten – auch außerhalb Europas – getätigt werden. Dies wirft nicht nur den Industriestandort Deutschland, sondern vielfach auch Europa zurück.
Umso wichtiger ist daher eine Politik, die auf eine Verbesserung der Standortfaktoren setzt und auf marktwirtschaftlichen Prinzipien beruht. Von solch einer horizontalen Industriepolitik profitiert die Breite der Wirtschaft. Eine vertikale Industriepolitik in Form von selektiven staatlichen Eingriffen kann hingegen marktverzerrende Effekte erzeugen und sollte nur in besonders gut begründeten Ausnahmefällen zum Einsatz kommen.

Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen

  • Zukunft durch wettbewerbsfähige Standortfaktoren gestalten
  • Wertschöpfungsketten stärken – vor allem durch Innovationen
  • Kritische Abhängigkeiten verringern und in Zukunft verhindern
  • Attraktivität auch für ausländische Investitionen erhöhen
  • Clusterpotenziale für die Industrie nutzen
  • Akzeptanz von Industrie erhöhen, Aufgeschlossenheit gegenüber der Industrie und dem technologischen Fortschritt mit konkreten Maßnahmen in allen gesellschaftlichen Gruppen fördern

10.2 Forschung und Innovation:
Prozesse vereinfachen, Innovationen anschieben

Digitalisierung, klimafreundlichere Energieversorgung oder die Bewältigung des demografischen Wandels – diese Herausforderungen verdeutlichen, wie sehr die deutsche Wirtschaft auf Forschung und Innovation angewiesen ist. Zur Stärkung der Innovationskraft Deutschlands hat die Bundesregierung das Ziel ausgegeben, die Ausgaben für FuE deutlich zu erhöhen. Die Zielsetzung ist richtig, da Forschung und Entwicklung Unternehmen helfen, durch neue Produkte, Dienstleistungen und Technologien international wettbewerbsfähig zu bleiben. Neue Ideen und Produkte „Made in Germany“ können zudem dabei unterstützen, Krisen nachhaltig zu überwinden.
Allerdings benötigen Unternehmen hierfür auch geeignete Rahmenbedingungen. Denn die Wirtschaft trägt zwei Drittel der nationalen FuE-Ausgaben. Umfragen der IHK-Organisation zeigen, dass die Innovationsaktivitäten der Unternehmen rückläufig sind. Um den Innovationsstandort Deutschland zu stärken, sollte die Politik einerseits die Innovationsförderung in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auf Effektivität prüfen und weiterentwickeln. Andererseits sind Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für private Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten notwendig. Damit deutsche Unternehmen wieder verstärkt in Innovationen investieren, ist ein schnelles, konzertiertes Vorgehen von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft nötig.

Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen

  • Verfahren vereinfachen, bspw. Zulassungs- und Genehmigungsverfahren für neue Produkte und Technologien
  • Bewährte Förderinstrumente verbessern
  • Zugang zu EU-Förderung vereinfachen
  • Reallabore flächendeckend einführen
  • Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stärken – und umgekehrt
  • Kooperationen zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, sowohl öffentliche wie private, gemeinnützig stärken
  • Innovationsförderung auf Effektivität prüfen und weiterentwickeln
  • Innovationsfähigkeit auch mit Start-ups stärken
  • Innovationsagenturen wirtschaftsnah aufstellen
  • Schutz geistigen Eigentums stärken und auch in Krisenzeiten garantieren

10.3 Verkehr und Mobilität:
Mobilität erhalten, Wettbewerbsfähigkeit steigern, Engpässe beseitigen

Ein leistungsfähiges Verkehrssystem ist für eine hoch entwickelte Volkswirtschaft unverzichtbar. Die Anstrengungen der Politik, das Verkehrssystem an die wachsenden Mobilitäts- und Umweltschutzanforderungen anzupassen, sollten deutlich erhöht werden.
Unternehmen sind auf eine gute Erreichbarkeit angewiesen. Dies betrifft gleichermaßen Mitarbeitende, Kunden und den Warenverkehr. Voraussetzung hierfür ist eine gut ausgebaute und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur von Straße, Schiene, Wasserstraße sowie die Anbindung an den Luftverkehr. Der Güterverkehr wächst seit längerer Zeit schneller als das Bruttoinlandsprodukt. Dies gilt besonders für die Langstrecken- und Transitverkehre.
Die Ertüchtigung der Infrastruktur für alle Verkehrsträger und ihre Vernetzung, die Nutzung der Potenziale intermodaler Verkehre, die Beseitigung von Hemmnissen, die Förderung von Innovation und die Verbesserung von Beteiligungsverfahren sollten dabei im Vordergrund stehen. Alleingänge der EU oder erst recht einzelner EU-Staaten in international regulierten Transportbereichen sollten vermieden werden.
Um den Verkehrsunternehmen nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen zu können, muss nicht nur die Infrastrukturausstattung angemessen sein, sondern müssen vor allem auch die wirtschaftspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend gestaltet werden. Die nationale und europäische Verkehrspolitik muss Investitions- und Planungssicherheit gewährleisten.

Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen

  • Investitionen auf hohem Niveau verstetigen
  • Hauptverkehrsachsen ausbauen – leistungsfähige Netze schaffen
  • Erreichbarkeit verbessern und Logistik erleichtern
  • Umweltschutz durch Innovation und Technologieoffenheit erreichen
  • Mobilität erhalten
  • Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung nutzen
  • Steuermittel für den ÖPNV wirtschaftlich einsetzen, Mittelstand erhalten
  • Digitalisierung nutzen – Verkehrsinfrastruktur zukunftssicher gestalten
  • Internationale Verkehrsachsen besser verknüpfen
  • EU-Harmonisierung und Liberalisierung weiter vorantreiben

10.4 Tourismus:
Wirtschafts- und Standortfaktor – als Motor für Regionalentwicklung anerkennen und Rahmenbedingungen verbessern

Tourismus ist ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor in Ostthüringen. Er ist Umsatzbringer und Arbeitgeber in der Region mit erheblichen Einkommens- und Beschäftigungseffekten sowohl direkt für die touristischen Betriebe als auch indirekt für andere Wirtschaftszweige, wie den Einzelhandel, die Dienstleistungsbranche und das produzierende Gewerbe.
Die Tourismuswirtschaft umfasst Beherbergung und Gastronomie, Reiseveranstalter und -vermittlung, Verkehrsträger, Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie Destinationsmanagement-Organisationen, Messen, Kongresse und Veranstaltungen.
Tourismus stärkt auch strukturschwache Regionen. Neben direkten wirtschaftlichen Effekten erhöht die touristische Nachfrage auch indirekt die Qualität der verfügbaren Infrastruktur, Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten und damit die Attraktivität einer ganzen Region, indem andere Branchen der Region profitieren. Dieser (Wirtschafts-)Faktor, der auch die Standortwahl von Unternehmen und (internationalen) Fach- und Arbeitskräften beeinflusst, muss nachhaltig und durch umsichtige, verlässliche politische Rahmenbedingungen gefestigt werden. Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum ist dabei ein wichtiger Baustein.

Folgende Leitlinien sollten das wirtschaftspolitische Handeln bestimmen

  • Bedeutung der Tourismuswirtschaft als Wirtschafts- und Standortfaktor anerkennen
  • Attraktivität der Ostthüringer Regionen steigern, mit dem Ziel mehr Gäste nach Ostthüringen zu locken
  • touristische Vermarktung Ostthüringens stärken und in der Landestourismusstrategie verankern
  • Effizienz der Tourismuspolitik durch klare Definitionen und Zuständigkeiten erhöhen
  • Touristischen (auch länderübergreifenden) Netzwerke, Kooperationen sowie die Zusammenarbeit aller touristischen Akteure und Regionen forcieren
  • Ostthüringer Tourismusdestinationen professionalisieren und damit wettbewerbsfähige Tourismusverbände etablieren.
  • Gastgewerbe zu unterstützen, um das Qualitätsbewusstsein in den Betrieben zu stärken
  • Touristische Infrastruktur sowohl technisch als auch personell fördern
  • Internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten
  • Transparente Fördermittelstrukturen als Teil einer gestaltenden Tourismuspolitik
  • Keine zusätzlichen finanziellen Belastungen der Tourismusbetriebe. Eine Tourismusabgabe in Thüringen wird abgelehnt. Tourismusförderung ist Gemeinschaftsaufgabe und darf nicht auf Kosten einzelner Unternehmen getragen werden. Grundsätzlich sollten freiwillige Finanzierungsmodelle gegenüber verpflichtenden prioritär behandelt werden